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Berliner Philharmonie (Deutschland)

Philharmonie in Berlin © goruma (Dr.Ramm)

Die Philharmonie von Hans Scharoun in Berlin zählt mit ihren organischen Rundungen und dem zeltartigen Dach zu den Meisterwerken der Architektur, und überzeugt nicht nur optisch, sondern auch akustisch.

Die Philharmonie gab den Auftakt zur Errichtung eines Kulturforums im Herzen der Stadt. Seit langam geben darin die legendären Berliner Philharmoniker den Takt an.

Die Philharmonie bildet mit dem Kammermusuksaal eine bauliche und architektonische Einheit. Beide wurden von Sharoun geplant, auch wenn der Kammermusiksaal erst nach dessen Tod fertiggestellt wurde.Aber beide haben ihre eigenen Eingänge, Abendkassen und natürlich auch ihre eigenen Konzertsäle.

Achtung
Die Eingänge mit der jeweiligen Abendkasse von Philharmonie und Kammermusiksaal liegen ca. 100 m voneinander entfernt. Ortsunkundige können sie leicht verwechseln, was dazu führen kann, sich bei Verabredungen am falschen Eingang zu befinden. Auch stehen nicht selten Musikfreunde in der Schlange an der falschen Kasse - mit der Folge evtl. dann später an der richtigen Kasse keine Karten mehr zu erhalten.

Standort Kemperplatz neben dem Potsdamer Platz in Berlin
Bauzeit 1956 - 1963
Architekten Hans Scharoun & Edgar Wisniewski
Besonderheiten Wahrzeichen der Stadt, geniale Akustik
Zuschauerplätze rund 2.440
Nutzung Spielort der Berliner Philharmoniker
Adresse / Telefon Herbert-von-Karajan-Str.1 
10785 Berlin
Tel: +49-(0)30-254 88-0

Geschichte des Bauwerks

Berlin, Philharmonie
Philharmonie in Berlin © goruma (Dr.Ramm)

Hans Scharoun wurde nach Kriegsende zum ersten Stadtbaurat Berlins ernannt. Sein humanitärer Entwurf der Stadt als lebendige, offene Landschaft mit einem grünen Zentrum wurde als zu avanciert und engagiert empfunden; da es damals um nicht mehr als die Beseitigung der Trümmerlandschaft gehen sollte.
1946 trat Scharoun von seinem Amt zurück. Doch sein Ansatz der "organischen Stadt" lebte in den Plänen zum neuen Kulturforum am Potsdamer Platz fort. Den Auftakt zur Umsetzung der Kulturforumkonzeption machte der Bau der Philharmonie. Nach dreijähriger Bauzeit wurde die Philharmonie am 15.Oktober 1963 eröffnet.
Neben der Philharmonie zählt auch die visavis liegende Staatsbibliothek (1978) und der an die Philharmonie angebundene Kammermusiksaal (1987) zu Scharouns Masterplan für das Kulturforum. Beide Gebäude wurden erst nach Scharouns Tod von dessen Mitarbeiter Edgar Wisniewski fertig gestellt. Doch der Gesamtplan für das Kulturforum am Potsdamer Platz wurde niemals vollendet, dieser sah unter anderem auch ein "Haus der Mitte" vor, indem die gastierenden Künstler wohnen und arbeiten könnten, und welches als offenes Haus ein Begegnungs- und Kommunikationszentrum bilden sollte. Mit der Entscheidung den Potsdamer Platz nach dem Mauerfall zur Business- und Tourismusinsel auszubauen, verabschiedete man sich gleichzeitig von Scharouns Plänen für ein kulturelles Zentrum im Herzen Berlins.
In den achtziger Jahren wurde die Fassade der Philharmonie mit goldeloxierten Aluminiumplatten umkleidet. Scharoun hatte eine ähnliche Verkleidung vorgesehen, auf die man aber aus Kostengründen verzichtet hatte, sodass die Philharmonie lange Zeit durch ihren weiß und ocker gestrichenen Sichtbeton wirkte.

Beschreibung des Gebäudes

"Dieser Raum ist eine der großen Schöpfungen unseres Jahrhunderts, neu, unvergleichbar, nur seiner Wirkung nach vergleichbar mit den schönsten Räumen, die irgendwann und irgendwo geschaffen worden sind." Max Frisch Umrahmt vom Potsdamer Platz und dem Botschaftsviertel residiert die Philharmonie als Solitärbau am großzügig offenen Kemperplatz. Durch ihre auffallende und betonte Andersartigkeit zählt die Philharmonie zu den herausragenden Bauwerken der Architektur überhaupt und im Besonderen der Stadt Berlin. Aufgrund ihres zeltähnlichen Daches erhielt sie vom Volksmund nach dem sicherlich bekanntesten Dirigenten der Philharmonie den Namen "Zirkus Karajan".

Der Grundriss weist drei miteinander verbundene Pentagone auf. Wobei sich die Zahl Drei von Scharouns Ansatz herleitet, den Menschen, den Raum und die Musik zu verbinden. Die Philharmonie lässt keine Zentralperspektive zu und verabschiedet sich in großen Schritten von einem auch in der klassischen Moderne wirksamen Historizismus, um organisch modelliert Maßstäbe für die andere Moderne zu setzen. Sie wirkt durch eine zergliederte Grundrissgestaltung, asymmetrische Räume mit zeltartigem Dachbau und einem pentagonalen Konzertraum.

