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Sowjetisches Ehrenmal in Berlin-Treptow (Deutschland)

Sowjetisches Ehrenmal in Berlin-Treptow © goruma (V.Koppenwallner)

Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde es deutschlandweit zu einem wichtigen Anliegen, an die Opfer des Nationalsozialismus und des Krieges in Form von Ehren- und Kriegsdenkmälern zu erinnern. Die sowjetische Besatzungsmacht ließ im Gedenken an die getöteten Rotarmisten, insbesondere der 20.000 Soldaten, die während der Einnahme der damaligen Reichshauptstadt fielen, allein in Berlin drei Ehrendenkmäler errichten, in der Schönholzer Heide in Berlin-Pankow, im Tiergarten und im Treptower Park.

Das zentrale Ehrenmal im Treptower Park stellt ein Gesamtkunstwerk aus architektonischen, skulpturalen und gartenkünstlerischen Elementen dar und beherbergt in der 100.000 m2 großen Anlage einen sowjetischen Soldatenfriedhof mit 5.000 Grabstätten.

Standort Berlin-Treptow, Deutschland
Bauzeit 1946-1949; umfangreiche Renovierung zwischen und
Architekten Jakow S. Belopolski, Jewegeni W. Wutschetitsch, Alexander A. Gorpenko & Sarra S. Walerius
Besonderheiten Erstes Mahnmal im Stil der Monumentalensemble-Architektur
Nutzung Soldatenfriedhof mit Ehrenmal
Größe Ehrenfriedhof: 100.000 m2
Anzahl der Grabstätten: ca. 5.000 Einzelgräber
Adresse Am Treptower Park / Puschkinallee
12435 Berlin
Informationen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
Württembergische Str. 6
10707 Berlin
Telefon: 030-9012-0
Öffnungszeiten Die Anlage ist zu jeder Zeit begehbar

Geschichte des Bauwerks

Sowjetisches Ehrenmal in Berlin-Treptow © goruma (V.Koppenwallner)

Während mit dem Bau des sowjetischen Siegerdenkmals in Berlin-Tiergarten unmittelbar nach Kriegsende begonnen und dieses bereits am 11. November 1945 eingeweiht wurde, erfuhren die weiteren, vom Militärrat der sowjetischen Besatzungsmacht in Auftrag gegebenen Mahnmale auf deutschem Territorium eine etwas längere, künstlerische Planungsphase. Am 17. Oktober 1946 legte der Militärrat fest, zwei weitere Mahnmale in der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin errichten zu lassen.

Die geplanten Monumente sollten ebenfalls den Charakter von Siegesdenkmälern erhalten, gleichzeitig jedoch auch an die Opfer des Krieges erinnern und den rund 20.000 Rotarmisten, die während der Einnahme Berlins fielen, als letzte Ruhestätte dienen. Bis dahin waren die Gefallenen auf provisorischen, über die Stadt verteilten Friedhöfen bestattet worden. Für den Entwurf jener Anlagen schrieb der Militärrat zum 1. Dezember 1946 einen Architekturwettbewerb aus, auf den 52, zumeist sowjetische Künstler mit unterschiedlichsten Entwürfen reagierten.

Die Anforderungen waren nicht gering: Es sollte laut Ausschreibungstext mit dem Bauwerk eine dauerhafte, monumentale, historische Gedenkstätte geschaffen werden, die “sowohl die Idee der Unsterblichkeit und des lichten Gedenkens als auch die Größe der internationalen Befreiungsaktion der Sowjetarmee widerspiegele“.
Im Juni 1947 fand die Auswertung der Einsendungen statt und der Oberste Chef der Sowjetischen Militäradministration, Marschall Wassiliy D. Sokolowsky, hatte den Vorsitz der Jury. Durch den so genannten “Befehl 134“ waren im Vorfeld die Standorte im Treptower Park und in der Schönholzer Heide für die zwei Gedenkstätten festgelegt worden, die Architekten jedoch entwarfen ihre Vorschläge frei und ohne von den Gegebenheiten der Standorte zu wissen. Am 4. Juni 1947 zeichnete Sokolowsky zwei der Entwürfe mit dem ersten Preis aus und bestimmte mit dem so genannten “Befehl 166“ die jeweilige Zuordnung der Siegerentwürfe zu den festgelegten Standorten.

