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Treptow-Köpenick © goruma (B.Ramm)
SED-Regimegegner und Mauerfall
Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) wurde am 07. Oktober 1949 auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone gegründet. Doch wie kam es dazu?
Die östlichen Teile - also die spätere DDR - gelangte nach dem Zweiten Weltkrieg unter sowjetische Herrschaft, während die Gebiete der späteren Bundesrepublik von den USA, Großbritannien und Frankreich verwaltet wurden. Schon bald nach Kriegsende kam es aber zur ideologischen Trennung zwischen den Alliierten und der Sowjetunion. Wie in den westlichen Besatzungszonen, so ging auch die Sowjetunion in der SBZ (= Sowjetische Besatzungszone) ihren eigenen Weg und stellte von Anfang an alle Bemühungen unter das Ziel, in ihrer Zone den Sozialismus einzuführen. Der erste Schritt dazu war die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED. Zudem wurden alle Schlüsselfunktionen mit Kommunisten besetzt. Im Jahre 1947 wurde mit der Deutschen Wirtschaftskommission außerdem ein Organ geschaffen, das vorstaatlichen Charakter trug und schon bald alle Kompetenzen zur einheitlichen Steuerung der Wirtschaft bekommen sollte. Als Antwort auf die Währungsreform in den Westzonen am 20. Juni 1948 wurde auch in der SBZ eine eigene Währung eingeführt – die ostdeutsche Mark.
Nachdem die Sowjetunion mit der Berlin-Blockade vom Juni 1948 bis zum Mai 1949 große Sympathien eingebüßt und den Westmächten ungewollt in die Hand gespielt hatte, fand im ausgehenden Mai 1949 in der SBZ der dritte Deutsche Volkskongress statt, dessen Mitglieder den Zweiten Deutschen Volksrat als ständiges Organ wählten. Zudem nahm der Volkskongress die Verfassung für die Gründung einer Deutschen Demokratischen Republik ohne Gegenstimmen an, so dass am 07. Oktober 1949 die DDR ins Leben gerufen werden konnte – nur fünf Monate nach der Gründung der BRD. Proklamiert wurde der Staat als „Sozialistischer Arbeiter- und Bauernstaat“. In realpolitischer Hinsicht war er aber von Anfang an eine Parteiendiktatur, nämlich die der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Der erste Ministerpräsident der DDR, die ein wichtiger Bestandteil des unter sowjetischer Hegemonie stehenden Ostblocks wurde, war Otto Grotewohl. Wilhelm Pieck war vom 11. Oktober 1949 bis zu seinem Tod am 7. September 1960 der erste (und einzige) Präsident der DDR.
Aber die DDR war nicht für jeden das Paradies. Bis zum Bau der Mauer hatte die Fluchtbewegung der Menschen aus der DDR dermaßen zugenommen, dass man "fürchten" musste, dass es zu einer Wiedervereinigung auf dem Gebiet der Bundesrepublik kommen könnte. In das 1953 eröffnete Notaufnahmelager in Berlin-Marienfelde kamen teilweise täglich bis zu 3.000 Menschen. Rund zwei Drittel aller Flüchtlinge aus der DDR durchliefen bis 1990 das Lager. Das waren insgesamt etwa 1,35 Millionen Menschen. Sie wurden hier registriert, befragt, versorgt und erhielten dann ihre Ausweise als Bundesbürger. Für die DDR stellte diese Fluchtbewegung eine veritable Katastrophe dar. Denn zum einen litt das internationale Ansehen des Arbeiter- und Bauernstaates massiv darunter, und zweitens verließen besonders qualifizierte Menschen, wie Ärzte, Ingenieure, Wissenschaftler und Facharbeiter den Staat. Insgesamt verließen bis zum Bau der Mauer rund 3,5 Millionen Menschen die DDR - die DDR drohte "auszubluten". Das alles änderte sich jedoch mit dem Mauerbau im Jahre 1961.
Am 11. September 1989 wurde durch die ungarische Regierung die ungarisch-österreichische Grenze geöffnet. infolgedessen wurde die tschechisch-ungarische Grenze geschlossen. Währenddessen wuchs die Anzahl der Flüchtlinge in Warschau, vor allem aber in Prag immer weiter an. Aber die seinerzeit regierenden Kommunisten machte zur Bedingung für die Ausreise der sich in deutschen Botschaft in Prag befindlichen Menschen die Zustimmung der DDR-Regierung. In New York traf der damalige deutsche Außenminister Genscher den DDR-Außenminister Oskar Fischer sowie den sowjetischen Außenminister Eduard Schewardnadse. Genscher wies in den Gesprächen auf die katastrophalen Verhältnisse hin, unter denen die mittlerweile rund dreieinhalb tausend Menschen - darunter viele Frauen und Kinder - lebten. Aber Fischer berief sich auf die bisherigen Regelungen: Anwaltliche Vertretung, Rückkehr in die DDR und Ausreise nach mehreren Monaten. Aber nach Genschers Rückkehr nach Bonn wurde ihm dort von dem Chef der "Ständigen Vertretung der DDR" die Mitteilung überbracht, dass die Ausreise genehmigt worden sei - und zwar über die DDR. Genscher reiste daraufhin nach Prag und verkündete mit den bis heute unvergessenen und von den Anwesenden umjubelten Worten die gefundene Regelung: "Liebe deutsche Landsleute - Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise möglich geworden ist."
Die ersten Flüchtlinge erreichten dann am Abend des 30. September 1989 nach einer bewegenden Fahrt durch die DDR den Bahnhof von Hof in Bayern. Insgesamt verließen ca. 4.700 Menschen auf diese Weise die DDR. Wenige Tage später - am 3. Oktober kamen sogar über 6.000 Menschen auf das Gelände der Botschaft in Prag, während weitere Tausende sich auf dem Weg dorthin befanden. Auch diesem Personenkreis wurde die Ausreise über die DDR gestattet. Aber die Grenze zwischen der DDR und der ČSSR wurde geschlossen, was zu starken Protesten der Abgewiesenen in Bad Schandau führte. Diese Menschen und zahlreiche andere Bürger erwarteten dann auf dem Dresdner Hauptbahnhof die Durchfahrt der Flüchtlingszüge; dabei kam es zu Tumulten und auch gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei und der STASI. Bekanntlich brach das DDR-System dann am 9. November mit der Maueröffnung endgültig zusammen.
