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Casa del Fascio in Como (Italien)

Como: Casa del Fascio, goruma

Die Casa del Fascio in Como in Italien gilt nicht nur als das umstrittene Meisterwerk des italienischen Architekten Giuseppe Terragni, es ist auch eines der ambivalentesten Gebäude Europas.

Einerseits ist die Casa del Fascio eine vollkommene Verkörperung des Rationalismus der 1930er Jahre und ein Manifest der italienischen Avantgarde, andererseits gilt es als eines der wichtigsten Repräsentationsbauten des italienischen Faschismus und demonstriert somit die Widersprüche der Baukunst in totalitär regierten Regimen.

Standort Como, Italien
Bauzeit 1928, 1932-1936
Architekt Giuseppe Terragni
Besonderheiten Paradebeispiel des italienischen Rationalismus der 1930er Jahre
Nutzung Ursprünglich das Parteihaus der italienischen Faschisten
Größe Grundfläche: 1102,24 m2 , Höhe: 16,6 m

Geschichte des Bauwerks

Die Casa del Fascio war ursprünglich als Palazzo Comunale im traditionell lombardischen Stil konzipiert. Die faschistische Partei gab jene ersten Entwürfe vor, die noch einen offenen, zentralen Hof und ein ziegelgedecktes Dach vorsahen. Der Architekt Giuseppe Terragni verwandelte jedoch nach und nach das Gebäude in einen präzise gezeichneten Quader, um einen allseits geschlossenen, glasüberdeckten Innenhof. Die vier Fassaden sind jeweils unterschiedlich komponiert, die Front ist in einander überlagerten Schichten von Marmor, Glas und Glasbausteinen gestaltet. Masse und Hohlraum, die als Licht- und Schattenwerte erscheinen, stehen in einem wirkungsvollen Gegensatz zueinander.

Im Inneren heben reine geometrische Flächen und raffinierte Spiegeleffekte das Oben und Unten, das Rechts und Links zugunsten eines enigmatischen, vielfach lesbaren Raumes auf. Doch ist die Casa del Fascio nicht nur ein Manifest der italienischen Avantgarde, sie ist vor allem ein durch und durch faschistischer Bau. Die elegante Transparenz symbolisierte das "gläserne Haus", mit welchem Mussolini sein Regime zu vergleichen pflegte.

Die seitlich geschlossene, glatte Marmorfront diente als Hintergrund für Propaganda- und Aktionscollagen, eine im Innern unverkleidet belassene und in einem Glasschrein eingehüllte Betonstütze steht für die harte und unverblümt gewalttätige Seite der Partei. Die martialische, neunzehnflügelige Glastür am Haupteingang ermöglichte ein rasches Ausrücken der im Haus stationierten faschistischen Miliz.

Nutzung, Größe

Die Grundfläche der Casa del Fascio ist ein Quadrat von 33,2 Metern Seitenlänge, die Höhe des Gebäudes beträgt 16,6 Meter, also exakt die Hälfte der Seitenlängen. Die Grundfläche des Gebäudes beträgt 1102,24 m2.
Ursprünglich diente das Gebäude als Sitz der faschistischen Partei Italiens. Heute dient der Bau an der Piazza del Popolo Nummer 4 unter dem Namen "Casa del Popolo" als Bürogebäude und kann nach Geschäftsschluss zum Teil besichtigt werden.

Besonderheiten

Aufgrund ihrer architektonischen Ambivalenz wurde die Casa del Fascio sofort nach ihrer Fertigstellung kontrovers diskutiert: Von einigen Kollegen wurde Terragni angeklagt, deutsche und tschechische Vorbilder kopiert zu haben. Für einige Parteigenossen wiederum bildete der Bau den Faschismus nicht angemessen ab. Nur die Interventionen seines Freundes Alberto Sartoris, dem Theoretiker des Rationalismus und Architekten, sowie die Tatsache, dass Terragnis Bruder Attilo Statthalter von Como war, schützten ihn vor den Konsequenzen dieser Anfeindungen.

Der Architekt

Giuseppe Terragni wurde am 18. April 1904 in Meda bei Mailand/ Italien geboren. Zwischen 1921 und 1926 absolvierte er das Studium der Architektur am Politecno in Mailand. 1927 wurde er Gründungsmitglied der jungen Architektenvereinigung "Gruppo 7", die sich heftig an der Diskussion um eine neue italienische Architektur beteiligte. Von 1927 bis 1929 baute er den Wohnblock Novocomum in Como, ein Pionierbau des italienischen Rationalismus. Im Jahr 1932 richtete er die Sala 0 für die Mostra della Rivoluzione Fascita im römischen Palazzo dell' Esposizione ein. Von 1932 bis 1936 entstanden nach Terragnis Entwürfen die Casa del Fascio und weitere städtebauliche Projekte in Como.

Ab 1933 baute er mit seinem Büropartner Pietro Lingeri zahlreiche Mehrfamilienhäuser in Mailand, unter anderem die Casa Toninello und die Casa Lavezzari. Neben dem Kindergarten Sant'Elia in Como entstanden in der Mitte der 1930er Jahre vor allem diverse Villen nach Terragnis Entwürfen, so beispielsweise die Villa Bianca in Seveso. Bis 1940 entstanden nach seinen Entwürfen das Palazzo dei Ricevimenti e dei Congressi für die E42 bei Rom, die Casa del Fascio von Lissone bei Mailand und das Mietshaus Giuliani Frigerio in Como. 1939 wurde Terragni eingezogen und kam 1941 an die russische Front. Am 19. Juli 1943 verstarb Giuseppe Terragni nach mehreren Krankenhausaufenthalten in Como an einem Schlaganfall.




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