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Bibliothèque nationale de France in Paris

Nationalbibliothek in Paris

Mit vier Buchtürmen setzte der Architekt Dominique Perrault im Bezirk Tolbiac in Paris der Bibliophilie ein historisches Vermächtnis. Mit einem Bestand von zwölf Millionen Büchern ist die Bibliothèque nationale de France, kurz auch BnF, neben der British Library und nach der Kongressbibliothek in Washington nicht nur die größte Bibliothek in Frankreich, sondern auch eine der größten weltweit.

Standort Paris im 13. Arrondissement
Bauzeit 1989 - 1996
Architekt Dominique Perrault
Besonderheiten Archiv aller in Frankreich publizierter Druckerzeugnisse
Nutzung Bibliothek
Größe 360.000 m2
Adresse/Telefon
François Mitterrand Bibliothek
Quai François Mauriac
75706 Paris Cedex 13
Telefon: +33(0)1 53 79 59 59
Öffnungszeiten Mo: 14.00 - 18.00 Uhr; Di - Fr: 13.00 - 17.00 Uhr

Geschichte des Bauwerks

Die Ursprünge der Nationalbibliothek reichen naturgemäß weit in die Geschichte zurück. Angefangen von dem Auszug der königlichen Bibliothek Karl des V. (1338-1380) im Jahre 1368 in die Falknerei des Louvre. Doch der Aufbau der Sammlung wurde erst durch Ludwig XI. (1423-1483) Ende des 15. Jahrhunderts und Franz I. (1494-1547) ermöglicht. Ersterer brach mit dem bis dato üblichem Brauch, sämtliche Dokumente nach dem Ableben des Königs zu vernichten und Letzterer ordnete 1537 die "gesetzliche Hinterlegung" an, welche den Drucker verpflichtete, jeweils ein Exemplar aller entstandenen Druckwerke der königlichen Bibliothek zukommen zu lassen. Dieses Gesetz hat bis zum heutigen Tage Bestand.

Als weiterer historischer Mäzen trat natürlich Ludwigs XIV. (1638-1715) auf, vertreten durch seinen Finanz- und Wirtschaftsminister Colbert. Dieser veranlasste den Umzug der Bestände in die Rue de Richelieu, im historischen Zentrum von Paris, wo sie bis zum Umzug nach Tolbiac zu finden war. Unter dem Einfluss der Revolution wurde die Bibliothek des Königs zur Bibliothek der Nation umgetauft und erfuhr eine erhebliche Bestandserweiterung durch konfiszierte Bücher aus Privatsammlungen. Im 19.Jahrhundert wurde die Bibliothek unter Napoleon III. und unter der Federführung des Architekten Labrouste prächtig ausgebaut. Doch der explosionsartige Zuwachs von Druckwerken und Gelehrten des 20. Jahrhunderts sprengte schon bald die Kapazitäten der alten Nationalbibliothek und erzwang einen Neubau.

Am 14. Juli 1988 kündete der damalige Staatspräsident François Mitterrand (1916-1996) die "Errichtung und Einrichtung der größten und modernsten Bibliothek der Welt" an. 1989 gewann Dominique Perrault den ausgeschriebenen Wettbewerb zur Errichtung der neuen Nationalbibliothek. Auf zwei Jahre der Planung (1990 - 1992), folgte eine vierjährige Bauphase (1992 - 1996), die von zahlreichen politischen und architektonischen Debatten begleitet wurde. Am 20. Dezember 1996 wurde die Bibliothek eröffnet.

Der Leiter der BnF Jean-Noel Jeanneney forciert nun die Digitalisierung der Bestände und tritt mit seinem Digitalisierungsprojekt Gallica gegen Google Book Search an. Ganz klassisch, erfinden die Franzosen ihr ganz eigenes Format.