Auf der Sitzung des Politbüros am 18. Oktober 1989 wurde Erich Honecker - mit seiner eigenen Stimme - zum Rücktritt gedrängt und Egon Krenz übernahm statt seiner das Amt. Nun amtierte Krenz als Generalsekretärs des Zentralkomitees der SED und als Staatsratsvorsitzender der DDR. Zudem übernahm er das Amt des Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates. Es ist strittig, ob zu diesem Zeitpunkt Honeckers schwere Krebserkrankung bereits bekannt war und seinen Sturz damit befördert hatte. Er starb übrigens an dieser Erkrankung am 29. Mai 1994 in Santiago de Chile bei seiner Frau, die noch immer in einer Villa in der chilenischen Hauptstadt lebt.
Etwas überspitzt formuliert kam der Fall der Mauer aufgrund eines Missverständnisses zustande. Auf einer Pressekonferenz im Pressezentrum in der Mohrenstraße kurz vor 19:00 Uhr am 09. November 1989 hatte das Politbüromitglied Günter Schabowski eine Mitteilung verlesen, die vorher von dem Leiter der Pass- und Meldeabteilung im Innenministerium der DDR - Gerhard Lauter - und einigen weiteren hohen Beamten aufgeschrieben worden war. Darin waren die Reisevorschriften zur Ausreise aus der DDR erheblich liberalisiert worden. Auf die nun eher beiläufige Nachfrage eines Journalisten, ab wann denn diese neuen Regelungen in Kraft treten sollten, antwortete Schabowski etwas verwirrt sinngemäß: "Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich gültig." In dem vorgelegten Papier standen u.a. solche damals noch undenkbaren Äußerungen, wie "Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen beantragt werden. Genehmigungen werden kurzfristig erteilt. Versagungsgründe werden nur in besonderen Ausnahmefällen angewandt."
In den Tagesthemen der ARD wurde von dem Sprecher Hans-Joachim Friedrich um 21:40 verkündet, dass die Grenzen in Berlin offen seien - obwohl das zu diesem Zeitpunkt noch absolut nicht absehbar war - worauf kurz danach Bürger der DDR auf der einen und die Westberliner auf der anderen Seite zu den Grenzübergängen - z.B. in der Bornholmer Straße im Wedding - strömten. Dort waren die Grenzsoldaten völlig überrascht von der neuen Lage und wussten absolut nicht, wie sie sich verhalten sollten. Nachdem man die ersten eintreffenden Menschen zunächst noch mit der Begründung wieder wegschicken konnte, sie benötigten zuerst ein Visum, gelang das mit der nun immer größer werdenden Menge nicht mehr. Als sich die Menschenansammlung nicht mehr gewaltlos zurückhalten ließ und klare Anweisungen aus Ostberlin noch immer nicht eingetroffen waren, öffnete der Oberstleutnant Harald Jäger gegen 21:45 Uhr auf eigene Verantwortung die deutsch-deutsche bzw. innerdeutsche Grenze an der Bornholmer Straße für die dort wartenden Menschen. Anfangs aber bekamen diese Ausreisewilligen noch einen Stempel in ihren DDR-Ausweis, der die Betreffenden mit Verlassen des ostdeutschen Territoriums gewissermaßen "ausbürgerte" - ohne dass sie es ahnten. Mit dieser "Ventillösung" hatte man zunächst die am lautesten und am forderndsten auftretenden Menschen loswerden wollen. Als aber die ersten zurückkehren wollten und z.B. darauf hinwiesen, dass ihre Kinder in der DDR seien und sie nur einen kurzen Besuch in Westberlin gemacht hatten, ließ Jäger sie wieder herein und verzichtete fortan auf jegliche Art von Kontrollen. Ab 23:30 Uhr war die Grenze, an der sich mittlerweile über 20.000 Ostberliner versammelt hatten, vollständig offen. An den Grenzen herrschte Volksfeststimmung und es kam erstaunlicherweise zu keinerlei Aggressionen, was die Situation für die Grenzer im Grunde nur noch schwieriger machte. Die ARD sendete am 5. November einen Film über Harald Jäger mit dem Titel "Bornholmer Straße", in dem Charly Hübner die Rolle von Harald Schäfer spielte.
Nachdem es am 13. November 1989 durch die Volkskammerwahl von Hans Modrow zum DDR-Ministerpräsidenten einen erneuten politischen Wechsel in der DDR-Regierung gegeben hatte, präsentierte Helmut Kohl am 28. November 1989 im Deutschen Bundestag ein Zehn-Punkte-Programm für einen Zusammenschluss von DDR und BRD. Dieses Programm sollte Bestandteil eines gesamteuropäischen Einigungsprozesses sein und die vollständige Wiedervereinigung Deutschlands intendieren. Derweil wurde in der DDR im Dezember 1989 die Führungsrolle der SED aus der Verfassung gestrichen. In diesem Zusammenhang trat Egon Krenz von all seinen Ämtern zurück und machte dem neuen Staatsratsvorsitzenden Manfred Gerlach Platz. Als dann am 18. März 1990 die (bereits erwähnten) ersten freien Volkskammerwahlen stattfanden, endeten diese mit einer klaren Aussprache für die deutsche Wiedervereinigung, denn Wahlgewinner war die Allianz für Deutschland, ein Wahlbündnis, das sich aus der CDU, der Deutschen Sozialen Union (DSU) sowie dem Demokratischen Aufbruch (DA) zusammensetzte. Als Ministerpräsident setzte sich Lothar de Maizière von der CDU durch. Nun wurde fieberhaft an der Vereinigung mit der Bundesrepublik gearbeitet, wobei niemand eigentlich sagen konnte, wann genau diese vollzogen sein würde. Bereits im Juli 1990 konnte aber nach gemeinsamen Verhandlungen der DDR-Führung und der Kohl-Regierung und nach der Unterzeichnung eines Staatsvertrags eine gemeinsame Wirtschafts-, Sozial- und Währungsunion in Kraft treten. Es kamen die D-Mark sowie die Treuhandanstalt, deren Aufgabe es wurde, die ostdeutschen Volkseigenen Betriebe abzuwickeln.
