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Phaeno-Science Center in Wolfsburg (Deutschland)
Mit dem Phæno - Science Center ist in Wolfsburg ein Bauwerk entstanden, welches durch seine kompromisslose Architektur und seinen skulpturalen Ansatz zahlreiche Schaulustige in die niedersächsische Automobil-Stadt lockt.
Das Gebäude von VW, in dem eine neuartige Experimentierwiese für Wissenschafts- und Technikbegeisterte ausgebreitet wurde, erinnert in seiner zeitgenössischen Ästhetik der Digitalmoderne, in der sich organische Formen und geometrische Berechnung miteinander verbünden, mehr an ein futuristisches Raumschiff als an einen Ausstellungsort. Mit dem Phæno hat die Architektin Zaha Hadid ein Bauwerk geschaffen, welches den Raum in Bewegung aufzulösen scheint, ein Bauwerk, in dem Raum und Bewegung ganz ineinander aufzugehen scheinen.
Standort | Wolfsburg im Bundesland Niedersachsen, Deutschland |
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Bauzeit | 2001-2005 |
Architektin | Zaha Hadid (OZH London) |
Besonderheiten | Bautechnische Innovationen durch die erste großflächige Verwendung von selbstverdichtendem Beton (SAV) |
Größe | Geschossfläche: 12.631 m2; Bauvolumen: 154 x 130 x 97 m; Höhe: 16 m |
Nutzung | Populärwissenschaftliches Zentrum für Technik und Naturwissenschaft |
Adresse / Telefon | phæno Science Center, Willy-Brandt-Platz 1, 38440 Wolfsburg Info-Hotline: 0049 - (0)180 -10 60 600 |
Geschichte des Bauwerks
Das im Bundesland Niedersachsen gelegene Wolfsburg hat in sich in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend um das Image einer jungen, vielseitigen und technisch innovativen Stadt bemüht. Mit der Realisierung der “Autostadt“ entstand ein Museum, in dem die Geschichte des Volkswagen-Konzerns auf anschauliche Weise erlebbar wird und auch das Kunstmuseum Wolfsburg hat sich durch seine wechselnden Ausstellungen moderner und zeitgenössischer Kunst über die Stadt hinaus bekannt gemacht. Im Jahr 1999 ersann der Wolfsburger Stadtrat ein weiteres Projekt, mit welchem das Profil der Stadt noch mehr an Vielseitigkeit gewinnen sollte. Unter der Leitung von Dr. Wolfgang Guthardt konzipierte man das phæno, einen Science-Center, mit dem einem breiten Publikum der spielerische und unterhaltsame Zugang zu Phänomenen der Naturwissenschaft und Technik geboten werden sollte.
Für den Entwurf und die Realisation des Bauwerks wurde im Zentrum der Stadt unweit vom Hauptbahnhof eine Freifläche zur Disposition gestellt und die Stadt schrieb einen internationalen Wettbewerb aus, an dem sich 23 Architekturbüros aus insgesamt acht Nationen beteiligten. Im Januar 2000 fiel die Entscheidung der Jury auf den phantastischen Entwurf der Londoner Architektin Zaha Hadid. Laut Jury weckte kein anderer Entwurf eine derartige Neugier und Entdeckungslust wie die von Hadid als “Magic Box“ konzipierte, topografisch geformte und von konischen Stützen getragene Ausstellungshalle. Und tatsächlich stellt das Gebäude eine räumliche Umstülpung von innen nach außen dar: eine Transformation der Erlebniswelt im Inneren in den äußeren Maßstab des Stadtbilds.
Bereits im März 2001 beging man feierlich den ersten Spatenstich und eröffnete gleichzeitig im Kunstmuseum Wolfsburg die Zaha Hadid Lounge. Im März des darauf folgenden Jahres erfolgte die Grundsteinlegung, im Dezember 2003 wurde der Rohbau vollendet und die fremdartige Gebäudeform wurde erstmals erkennbar. Nach dem Richtfest im Mai 2004 gingen die restlichen Arbeiten wie beispielsweise die künstlich angelegte Hügellandschaft, die das Gebäude umgibt, zügig voran. Im Juni 2005 waren Bauwerk und Umgebung vollendet und es begann die Einrichtung der 250 Exponate unter der Leitung des Ausstellungskurator Joe Ansel. Am 24. November eröffnete das phæno seine populärwissenschaftliche Erlebniswelt für die Öffentlichkeit und zieht seither sowohl die naturwissenschaftlich Neugierigen als auch die Architekturbegeisterten in das Zentrum der niedersächsischen Volkswagen-Stadt.