Der Siegerentwurf für den Treptower Park stammte von einem sowjetischen “Schöpferkollektiv“ unter der Leitung des Architekten Jakow S. Belopolski, der seinerzeit zu den gefragtesten Baukünstlern der Sowjetunion gehörte. Gemeinsam mit dem Bildhauer Jewgeni W. Wutschetitsch, dem Maler Alexander A. Gorpenko und der Ingenieurin Sarra S. Walerius begann er noch im Jahr der Auslobung mit dem Bau des Ehrenfriedhofs. Die Bedeutsamkeit der künstlerischen Aufgabe veranlasste das “Schöpfungskollektiv“ zu einer weitläufigen Komposition, in der Skulptur, Architektur und Natur zusammenkamen und so eine neue Form der Monumentalität zu schaffen vermochten, die den Besucher in einen Zustand der Kontemplation versetzt. Der Bildhauer Wutschetitsch entwarf vorrangig die skulpturalen Elemente des Denkmals, die durch 60 Bildhauer und 200 Steinmetze meist deutscher Herkunft ausgeführt wurden, war jedoch auch an der ästhetischen Gesamtplanung beteiligt. Das Mosaik im Innenraum des Mausoleums wurde von dem Maler Gorpenko kreiert und die Ingenieurin Sarra S. Walerius war für die technische Realisation des Projektes verantwortlich.

Die Anforderungen an die Gedenkstätte ließen laut Belopolski keinerlei bekannte architektonische Vorlage zu, wodurch die Realisation des Treptower Ehrenmals als die erste Umsetzungen einer neuen Form sowjetischer monumentaler Ensemblearchitektur darstellte, die sich an städtebaulichen Neuerungen der Sowjetunion orientierte und damit die Tradition des Einzelmonuments ablöste. Insgesamt 1.200 Arbeiter arbeiteten an der Errichtung des Ehrenmals und wurden dafür durch zusätzliche Verpflegung belohnt. Das Fundament und den Pavillion ließ Jakow S. Belopolski weitestgehend aus den Trümmern der zerstörten Reichskanzlei konstruieren.

Bereits im Mai 1949 wurde das Ehrenmal fertiggestellt und am Tag der Befreiung vom Faschismus, am 8. Mai des gleichen Jahres, eingeweiht.
In dem zwischen 1876 und 1888 von Gustav Meyer gestalteten Treptower Volkspark zwischen der Puschkinallee und der Straße Am Treptower Park war somit eine 10 ha große Stätte des Gedenkens entstanden, die bis heute als Ort der Ermahnung zu einem anhaltenden Völkerfriedens dient. Zwischen 1968 und 1974 wurde das Ehrenmal im Treptower Park unter der Leitung des Architekten Belopolski erstmals restauriert und entspricht demzufolge bis heute weitestgehend seinem Urzustand. Im Oktober 2003 wurde die Statue des Rotarmisten zum zweiten Mal restauriert und zu diesem Zweck mit einem Schiff in die Rügener Werkstatt und wieder zurück nach Berlin gebracht. Seit dem 4. Mai 2004 steht der Treptower Soldat jedoch wieder unverrückbar auf seinem Sockel.

Beschreibung der Anlage

Sowjetisches Ehrenmal in Berlin-Treptow © goruma (V.Koppenwallner)

Der Besucher betritt die axialsymmetrische Anlage des Treptower Ehrenmals zunächst durch eines der beiden Eingangsportale an der Puschkinallee oder an der Straße Am Treptower Park. Den beiden Rundportalen aus Granit sind halbrunde Plätze vorgelagert, die den Toren einerseits optische Entfaltung, andererseits einen ersten Abstand zu den belebten, anliegenden Verkehrsstraßen bietet. Die Formsprache der Eingangsportale zitiert traditionelle Triumphbögen und spielt in der Gestaltung unmissverständlich auf den errungenen Sieg der Sowjetmacht an. Die beiden von dichten Lindenreihen und hohen Hainbuchhecken gesäumten, leicht diagonal zulaufenden Zugangsalleen treffen sich an einem Vorhof, in dessen Zentrum sich die 3 m hohe Statue der “Mutter Heimat“ befindet.