Doch bevor am 31. August 1990 der deutsch-deutsche Einigungsvertrag unterzeichnet werden konnte, mussten erst die wirklichen Haupthinderungspunkte für eine Vereinigung der beiden deutschen Staaten beseitigt werden. Und diese lagen nicht im zwischendeutschen Bereich, sondern eher im Ausland, das bei außenpolitischen Aspekten wie v.a. Grenzfragen, Truppenstärke des zukünftigen Deutschlands sowie vor allem bei der Bündniszugehörigkeit mit zu entscheiden hatte. Diese gewichtige Rolle des Auslands ergab sich aus seiner Funktion als Hauptalliierte im Zweiten Weltkrieg. Am 12. September 1990 konnten diese strittigen Punkte mit Hilfe des Zwei-plus-Vier-Vertrages aber geregelt werden, wobei sich der Name dieses Staatsvertrages aus der Beteiligung der Deutschen Demokratischen Republik und der BRD auf der einen sowie den USA, Großbritannien, der UdSSR und Frankreich auf der anderen Seite ergeben hat. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag, in Moskau unterzeichnet und am 15. März 1991 in Kraft getreten, machte den Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands frei. Die erwirkten Bestimmungen gaben Deutschland seine volle Souveränität „über seine inneren und äußeren Angelegenheiten“ zurück, womit de jure die Rechte der alliierten Besatzungsmächte in Deutschland endeten.
Die deutsch-deutsche Wiedervereinigung war nur mit einem eindeutigen Einverständnis der Sowjetunion möglich, die schließlich im Sommer 1990 von Michail Gorbatschow erteilt worden ist. Sein Zugeständnis an eine volle Souveränität des zukünftig vereinten Deutschlands kann kaum überschätzt werden und ist sicherlich auch dem starken Einfluss seiner Frau Raissa und der guten persönlichen Beziehung zu Helmut Kohl zu verdanken. Einen weiteren wichtigen Parteigänger für die deutsche Einheit konnte in dem US-amerikanischen Präsidenten George Bush sen. gefunden werden, der als erster westlicher Alliierter die Einheit begrüßt hatte und späterhin bei der Überzeugung der eher skeptischen Briten und Franzosen half. Die britische Premierministerin Margaret Thatcher äußerte sich nämlich über die Einheit zunächst wenig erfreut. Sie befürchtete durch die deutsche Wiedervereinigung eine nachhaltige Störung des europäischen Machtgleichgewichts und ein weiteres Erstarken der ohnedies in Europa schon dominanten deutschen Wirtschaft. Diese Befürchtungen teilte auch Frankreich, zumal Deutschlands Lage, Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft durch die Einheit noch verstärkt werden würden.
Nachdem der Weg für eine Wiedervereinigung frei gemacht worden war, konnte am 31. August 1990 der Einigungsvertrag unterzeichnet werden, der den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland regelte. Es handelte sich daher nicht um eine "Vereinigung" der beiden deutschen Staaten, sondern nach Artikel 23 des Grundgesetzes um den Beitritt der DDR in die Bundesrepublik Deutschland. Eine Vereinigung mit einem neu zu beschließenden Grundgestz nach Artikel 146 wurde seinerzeit verworfen. In dem Beitrittsvertrag wurde auch festgelegt, dass die Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 erfolgen sollte. Und am 3. Oktober 1990 genau um 00:00 Uhr wurde vor dem Reichstagsgebäude die Freiheitsglocke geläutet. Die Nationalflagge wurde gehisst und die deutschen Nationalhymne gesungen. Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker las die (geänderte) Präambel des Grundgesetzes vor und proklamierte das "wiedervereinigte" Deutschland. Die DDR gab es nun nicht mehr.
Gedenkfeier - 25 Jahre Mauerfall
Eine große Besonderheit zum Gedenken an den Fall der Mauer vor 25 Jahren - am 9. November 1989 - fand in Berlin von Freitag, den 7. bis Sonntag den 9. November 2014 statt.
Dazu wurden auf einer Länge von 15 km rund 7.000 Lichtstelen als Lichtgrenze aufgestellt, die den innerstädtischen Verlauf der Mauer noch einmal sichtbar machen sollten.
Die Lichtstelen zogen sich vom ehemaligen Grenzübergang Bornholmer Straße, dann durch den Mauerpark, entlang der Bernauer Straße, vorbei an der Gedenkstätte Berliner Mauer
zum Spreeufer nahe des Reichstags, weiter zum Brandenburger Tor und dem Potsdamer Platz, dann über den Checkpoint Charlie, durch Teile von Kreuzberg und zum Schluss an der Spree (Mühlendamm) entlang bis hin zur Oberbaumbrücke.
Die rund 3,40 m hohen Stelen verfügten über einen weißen mit Wasser gefüllten sternförmigen Fuß mit einem Auslösemechanismus und ein Carbonrohr durch das der Auslösemechanismus für die Heliumballons sowie die Kabel zu den LED´S führten.
An dessen Ende befanden sich sich weiße leuchtende Ballons, die von Freitag Nachmittag (7. Novemmber) bis zum Sonntag 19:00 Uhr mit Hilfe von LED`s leuchteten, deren Batterien sich im Fuß der Stelen befanden. Die LED`s waren in dem kegelförmigen oberen Teil der Stele befestigt - und nicht im Ballon.
Am Sonntag wurden diese anfangs mit Stickstoff gefüllten 60 cm großen Ballons gegen heliumgefüllte gleichgroße Ballons ausgetauscht, was erforderlich war, da das Helium im Verlauf von mehreren Tagen aus den Ballons heraus diffundiert wäre.
Auf ein Zeichen hin, wurden gegen 19:00 Uhr mit Hilfe von rund 7.000 "Stelenpaten" die Heliumballons ausgeklingt, sodass sie in den Himmel aufsteigen konnten und dann in der Dunkelheit verschwanden - so wie die Mauer am 9. November "verschwand".