Beschreibung des Gebäudes
Als “Drehscheibe“ zwischen Bahnhof, Autostadt und Stadtzentrum hatte das phæno mitunter die Aufgabe, den bislang eher brach liegenden “Nordkopf“ der Stadt zu beleben. Hadid legte ihrem Entwurf demzufolge eine ausgiebige Analyse der Fußgänger- und Kraftverkehrsströme zugrunde, untersuchte die Blickbezüge, die über die Freifläche verliefen und legte daraus eine Kreuzungs-Komposition an, die sowohl die Topografie auf dem Erdgeschossniveau als auch die 7 m hohe Gebäudescheibe architektonisch ordnet.
Zehn kegelartige Träger dienen als Stützen für die Hauptebene und enthalten zugleich sämtliche Service-Einrichtungen wie den Museumsshop, das Restaurant, die Aufzüge, das Wissenschaftstheater sowie die Werkstätten und das Ideenforum. Das Gebäude besticht durch seine extreme Durchlässigkeit, beispielsweise durch die mehreren kleineren Eingänge, und demonstriert unter dem Motto des “Fließenden Raums“ das Verwischen der räumlichen Grenze von öffentlicher Fußgängerpassage und dem abgeschlossenen Innerraum. Bewusst versuchte Hadid jede Form der Schwelle oder der klar definierten Grenze aufzulösen.
Das futuristische, nahezu außerirdische Bauwerk ohne jeden rechten Winkel stellte insbesondere für Statiker und Betonfachleute eine enorme Herausforderung dar. Ohne den Einsatz eines neuartigen, selbstverdichtenden Betons wäre der Bau des phæno in dieser Form unmöglich gewesen, wodurch das Bauwerk bereits Pionierstatus in Bezug auf die Entwicklung innovativer Betonbautechniken erlangt hat. Die geometrisch anspruchsvollen Schalungsformen, die extrem schrägen Flächen mit Neigungen bis zu 40°, die unterschiedlichen Neigungswinkel in den Kegeln und die betonunterspülten Ecken forderten von der Ausführungsplanung immer neue Innovationen.
Jeder der zehn tragenden Kegel ist in seiner Formgebung einzigartig. Durch die Hauptdecke werden sie nicht nur baulich, sondern auch statisch miteinander verbunden und stützen sich gegenseitig durch die durchlaufende Deckenscheibe. Die Kassettendecke gliedert sich in eine diagonal verlaufende Balkenstruktur mit rautenförmigen Zwischenräumen und stellt durch ihre Gesamtgröße, Spannweite und die Höhenvorsprünge im Ausstellungsbereich ein Kunstwerk für sich dar. Die Fassade aus Betonfertigteilen von bis zu 12 m Länge und 4 m Breite wird durch die abgerundeten Fensterelemente charakterisiert. Eine dreidimensional gebogene Metall-Glas-Fassade markiert den Eingang ins Auditorium. Die komplexe Dachkonstruktion aus Stahlträgern liegt in 16 m Höhe wie ein Fächer auf der artifiziellen Gebäudelandschaft. Auch hier ist jedes der 3.100 Stahlteile ein Einzelstück, welches exakt berechnet und vorgefertigt wurde. Die Dachelemente bilden ein frei tragendes Netz, welches die Experimentierfläche stützenfrei überspannt.
Die ca. 2 m hohen Hauptträger sind als Stahlfachwerk ausgeführt. Gewaltige Balken spannen sich von Kegel zu Kegel, wo sie auf Stahlkugellagern frei schwimmend aufgesetzt sind. An fünf Festpunkten verankert sich die selbst tragende Konstruktion in den Kegelstützen. Das Fachwerk besteht aus 22 cm hohen, vorwiegend geschweißten Stahlteilen, so dass dem späteren Besucher ein freier Blick in das Tragesystem gewährt wird. Für die Gestaltung der Hügellandschaft, die das Gebäude umgibt, wurde als Baustoff Thermozell verwendet. Diese Mischung aus Leichtbeton und Styroporkugeln besitzt ein relativ geringes Eigengewicht und lässt sich darüber hinaus leicht modellieren. Gut 7.000 m3 Thermozell wurden insgesamt für die Hügellandschaft verbaut. Anschließend wurde die Oberfläche mit hellem Gussasphalt überzogen.