Nutzung, Größe

Scharouns Philharmonie ist "große Architektur, der er rein aus ihrem Zwecken heraus eine über das Funktionale reichende Sprache verliehen hat", attestierte Theodor Adorno. Scharoun vergaß nie auf die Funktion zu achten, doch dynamisierte und verstärkte er diese durch einen originell-organischen Ausbau. Der Funktion nach wollte Scharoun einen "Ort des gemeinsamen Musizierens und des gemeinsamen Erlebens der Musik" schaffen. Er bemerkte die verbindende Wirkung von Musik, denn wo Musik erklingt, rücken die Menschen zu einem Kreis zusammen.

Daher entschied er sich dem Konzertsaal eine Arenaform zu geben und das Publikum rings um das Orchester zu gruppieren. Die Zuschauerränge sind in Gruppen geteilt und steigen in unregelmäßigen Abständen, Weinbergsterrassen gleich, den Konzertsaal empor. Die Bühne ist in der Mitte platziert und von allen Seiten gut sichtbar. Dem gegenüber steht allerdings die Aufführungstechnik, gemäß der die Zentralperspektive zum Dirigenten hin bestehen bleibt, weshalb man von manchem Sitzplatz aus nur die Rückseite des Orchesters sieht. Immerhin kann man so in die Notenblätter blicken. Die Akustik dagegen ist auf allen Sitzplätzen phänomenal.

Raumakustische Probleme wurden durch eine besonderen Wandkonstruktion und gebauschte Stoffflächen an der Decke aufgehoben, genauso wie die Trennung von Künstler und Publikum durch die Architektur weitgehend aufgehoben wurde. Die Musiker schätzen es, in der Philharmonie inmitten der Zuhörer zu sitzen. 2.440 Sitzplätze bietet der große Saal, der Kammermusiksaal weitere 1.180 Sitzplätze.
Die Philharmonie ist die Heimat der weltberühmten Berliner Philharmoniker, die seit der Saison 2002/2003 unter der Leitung von Sir Simon Rattle spielen.

Besonderheiten

Scharoun zählt neben Frank Lloyd Wright, Antoni Gaudi und Rudolf Steiner zu den wichtigsten Vertretern einer organischen Architektur. Scharoun hat Architektur nicht nur als Formensprache empfunden, sondern letztlich immer als einen Ort begriffen, an dem sich Menschen bewegen und leben. Er postulierte für die Architektur die "Forderung des Unvollendeten", da Architektur seiner Vorstellung nach, immer im Zusammenhang mit dem Menschen steht, sich erst durch diesen realisiert und daher fortwährend verändert und unvollendet bleibt.

Berlin, Philharmonie
Philharmonie in Berlin © goruma (Dr.Ramm)

Scharouns Architektur bewegt sich in der Begriffswelt, der Freiheit und Demokratie, gesellschaftsbezogen, mit Blick auf die individuellen Besonderheiten des Gebäudes und der Menschen, die dort verkehren. Daher hat er sich, neben repräsentativen Bauvorhaben wie der Philharmonie und der Staatsbibliothek, im Besonderen auch dem sozialen Wohnungsbau gewidmet. Er entwarf unter anderem die Siemensstadt in Berlin, und bezog selbstverständlich in einer dieser Wohnungen Quartier. Seine sozialen Wohnsiedlungen galten lange Zeit als Maßstab für die moderne Baukultur.

Der Architekt

Hans Scharoun (* 20. Sept.1893 in Bremen, † 25. Nov. 1972 in Berlin) studierte von 1912-1914 Architektur an der Technischen Hochschule in Berlin, ehemals Königliche Technische Hochschule zu Berlin. Er schloss sein Studium aber nicht ab und meldete sich 1914 freiwillig zum Kriegsdienst.

Unter anderem realisierte er die erste Ausstellung der Expressionisten-Gruppe "Die Brücke" in Tschernjachowsk; ehemals Insterburg.

1919 trat er der expressionistischen Architektengruppe "Gläserne Kette" bei, 1926 der Architektenvereinigung "Der Ring".
Seit 1925 bis zur Schließung 1932 unterrichtete er als Professor an der Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau. Direkt nach Kriegsende wurde er 1945 er von den Alliierten zum Stadtbaurat und Leiter der Abteilung Bau- und Wohnungswesen des Magistrats von Berlin ernannt.

1946 trat er von diesem Amt zurück und wurde Professor an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität (TU) in Berlin, die als erste Universität Deutschlands nach ihrer Neugründung im Jahr 1946 als Technische Universität benannt wurde.

Von 1955-1968 war er Präsident der Berliner Akademie der Künste, und von 1968 m bis zu seinem Tod ihr Ehrenpräsident.

Einige seiner wichtigsten Bauten wurden erst nach seinem Tod vollendet. Dazu zählen das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven, das Stadttheater in Wolfsburg und die Staatsbibliothek in Berlin.
Die Deutsche Botschaft in Brasilia (1963-1969) blieb das einzige Bauvorhaben, das er außerhalb von Deutschland realisierte.




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