Die Idee und künstlerische Realisierung lag in den Händen der Brüder Marc und Christoph Bauder aus dem Prenzlauer Berg in Berlin.
Die Fertigung der Füße, Stelen und der aus Naturkauschuk gefertigten Ballons fand seit September 2014 in einer Behindertenwerkstatt des Deutschen Roten Kreuzes in Potsdam statt. So ein Lichtelement wog rund 23 kg.
Bereits am Freitag- und besonders am Samstagabend wanderten und fuhren zahlreiche Menschen an dem beleuchteten früheren Mauerstreifen entlang.
Am 9. November sollen bis zu 1 Million Menschen das "Verschwinden" der Ballons verfolgt haben. Eine großartige Idee fand damit ihr gewolltes Ende.
Der Begriff "Lichtgrenze" wurde zum Wort des Jahres 2014.
Und die Brüder Marc und Christoph Bauder wurden von einer Jury der Berliner Morgenpost und dem Sender 104,6 RTL zu "Berliner des Jahres" 2014 gewählt.
© goruma (B.Ramm)
Die Staatssicherheit (Stasi), MfS
Obwohl stets von der Stasi gesprochen wird, heißt es korrekterweise "Ministerium für Staatssicherheit", abgekürzt MfS. Die Gründung dieses Ministeriums erfolgte zuerst am 24. Januar 1950 durch einen Beschluss des Politbüros der SED, den Beschluss zur Bildung des MfS. Rechtkräftig wurde dieser Gründungsakt am 8. Februar 1950 Dank der einstimmigen Bestätigung durch die Volkskammer der DDR. Als Leiter und Minister wurde acht Tage später Wilhelm Zaisser eingesetzt; der später so berüchtigte Erich Mielke fungierte als Zaissers Stellvertreter. Da man dem MfS Unfähigkeit im Zusammenhang mit dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 vorwarf, wurde ihm der Ministeriumsrang aber zunächst genommen.
Erst am 24. November 1955 erhielt die Staatssicherheit diesen Rang zurück. Zudem kam zu diesem Zeitpunkt noch die Hauptverwaltung Aufklärung - der Auslandsnachrichtendienst - hinzu, dessen Leiter und einer der Stellvertreter Mielkes von 1956 bis 1986 Markus Wolf war. Zaisser hingegen wurde wegen "parteifeindlicher fraktioneller Tätigkeit“ abgesetzt, aus dem Zentralkomitee der SED und später sogar aus der SED ausgeschlossen. Erich Mielke konnte nach einer Überprüfung unter dem neuen Minister Ernst Wollweber sein Amt behalten. Nach dem Volksaufstand in Ungarn 1956 geriet Wollweber in eine offene Konfrontation mit Walter Ulbricht und wurde1957 durch Erich Mielke ersetzt. Dieser leitete als Minister und ab 1980 im Rang eines Armeegenerals das MfS bis zum 7. November 1989. Berühmt ist sein kläglicher Auftritt vor der Volkskammer, als er äußerte: "Ich liebe euch doch alle!" Das MfS hatte bis zu 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter und etwas weniger als 200.000 so genannte IMs, also Informelle Mitarbeiter.
Schild und Schwert der Partei |
Nach der Wende wurde Erich Mielke im Jahre 1993 zu sechs Jahren Haft verurteilt, nicht aber wegen seiner Tätigkeiten bei der Stasi, sondern kurioserweise wegen eines Doppelmordes im Jahre 1931. Schon 1995 aber kam er auf Bewährung frei und verstarb am 21. Mai 2000 hochbetagt in einem Altenpflegeheim in Berlin. Am 6. Juni 2000 wurde er - seinem Wunsch entsprechend - in einem Urnengrab auf dem Zentralfriedhof in Berlin Friedrichsfelde beigesetzt.
Markus Wolf wurde 1993 durch das Oberlandesgericht Düsseldorf wegen Landesverrats in Tateinheit mit Bestechung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Das Urteil wegen Landesverrats wurde aber vom Bundesverfassungsgericht mit der Begründung wieder aufgehoben, dass die Spionage im Auftrag des souveränen Staates "DDR" im Einklang mit ihren Gesetzen dieses Staates erfolgt sei. Wolf wurde aber dennoch 1997 zu zwei Jahren auf Bewährung wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und Körperverletzung in vier Fällen verurteilt. Er starb am 9. November in Berlin. Seine Urne wurde am 25. November 2006 im Grab seines Bruders Konrad auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde im Bezirk Berlin-Lichtenberg beigesetzt.
Es gibt in Berlin zwei wichtige Gedenkstätten, die sich mit der Stasi und dem MfS beschäftigen:
Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen
(frühere zentrale Haft- und Untersuchungsanstalt)
Genslerstraße 66
13 055 Berlin
Tel.: 0049 - (0)30 - 9860-8230
Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße
- Stasimuseum Berlin -
(in der früheren Zentrale des MfS - Sitz von Erich Mielke)
Ruschestraße 103, Haus 1
10 365 Berlin-Lichtenberg
Tel.: 0049 - (0)30) - 553 68 54
Fax: 0049 - (0)30) - 553 68 53
Mo-Fr: 11.00 - 18.00 Uhr
Sa und So: 14.00 - 18.00 Uhr
eMail: info@stasimuseum.de
Der Träger dieser Forschungs- und Gedenkstätte ist keine Stiftung, sondern der private "Verein Antistalinistische Aktion Berlin-Normannenstraße e. V." (ASTAK). Der Verein wurde im Sommer 1990 von Bürgerrechtlern mit dem Ziel ins Leben gerufen, eine Gedenkstätte als Zentrum zur Sammlung, Bewahrung, Dokumentation, Aufarbeitung und Ausstellung von Sachzeugnissen sowie themenbezogener Forschungsarbeit zur DDR zu gründen und zu unterhalten. Die Gedenkstätte befindet sich in den Räumen des früheren MfS, in teilweise bis zu 12-geschossigen Plattenbauten, die um einen großen Innenhof herum errichtet wurden. Das gesamte Gelände wird von der Frankfurter Allee, der Magdalenenstraße, der Normannenstraße und der Ruschestraße umrandet. In den Gebäuden befinden sich derzeit u.a. ein Ärztehaus, das Finanzamt von Lichtenberg, eine Apotheke, eine Bank sowie die Deutsche Bahn.