Nutzung, Größe
Auf einer Aktionsfläche von 9.000 m2 bietet die Stiftung phæno seinen Besuchern zwei Besucherlabore, ein Ideenforum, ein Wissenschaftstheater, einen Tagungsraum, einen phæno-Shop und mehrere Gastronomie-Bereiche und eine Ausstellungsfläche von 5.900 m2 mit 250 Exponaten. Die geschätzte Besucherzahl beläuft sich bei ca. 180.000 Personen jährlich. Das Grundstück ist rund 13.000 m2 groß, die Bruttogeschossfläche des Gebäudes beträgt 12.631 m2 bei einem Bauvolumen von 154 x 130 x 97 m und einer Höhe von 16 m. Die Ausstellungsfläche wird von 10 kegelförmigen Stützen getragen und liegt somit 7 m über der ebenerdigen Passage.
Konzipiert, finanziert und in Auftrag gegeben wurde das Gebäude von der Stadt Wolfsburg, vertreten durch Dr. Wolfgang Guthardt. Die Baukosten betrugen insgesamt 79 Mio. €, die Bauzeit betrug rund viereinhalb Jahre. Als Kurator des Ausstellungskonzepts und der Experimentierstation trat Joe Ansel von der US-amerikanischen Ansel Associates Inc. auf. Zur Realisierung des Gebäudes schloss Zaha Hadid wie bereits 1993 für den Bau der Feuerwache der Firma Vitra in Weil am Rhein eine Architektengemeinschaft mit dem Büro Mayer Bährle, Freie Architekten BDA, aus Lörrach.
Das phæno ist dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Gruppen und Schulklassen können das phæno nach Absprache bereits ab 9:00 Uhr besuchen. Der Montag steht von 9:00 bis 15:00 Uhr ausschließlich den Schulklassen zur Verfügung. An allen Feiertagen, die wiederum auf einen Montag fallen, ist das phæno für die Öffentlichkeit in den regulären Zeiten geöffnet. Anmeldungen für Schulklassenführungen müssen mindestens 7 Tage im voraus erfolgen und können unter der Hotline 0180 - 1060 600 vorgenommen werden. Die durchschnittliche Besuchsdauer im phæno beträgt 3 bis 4 Stunden, der letzte Einlass erfolgt eine Stunde vor Schließung des Science-Centers.
Die phæno-Gastronomie ist eintrittsfrei und bis in die Abendstunden geöffnet. Erwachsene zahlen für eine Einzelkarte € 11,-, der ermäßigte Eintritt beträgt € 8, 50. Kinder ab 6 Jahren zahlen € 7,-, für Kinder bis 6 Jahren ist der Eintritt frei. Bei Gruppenkarten beträgt der jeweilige Einzelpreis jeweils € 9, 50 oder für Jugendliche, Kinder ab 6 Jahren oder Personen mit einer Ermäßigungsberechtigung beträgt der Einzelpreis jeweils € 6,-. Für Gruppen ist es ebenfalls wünschenswert, sich bis zu 7 Tage im Voraus über die telefonische Hotline anzumelden. Des Weiteren bietet das phæno Familienkarten an, bei der zwei Erwachsene und bis zu zwei Kinder oder Enkelkinder insgesamt € 25,- zahlen. Die Kleinfamilienkarte für eine erwachsene Person und bis zu zwei Kindern ist für € 16, 50 erhältlich; der Eintritt für jedes weitere Kind kostet € 4,-. Das phæno und die Autostadt bieten ein gemeinsames Kombiticket an, welches den Besitzer zur Besichtigung beider Einrichtungen berechtigt. Das phæno befindet sich am Willy-Brandt-Platz 1 in unmittelbarer Nähe zum Wolfsburger Hauptbahnhof. Für Buchungen und weitere Fragen steht die phæno -Hotline unter der Telefonnummer 0180 - 10 60 600 zur Verfügung.