Die Skulptur zeigt die trauernde, schutzbedürftige Mutter, die in Verbindung mit der Hauptfigur, dem Sohn und Befreier auf der gegenüberliegenden Seite der Anlage, eine enorm dynamische Verbindung eingeht. Die Konzeption des Bildhauers Wutschetitsch verfolgte eine Darstellung, in der das Gefühl der tiefen Trauer mit dem Triumph des Lebens verschmilzt. Während das Pflaster des Platzes um die “Mutter Heimat“ herum ornamental gestaltet wurde, bilden Trauerbirken den Hintergrund des Halbrunds um die Skulptur. Von der “Mutter Heimat“ führt eine leicht ansteigende, von dichten Pappelwänden gesäumte Allee auf die Hauptfigur zu. Die streng vertikal angelegten Pappelreihen dienten laut Belopolski der Erzeugung eines Bildrhythmus, der an Märsche und Feierlichkeiten erinnern soll. Die Allee endet jedoch nach 100 m, wo sie sich nach einer torähnlichen Situation, die durch zwei monumentale Pylonen auf beiden Seiten geschaffen wurde, zu einer Terrasse verbreitet. Vor den riesigen, stilisierten, zur Trauer gesenkten Fahnen aus rotem Granit ist jeweils ein in Trauer kniender Soldat mit gesenkter Waffe dargestellt.

Schreitet der Besucher nun durch diese portalähnliche Verengung, so erreicht er das Friedhofsparterre und überblickt den eigentlichen Ehrenhain der Gedenkstätte. Unter den fünf rechteckigen, vertieften Rasenflächen wurden ca. 4.700 gefallene Rotarmisten bestattet. Die Grabstätten wurden von einem breiten Schmuckmosaikweg und dichten Ligusterhecken eingefasst.

Zu beiden Seiten der Gemeinschaftsgräber befinden sich jeweils acht weitere Sarkophage aus Jurakalk, welche die damaligen 16 Unionsrepubliken symbolisieren und auf denen Reliefdarstellungen aus dem "Großen Vaterländischen Krieg" zu sehen sind und episodenhafte Darstellungen des Kriegsverlaufes von 1941 bis 1945, kommentiert durch Zitate Josef Stalins, vermerkt sind.

Hinter den Grabstätten befindet sich die Skulptur des Befreiers, welche den Höhepunkt des Geländes darstellt und in der die gesamte Anlage zu kulminieren scheint. Ein weiterer Rundbogen und dichte Bepflanzungen dienen auch hier als Hintergrund. Seitliche Treppenanlagen führen hinauf zum Kuppelbau der Skulptur. Der Innenraum des Kuppelbaus wurde mit einem Mosaikfries ausgestaltet, welches erneut die 15 sowjetischen Unionsstaaten repräsentiert und an der Decke einen Siegesorden zeigt. Unter dem Mausoleumshügel wurden 200 weitere Rotarmisten beigesetzt. Gekrönt wird der Kuppelbau von der Bronzefigur des Sowjetsoldaten, der auf seinem Arm ein gerettetes deutsches Kind trägt. Zu seinen Füßen liegt das zerschmetterte Hakenkreuz, sein Schwert ist gesenkt. Das Kind in den Armen des Soldaten stellt das unschuldige Volk dar, welches in der Obhut des Soldaten einer besseren, friedlichen Zukunft entgegenblicken kann.