Der 17. Juni 1953
Wenn man in Deutschland vom 17. Juni 1953 spricht, so ist damit kein singuläres Ereignis gemeint. Vielmehr bezieht man sich dabei auf eine Reihe von Demonstrationen, Streiks und Protesten, die sich allesamt um den 17. Juni 1953 in der Deutschen Demokratischen Republik ereignet hatten. Gerne werden dafür auch Begriffe wie Volks- oder Arbeiteraufstand verwendet.
© goruma (B.Ramm)
Der Hintergrund dieser Proteste muss schon im Jahre 1952 gesucht werden, als die DDR-Führung unter der Führung von Walter Ulbricht den planmäßigen Aufbau des Sozialismus als dringendste Aufgabe des jungen deutschen Staates verkündete und anschließend einen schnellen und starren Prozess der gesellschaftlichen Sowjetisierung einleitete: Einige Maßnahmen dieser Sowjetisierung waren etwa die Verwaltungsreform noch im gleichen Jahr, der verschärfte Kurs gegen die Kirchen sowie insbesondere die Maßnahmen gegen Bauern und kleinere Mittelständler zur Aufgabe ihrer Selbstständigkeit. Verschärft wurde dieses Vorgehen durch einen Beschluss des Zentralkomitees (ZK) der SED vom 28. Mai 1953: Darin wurde eine gewaltige Erhöhung der Arbeitsnormen festgelegt.
Obwohl die Einheitspartei schon am 11. Juni wieder einige Erleichterungen v.a. für den bürgerlichen Mittelstand und die Bauern in Aussicht gestellt hat, kam es am 16. Juni zu Streiks auf den beiden Berliner Großbaustellen in der Stalinallee (heute Karl-Marx-Allee) und am Krankenhausneubau in Berlin-Friedrichshain. Diesem Protestzug zum DDR-Regierungssitz folgten am 17. Juni 1953 flächendeckende Proteste in der ganzen DDR nach, die nun von sowjetischen Einheiten auf brutalste Weise erstickt wurden. Es wurde der Ausnahmezustand für die meisten Landkreise der DDR ausgerufen. Für Berlin endete dieser Ausnahmezustand erst am 11. Juli 1953.
Nach dem Aufstand vom 17. Juni 1953, den die DDR-Führung übrigens als ein Werk „faschistischer Agenten ausländischer Mächte“ abgetan hat, hatten die Menschen in der DDR lernen müssen, mit wem sie es mit dieser Führung zu tun hatten. Hier sind auch (die) Gründe dafür zu suchen, dass es danach bis zu jenem berühmten Herbst im Jahre 1989 zu keinen großen, organisierten Aufständen in der DDR gekommen ist. So lange man davon ausgehen musste, dass die UdSSR (mit Waffengewalt) hinter der DDR-Regierung stand, so lange musste ein Massenprotest – so friedlich er auch immer abläuft – lebensgefährlich sein. Daran erinnerten die 55 Todesopfer des 17. Junis 1953, die aufgrund von historischen Quellen belegt werden können. Bis zum 20 Juni wurden zudem ca. 6.000 Menschen verhaftet, von denen ca. 1.600 zum Tode oder zu Haftstrafen verurteilt wurden. Wahrscheinlich kamen zusätzlich bis zu 1.000 Menschen in sowjetische Arbeitslager. Eine der fanatischsten Kommunisten der damaligen Zeit war u.a. die Justizministerin Hilde Benjamin. Besonders erwähnenswert ist, dass die wegen der Vorkommnisse um den 17. Junis Verurteilten während der Haft ein großes X auf ihrer Häftlingskleidung tragen mussten - wem fällt da nicht der Judenstern der Nazis ein.
An den 17. Juni 1953 erinnert in Berlin u.a. noch die gleichnamige Straße, die vom Ernst Reuter Platz bis hin zum Brandenburger Tor verläuft.
Der 17. Juni 1953
Wenn man in Deutschland vom 17. Juni 1953 spricht, so ist damit kein singuläres Ereignis gemeint. Vielmehr bezieht man sich dabei auf eine Reihe von Demonstrationen, Streiks und Protesten, die sich allesamt um den 17. Juni 1953 in der Deutschen Demokratischen Republik ereignet hatten. Gerne werden dafür auch Begriffe wie Volks- oder Arbeiteraufstand verwendet.
© goruma (B.Ramm)
Der Hintergrund dieser Proteste muss schon im Jahre 1952 gesucht werden, als die DDR-Führung unter der Führung von Walter Ulbricht den planmäßigen Aufbau des Sozialismus als dringendste Aufgabe des jungen deutschen Staates verkündete und anschließend einen schnellen und starren Prozess der gesellschaftlichen Sowjetisierung einleitete: Einige Maßnahmen dieser Sowjetisierung waren etwa die Verwaltungsreform noch im gleichen Jahr, der verschärfte Kurs gegen die Kirchen sowie insbesondere die Maßnahmen gegen Bauern und kleinere Mittelständler zur Aufgabe ihrer Selbstständigkeit. Verschärft wurde dieses Vorgehen durch einen Beschluss des Zentralkomitees (ZK) der SED vom 28. Mai 1953: Darin wurde eine gewaltige Erhöhung der Arbeitsnormen festgelegt.
Obwohl die Einheitspartei schon am 11. Juni wieder einige Erleichterungen v.a. für den bürgerlichen Mittelstand und die Bauern in Aussicht gestellt hat, kam es am 16. Juni zu Streiks auf den beiden Berliner Großbaustellen in der Stalinallee (heute Karl-Marx-Allee) und am Krankenhausneubau in Berlin-Friedrichshain. Diesem Protestzug zum DDR-Regierungssitz folgten am 17. Juni 1953 flächendeckende Proteste in der ganzen DDR nach, die nun von sowjetischen Einheiten auf brutalste Weise erstickt wurden. Es wurde der Ausnahmezustand für die meisten Landkreise der DDR ausgerufen. Für Berlin endete dieser Ausnahmezustand erst am 11. Juli 1953.