Besonderheiten
Während das phæno von außen vielleicht etwas unnahbar-futuristisch anmutet und eher erscheint, als würde darin absolute High-Tech-Forschung betrieben, findet sich im Innern ein sehr benutzerfreundliches und besuchernahes Programm zwischen Ausstellung und Mit-Mach-Forschung für alle Altersgruppen. 250 Experimentierstationen zu den Oberthemen Bewegung, Energie, Information, Leben, Licht und Sehen, Wind und Wetter, Materie, Mikro/ Makro und Spiele laden zu einer Entdeckungsreise in die Welt der Biologie, Physik, Chemie, Mathematik und Technik ein.
Alle Experimente sind so real wie möglich, der Besucher greift selbst in den Versuchsablauf ein und beeinflusst so den Ausgang des Experiments. Die so genannten “phæno(wo)men“ sind über all in der Ausstellung präsent und geben den Besuchern Hilfestellungen bei den Experimenten oder nähere Informationen zu einzelnen Phänomenen. An manchen Exponaten bieten die “phæno(wo)men“ auch eine Mini-Show oder ein Zusatzexperiment an, welche die demonstrierten Phänomene weiter vertiefen. In den MachMit!-Laboren können sich Besucher noch intensiver mit den Themen der Experimentierstationen auseinandersetzen. In insgesamt drei Laboren, dem BioLab und den beiden TechLabs, können Gruppen von bis zu 15 Personen ihre “Forschungsarbeiten“ vertiefen. In den TechLabs werden vor allem Experimente aus den Bereichen Mathematik, Physik und Technik thematisiert, während im BioLab biologische, chemische und sogar gen-technische Experimente der Sicherheitsstufe 1 durchgeführt werden können.
In den Laboren werden unterschiedliche Workshops mit regelmäßig wechselnden Themen angeboten, zu denen man sich im Voraus anmelden kann. Eines der Labore ist immer durchgängig als Besucherlabor geöffnet und bietet kurze Einblicke in kleine und leicht verständliche Experimente aus allen Bereichen. In diesem können die Besucher jederzeit forschen, es besteht keine Anmeldepflicht. Das phæno-Ideenforum hat die Funktion eines “Schaufensters der Wissenschaft“ und bietet Unternehmen, Institutionen oder verschiedenen Forschungsprojekten Raum, ihre neusten Forschungsergebnisse und technischen Innovationen zu präsentieren. Insbesondere junge Talente sollen dort im Rahmen von “Jugend-forscht“-Projekten vorgestellt und gefördert werden.
Die Architekten
Die Londoner Architektin Zaha Hadid wurde am 31. Oktober 1950 in Bagdad, Irak, geboren und gilt als eine der extravagantesten Architektinnen der zeitgenössischen Architekturszene. Sie absolvierte ihr Architektur-Studium an der Londoner Avantgarde-Schule der Architectural Association (AA), wo sie bereits mit ihren frühen Entwürfen in den 1970er Jahren für Furore sorgte. In den frühen 1980er Jahren gewann sie zahlreiche Wettbewerbe und sicherte sich somit weltweite Anerkennung und brach eine Lanze für eine Architektur der sich entgrenzenden Räume. Selbst die großen Meister der Architektur schwärmen von ihren Arbeiten, so auch Frank Gehry, der jedes ihrer Bauwerke als mit “Erregung und Innovation“ aufgeladen beschreibt. Seit Ende der 1980er Jahren lehrt sie kontinuierlich an der AA in London und hatte bereits zahlreiche Gastprofessuren in Harvard, Columbia und Yale inne.
Derzeit doziert sie an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Im Jahr 2004 erhielt sie als erste Frau den Pritzker-Preis, den “Nobelpreis“ der Architektur, für ihr bisheriges Werk. Ihre außergewöhnlich dynamische Formsprache prägte bereits eine Vielzahl von Bauwerken, so unter anderem die Feuerwache der Firma Vitra in Weil am Rhein (1993) oder die jüngstens fertiggestellten Projekte wie der phæno Science-Center in Wolfsburg, die Sprungschanze für den Innsbrucker Bergisel oder das Contemporary Arts Museum in Cincinnati. Ihre Projekte wurden bereits in zahlreichen renommierten Galerien ausgestellt, so unter anderem im Guggenheim Museum und dem Museum of Modern Art in New York City oder dem San Francisco Museum of Modern Art.
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