Nutzung, Größe

Sowjetisches Ehrenmal in Berlin-Treptow © goruma (V.Koppenwallner)

Die Anlage des sowjetischen Ehrenmals erstreckt sich im Treptower Volkspark über eine Gesamtfläche von 100.000 m2 und ist sowohl von der Puschkinallee als auch von der Straße Am Treptower Park erreichbar. Die Skulptur der “Mutter Heimat“ hat eine Höhe von 3 m. Die Pappelpromenade zwischen der “Mutter Heimat“ und den 14 m hohen und 25 m breiten Pylonen erstreckt sich über 100 m. Die 70 t schwere, bronzene Skulptur des Befreiers ist allein 11,60 m hoch; Ehrenhügel, Mausoleum und Skulptur ergeben insgesamt eine Höhe von 30 m. Unter den 5 kassettenartigen Rasenflächen und unter dem Mausoleumshügel wurden insgesamt rund 5.000 gefallene Rotarmisten bestattet.

Man erreicht die Gedenkstätte im Treptower Park mit dem Auto über die Eingänge an der Puschkinallee oder an der Straße Am Treptower Park sowie mit den S-Bahn-Linien 8, 9, 41 und 42 (Ausstieg Treptower Park). Weiter Informationen zum sowjetischen Ehrenmal erteilt die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter der Telefonnummer 030-9012-0.

Besonderheiten

Sowjetisches Ehrenmal in Berlin-Treptow © goruma (V.Koppenwallner)

Bei der Darstellung des Soldaten mit dem Kind hat sich der Künstler durch die Tat  eines sowjetischen Sergeanten (Unteroffizier) namens Nikolaj Iwanowitsch Massalow (1921-2001) inspirieren lassen, der am 30. April 1945 nahe dem Landwehrkanal an der Potsdamer Brücke ein kleines ca. dreijähriges Mädchen im Kugelhagel und im Feuerschutz seiner Kameraden in Sicherheit gebracht haben soll. An der Potsdamer Brücke über dem Landwehrkanal wurde am 10. Dezember 2003 ihm zu Ehren eine Gedenktafel angebracht. Der Soldat im Ehrenmal Treptow ist jedoch die Nachbildung eines anderen unbekannten Soldaten. Nur die Tat als solche wurde mit der Denkmalsfigur gewürdigt. Auch das kleine Mädchen blieb bis heute unbekannt.

Bei der Enthüllung der Gedenktafel an der Potsdamer Brücke waren u.a. Peter Jahn, der Direktor des Karlshorster Museums und A. Karasajew, der stellvertretende Verteidigungsattaché der Russischen Botschaft anwesend.

Die Architekten

Der sowjetische Architekt Jakow S. Belopolski wurde im Jahr 1916 geboren und gehörte zu den wichtigsten Vertretern des sowjetischen Neoklassizismus in den 1930er und 1940er Jahren. Zwischen 1937 und 1945 arbeitete er unter anderem an der Realisation des Sowjetpalastes in Moskau mit. In den 1950er Jahren oblag ihm unter anderem die städtebauliche Planung des Gebäudeensembles der Lomonossow-Universität in Moskau. In den 1970er und 1980er Jahren trat er unter anderem als erfahrener Architekt von Memorialkomplexen auf und schuf Gedenkstätten wie jene in Wolgograd (1970) und Noworossisk (1982). Jakow S. Belopolski verstarb im Jahr 1993.

Der sowjetische Bildhauer Jewgeni W. Wutschetitsch wurde im Jahr 1908 geboren und arbeitete mit Belopolski bereits bei den Entwürfen für den Sowjetpalast zwischen 1937 und 1945 zusammen. Seit 1943 gehörte er dem Grekow-Atelier für Kriegskünstler an. Gemeinsam mit Jakow S. Belopolski gestaltete er zwischen 1946 und 1949 die Gedenkstätte für die sowjetischen Gefallenen im Treptower Park Berlin. Jewgeni W. Wutschetitsch verstarb im Jahr 1974.

Sowjetisches Ehrenmal in Berlin-Treptow (Deutschland)

Durch Anklicken der entsprechenden Links können Sie sich die auf den zweimal acht Sarkophagen befindlichen Inschriften sowohl auf Deutsch als auch auf Russisch anhören.




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