Nach dem Aufstand vom 17. Juni 1953, den die DDR-Führung übrigens als ein Werk „faschistischer Agenten ausländischer Mächte“ abgetan hat, hatten die Menschen in der DDR lernen müssen, mit wem sie es mit dieser Führung zu tun hatten. Hier sind auch (die) Gründe dafür zu suchen, dass es danach bis zu jenem berühmten Herbst im Jahre 1989 zu keinen großen, organisierten Aufständen in der DDR gekommen ist. So lange man davon ausgehen musste, dass die UdSSR (mit Waffengewalt) hinter der DDR-Regierung stand, so lange musste ein Massenprotest – so friedlich er auch immer abläuft – lebensgefährlich sein. Daran erinnerten die 55 Todesopfer des 17. Junis 1953, die aufgrund von historischen Quellen belegt werden können. Bis zum 20 Juni wurden zudem ca. 6.000 Menschen verhaftet, von denen ca. 1.600 zum Tode oder zu Haftstrafen verurteilt wurden. Wahrscheinlich kamen zusätzlich bis zu 1.000 Menschen in sowjetische Arbeitslager. Eine der fanatischsten Kommunisten der damaligen Zeit war u.a. die Justizministerin Hilde Benjamin. Besonders erwähnenswert ist, dass die wegen der Vorkommnisse um den 17. Junis Verurteilten während der Haft ein großes X auf ihrer Häftlingskleidung tragen mussten - wem fällt da nicht der Judenstern der Nazis ein.
An den 17. Juni 1953 erinnert in Berlin u.a. noch die gleichnamige Straße, die vom Ernst Reuter Platz bis hin zum Brandenburger Tor verläuft.
Einige Aufständische des 17. Juni 1953
Alfred Dartsch (1910-1953)
Der aus Liegnitz im heutigen Polen stammende Alfred Dartsch wurde wegen seiner Teilnahme an der Erstürmung des Gefängnisses Sudenburg im Südwesten Magdeburgs vor ein sowjetisches Militärtribunal gestellt. Nach einem nur wenige Minuten dauernden "Gerichtsverfahren" wurde er zum Tode verurteilt und von Volkspolizisten in Magdeburg standrechtlich erschossen.
Alfred Diener (1927-1953)
Der aus Jena stammende Alfred Diener wurde ebenfalls durch ein sowjetisches Militärtribunal zum Tode verurteilt und am 18. Juni 1953 in Weimar im Gebäude der sowjetischen Kommandantur standrechtlich erschossen. Am 18. Juni 1996 wurde ihm zu Ehren an der Fassade des Hinrichtungsortes - der heutigen Polizeiinspektion - eine Gedenktafel enthüllt.
Erna Dorn (1911-1953)
Sie wurde als Rädelsführerin des Aufstandes eingestuft, zum Tode verurteilt und enthauptet.
Max Fechner (1892-1973)
Der damalige Justizminister Max Fechner wandte sich gegen die Strafverfolgung streikender Arbeiter und wurde deshalb zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt.
Willi Göttling (1918-1953)
Der aus Westberlin stammende Willi Göttling wurde am 18. Juni 1953 in Ostberlin auf Anweisung der militärischen Führung der "Gruppe der sowjetischen Besatzungsmacht" an einen unbekannten Ort gebracht und dort standrechtlich erschossen.
Ernst Jennrich (1911-1954)
Ernst Jenning wurde wegen seiner Beteiligung am Aufstand zum Tode verurteilt und enthauptet.
Günter Mentzel (1936-2007)
Bauarbeiter und Streikführer von Block 40 der Stalinallee.
Paul Othma (1905-1969)
Elektriker, Sprecher des Streikkomitees in Bitterfeld. Er wurde zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt und starb nach mehr als elf Jahren an den Folgen der Haft.
Karl-Heinz Pahling (1927-1999)
Bauarbeiter und alter Streikführer. Er wurde zu zehn Jahre Zuchthaus verurteilt.
Herbert Strauch (1917-1953)
Herbert Stauch wurde am 18. Juni 1953 von einem sowjetischen Militärgericht zum Tode verurteilt und in Magdeburg auf dem Hof der Strafvollzugsanstalt Sudenburg hingerichtet. Dazu wurde er von drei sowjetischen Soldaten in eine Ecke des Gefängnishofes geführt, wo er dann von zwei deutschen Volkspolizisten mittels Genickschuss getötet wurde. Seine Leiche wurde wahrscheinlich im Heizungskeller des Gefängnisses verbrannt. Im Jahr 2003 wurde ein Teil der Halleschen Straße, die sich gegenüber der früheren Bezirksdirektion der Volkspolizei (BDVP) - dem heutigem Innenministerium - befindet, in Herbert-Stauch-Straße umbenannt.
Opposition in der DDR
© goruma (B.Ramm)
In der DDR existierte keine wirklich organisierte Oppositionsbewegung. Auch der "Aufstand" vom 17. Juni 1953 war spontan und größtenteils unorganisiert. Es gab allenfalls hier und dort einige Personen, die man als Oppositionelle bezeichnen konnte. Die meisten äußerten ihren Unmut aber vielmehr darin, dass sie die DDR verließen oder es zumindest versuchten. Kritische Stimmen fand man zudem in den Kirchen, die aber fast immer im Rahmen des gerade noch geduldeten Widerspruchs stattfanden. Die meisten DDR-Bürger aber fanden sich nach dem Mauerbau mit den Gegebenheiten ab und äußerten ihren Unmut allenfalls im privaten Umfeld. Zu einer wirklichen Oppositionsbewegung kam es erst, als in Leipzig die Menschen bei ihren Montagsdemonstrationen auf die Straßen gingen.