Beschreibung des Gebäudes

Vier Glastürme entspringen am Ufer der Seine dem 13. Pariser Bezirk und verleihen ihm eine neue und eindrucksvolle Silhouette. Perraults Anspruch ist es, Landschaften statt Gebäude zu erschaffen; was ihm hier zweifelsohne gelungen ist. Von Land Art und Minimal Art beeinflusst, entwarf Perrault, vier Türme aus Glas und Stahl, die sich L-förmig, einem aufgeschlagenen Buche gleich, um einen riesigen Garten gruppieren. Jeder der 80m in die Höhe ragende Türme trägt einen Namen: Tour du temps (Turm der Zeit), Tour des lois (Turm der Gesetze), Tour des nombres (Turm der Zahlen), Tour des lettres (Turm der Buchstaben bzw. Briefe). In ihrer Mitte ruht der etwa 1 ha große Garten mit Tannen, Birken und Eichen aus den Wäldern der Normandie. Diesen Garten schuf Perrault in Analogie zu dem Garten Eden, der über die Erbsünde hinaus, den Griff zum Wissen symbolisiert.

Ursprünglich sollten die Türme sogar 100 m hoch sein, doch die Kritik äußerte Bedenken hinsichtlich der Licht- und Hitzeempfindlichkeit der Bücher, sowie der Brandgefahr. Daher ruht ein großer Teil der Türme im Erdinneren, wo man die klimatisierten Archive beheimatet hat.

Nutzung, Größe

Auf einer rechteckigen Grundfläche von rund 360.000 m² weisen die 80 m hohen Glastürme die Eckpunkte aus. In ihrem Innern ruht das literarische Gedächtnis Frankreichs - an die 12 Millionen Bände und 300.000 Zeitschriften auf 400 Regalkilometern.
In zwei Geschossen sind mehrere, einladend mit Holz ausgestattete Lesesäle eingerichtet, von denen aus man in den Garten blicken kann. An die 4.000 Leseplätze bietet die Nationalbibliothek den Wissensdurstigen. Insgesamt ist die Bibliothek für 3.000 bis 5.000 Leser pro Tag und mehr als eine Million Besucher pro Jahr ausgelegt.

Besonderheiten

Nach wie vor sammelt die Nationalbibliothek täglich sämtliche in Frankreich publizierte Druckerzeugnisse. Interessanterweise begegnet der Architekt dem explosionsartigem Zuwachs an Wissen, und dem damit zusammenhängend Anstieg der Druckerzeugnisse, mit Minimalismus. Perrault zu seinem Bau, "die Architektur der Bibliothek stellt einen Versuch dar, ein Werk zu schaffen, das seiner Zeit entspricht. Die Kunstrichtungen von denen ich mich inspirieren lasse, sind Land Art oder Minimal Art. Ich hätte dieses Gebäude gern Donald Judd gezeigt, bevor er starb.[...] Meiner Meinung nach wird es höchste Zeit für die Architektur, sich der Kunst unserer Zeit anzugleichen." und weiter zu seiner Entscheidung für eine seit 20 Jahren gängige Kunstform befragt, antwortet Perrault, "20 Jahre sind genau die zeitliche Kluft, die zwischen Kunst und Architektur besteht." Soviel zur zeitlichen Repräsentation und der Suche nach dem zeitgenössischen Format.

Der Architekt

Dominique Perrault wurde1953 als Clemont-Ferrand in Paris geboren. Schloss 1978 sein Studium der Architektur an der École Nationale Supérieure des Beaux Arts in Paris ab. Anschließend studierte er bis 1979 Stadtplanung an der École Nationale des Ponts et Chaussées und bis 1980 Geschichte an der École des Hautes Études. 1981 gründete er sein eigenes Büro in Paris. 1992 gründete er ein weiteres in Berlin. 1998 - 2001 war er Präsident des Französischen Institut der Architekten. 2000 Gründung des dritten Büros in Luxemburg. 2002 Gründung zweier weiterer Büros, in Barcelona und in Baltimore.

Neben der Nationalbibliothek zählen unter anderem folgende Bauten zu seinem Werk:
Velodrome und Olympia-Bad in Berlin, 1996, gemeinsam mit der Berliner Architektin Victoria Koppenwallner (geb.1964). Ausbau des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg, 2002. Mariinsky Theater in St-Petersburg und dem Campus der Ewha Womans Universität in Seoul, beide 2004.


Kommentare
Prof. Dr. Reinhold Heinze  (Freitag, 23.10.2015)
Kurz und prägnant, wie es sich im Qualitätsjournalismus gehört. GORUMA: Herzlichen Dank für das tolle Kompliment!


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