Am 04. September 1989 kam es in Leipzig zur ersten der so genannten Montagsdemonstrationen, die einen kaum zu überschätzenden Anteil an der politischen Wende in der DDR in sich getragen haben und schon bald auch auf andere ostdeutsche Städte wie Dresden, Halle, Karl-Marx-Stadt (= Chemnitz), Magdeburg, Plauen, Rostock und Schwerin übergriffen. Hauptinhalt dieser regelmäßig stattfindenden Massendemonstrationen, die von Hunderttausenden DDR-Bürgern mit dem Ruf "Wir sind das Volk" besucht worden sind, war der Protest gegen die politischen Verhältnisse in der DDR. Gefordert wurden u.a. eine demokratische Neuordnung auf friedlichem Wege, Reisefreiheit sowie das Ende der Einparteiherrschaft der SED.
Ihren Ausgangspunkt haben die Montagsdemonstrationen aus den Friedensgebeten in der Leipziger Nikolaikirche heraus genommen. Diese waren seit Mitte der 1980er Jahre geführt worden unter der maßgeblichen Leitung durch die Pfarrer Christian Führer und Christoph Wonneberger. Handelte es sich bei der ersten Montagsdemonstration in Leipzig auf dem Nikolaikirchhof am 04. September 1989 aber noch um eine eher kleinere Kundgebung, so wuchs diese Protestbewegung schnell zu einem breiten Massenprotest an, gegen den die Sicherheitskräfte der DDR teilweise mit Härte vorgingen. Beim ersten richtigen Massenprotest in Leipzig – etwa 70.000 Menschen waren an diesem 09. Oktober 1989 auf der Straße – blieben harte Gegenmaßnahmen durch die DDR-Sicherheitskräfte aber aus, zumal sich auch sechs bekannte Leipziger für einen friedlichen Umgang mit den Demonstranten ausgesprochen haben. Zu diesen Personen gehörte bspw. auch der Gewandhauskapellmeister Kurt Masur.
Trotz der Massenproteste auf den Straßen so vieler Städte der DDR ließ sich die Führungsriege unter Erich Honecker nicht davon abhalten, zu den Feiern anlässlich des 40. Jahrestag des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik zu laden. Aller Anschein von Demonstrationen wurde von der offiziellen Staatsparade und ihren hohen Besuchern ferngehalten. Die für die SED-Führung fast tragisch-komische Situation hatte Michael Gorbatschow am 5. Oktober 1989 am besten beschrieben, als er auf dem Flughafen zu Erich Honecker sagte:
„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben! [...] Ich glaube, Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren.“ |
Die folgenden Montagsdemonstrationen in Leipzig wurden von immer mehr Menschen besucht, so dass es am 16. Oktober 1989 schon 120.000 und am 23. Oktober unglaubliche 320.000 Demonstranten waren, die unter Rufen wie „Keine Gewalt“ für ihre Rechte stritten. Am 4. November 1989 kam es auf dem Alexanderplatz in Berlin mit ca. 500.000 Menschen zu einer der größten Massendemonstrationen, die je in der DDR stattgefunden hatten. Und am 9. November kam es im Anschluss an die spektakuläre Pressekonferenz mit Günther Schabowski im Presseamt beim Ministerrat der DDR in der Mohrenstraße de facto zur Grenzöffnung. Bis zum März 1990 hielten diese Protestmärsche noch an. Sie endeten also kurz nach den ersten (und auch letzten) freien Wahlen zur Volkskammer der DDR.
Am 4. November fand in Berlin auf dem Alexanderplatz mit ca. einer Million Menschen die größte Demonstration in der Geschichte der DDR statt. Die Initiative dazu ging von den Schauspielern und Mitarbeitern der Ost-Berliner Theater aus. Wegen der Übergriffe der Volkspolizei und der STASI gegen Demonstranten während der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR fand am 15. Oktober 1989 eine Zusammenkunft der Theaterschaffenden statt, auf der als erste die Schauspielerin Jutta Wachowiak (geb. 1940) den Vorschlag für eine Demonstration zur Demokratisierung der DDR machte. Daraufhin stellten am 17. Oktober Theaterschaffende den Antrag auf Genehmigung einer Demonstration. Überraschenderweise wurde dem Antrag am 26. Oktober stattgegeben. Auf der Demonstration traten dann zahlreiche Menschen vor das Millionenpublikum, so etwa Stefan Heym, Gregor Gysi, Günter Schabowski, Jan Josef Liefers und sogar der Chef der DDR-Auslandsspionage Markus Johannes (Mischa) Wolf (1923-2006). Diese friedliche und machtvolle - und eine von der Staatsführung unabhängige - Demonstration ist neben den Ereignissen um den 9. November leider etwas in Vergessenheit geraten.
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Revolutionsstelen
An verschiedenen Orten in Berlin wurden bis September 2010 von der Robert-Havemann-Gesellschaft insgesamt 18 Revolutionsstelen als Informationssäulen aufgestellt, die an die friedliche Revolution von1989/1990 erinnern sollen. Die erste Stele wurde am 7. Oktober 2009 vor der Gethsemanekirche im Prenzlauer Berg im Bezirk Berlin-Pankow aufgestellt.
Die anderen siebzehn Stelen:
- Alexanderplatz
- Bekenntniskirche
- Dietrich-Bonhoeffer-Haus
- Elisabethkirche
- Görlitzer Straße
- Haus der Demokratie
- Haus des Rundfunks
- Kollwitzplatz
- Früheres Presseamt beim Ministerrat der DDR
- Potsdamer Straße
- Rathaus Schöneberg
- Ruschestraße
- Samariterkirche
- Schlossplatz
- Frühere Ständige Vertretung
- Teutoburger Platz
- Zionskirche
Havemann-Gesellschaft e.V.
Schliemannstraße 23
10437 Berlin
Tel.: 0049 -(0)30 - 447108-0
www.havemann-gesellschaft.de
Der Mauerbau 1961
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Die Republikflucht war eines der größten Probleme der DDR. Bis zum Jahre 1956 etwa, haben geschätzte 1.720.000 Menschen die DDR verlassen, worauf die Regierung in Ostberlin mit einem neuen Passgesetz reagierte, das die Republikflucht offiziell als kriminelle Handlung einstufte.
Aber auch vorher schon war es aufgrund von erforderlichen Interzonenpässen nicht ganz unproblematisch, die deutsch-deutsche Grenze zu passieren, die seit 1952 durch Zäune, Alarmanlagen und Polizeischutz „gesichert“ worden war. Trotz der nun 1956 ausgesprochenen Kriminalisierung des Verlassens der DDR stieg die Zahl der Ausreisen bis 1961 derart drastisch an, dass insgesamt zwischen 1949 und 1961 ca. 3.500.000 (teilweise sehr gut ausgebildete) Menschen den Arbeiter- und Bauernstaat verlassen haben.
Die berühmt-berüchtigte Berliner Mauer nun war eine Reaktion auf diese Abwanderungsströme, wobei dafür Überlegungen aufgegriffen worden sind, die bereits im Jahre 1952 von der SED-Führung diskutiert worden sind.
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten |
Diese Antwort des damaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden, Walter Ulbricht, auf die Frage der Journalistin Annamarie Doherr (Frankfurter Rundschau) vom 15. Juni 1961 ist aufgrund der Ereignisse, die zwei Monate später folgen sollten, in die deutsche Geschichte eingegangen. Selten wirkt ein Zitat im Nachhinein heute derart zynisch wie dieses.
Am 13. August 1961 war es dann so weit, dass der geheim gehaltene Plan namens "Rose" zum Bau einer Mauer in Berlin in die Tat umgesetzt werden konnte. Auf ausdrücklichen Befehl der SED-Regierung errichteten Bauarbeiter unter Überwachung durch NVA-Soldaten und Volkspolizisten das Bauwerk, das Deutschland für die nächsten 28 Jahre teilen sollte. Es begann um 01:00 Uhr am 13. August als Betriebskampfgruppen, Volkspolizei und NVA begannen, die Übergänge nach Westberlin zu sperren. Erst durch das Aufreißen der Straßen und dann mit Hilfe von Stacheldraht.. Die Westmächte gaben sich von diesem Vorhaben später gänzlich überrascht, auch wenn man davon ausgehen darf, dass sie von dem Bau der Mauer gewusst und ihn sogar gebilligt haben, denn damit löste sich – wenn auch auf unschöne Art und Weise – die kritische Grenzsituation in Berlin, die immer wieder die Gefahr militärischer Aktionen zwischen Ost- und West-Blöcken befürchten ließ.
Die Mauer konnte auch nur mit Billigung der UdSSR errichtet werden. Ohne eine solche wäre sie nie Realität geworden. Walter Ulbricht hatte vom damaligen russischen Generalsekretär Chruschtschow daher grünes Licht gebraucht und auch erhalten, die deutsch-deutschen Grenzen zu schließen. Die Ergebnisse dieser so genannten Moskauer Beratung wurden am 11. August von der Volkskammer der DDR gebilligt, wobei der Ministerrat der DDR mit allen entsprechenden Maßnahmen zur „Abriegelung des Ostsektors von Berlin und der SBZ“ ausgestattet wurde. So riegelten zwischen dem 12. und dem 13. August 1961 etwa 15.000 NVA-Soldaten, Volks- und Grenzpolizisten alle Straßen und Gleise nach West-Berlin ab, so dass alle noch existenten Verkehrsverbindungen nach „drüben“ unterbrochen waren. Wer damals gerade in einer Westberliner S- oder U-Bahn Richtung DDR gesessen hat, fand nur noch im Bahnhof Friedrichstraße eine Möglichkeit zum Verlassen des Zuges auf ostdeutschem Boden. Das gesamte Vorgehen der Grenzabriegelung wurde von sowjetischen Truppen überwacht und „gesichert“. Verantwortlich für die Planung und die Umsetzung des Mauerbaus war Erich Honecker, damals noch ZK-Sekretär für Sicherheitsfragen.
Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass die Mauer nicht nur an einem einzigen Tag erbaut worden ist. Es gab sozusagen vier Generationen der Mauer, wobei die letzte um 1974 fertig gestellt wurde und in Berlin eine Länge von 168 km besaß. Damals gab es kurz nach dem 13. August durchaus noch Spielraum für erfolgreiche Fluchtversuche: Man erinnert sich an die Fernsehbilder von Menschen, die einen solchen Sperrzaun überwinden konnten oder es versuchten, aus Fenstern in den „Westen“ zu springen, da alle Eingangstüren und unteren Fenster des Wohnhauses zugemauert worden waren. Man geht davon aus, dass von 400 Fluchtversuchen 216 gelungen sind. Und auch Sicherheitskräfte verließen die DDR und desertierten. Man spricht dabei von etwa 85 Personen. Prominentester Fluchtversuch diesbezüglich ist der des Grenzpolizisten Conrad Schumann.
Ida Siekmann war eines der ersten Opfer der Berliner Mauer, sie war am 22. August 1961 aus einem Fenster in der Bernauer Straße gesprungen und später ihren Verletzungen erlegen. Der erste von mindestens 136 an der Grenze in Berlin Erschossenen war der 21 Jahre alte Günter Litfin, der am 24. August 1961 im Humboldthafen in der Nähe der Charité von Grenzsoldaten erschossen wurde. Eine Gedenktafel gegenüber dem Hamburger Bahnhof erinnert an seinen Tod. Aber auch das sei erwähnt: Der erste nach dem Mauerbau getötete DDR-Grenzsoldat war Jörgen Schmidtchen, der am 18. April 1962 von zwei fahnenflüchtigen Kameraden erschossen wurde.
Gedenkstätte Berliner Mauer
Die Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße im heutigen Bezirk Mitte-Wedding gehört zur Stiftung Berliner Mauer, die durch einen Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses vom 17. September 2008 als (rechtsfähige) Stiftung des öffentlichen Rechts errichtet wurde. Zur der Stiftung gehört zudem noch die "Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde". Hier findet man u.a. noch Originalteile der ehemaligen Grenzanlage mit einem der Wachttürme sowie ein Dokumentationszentrum. Die Gedenkstätte erstreckt sich an der Bernauer Straße auf einer Länge von 1.400 m von der Gartenstraße bis hin zur Schwedter Straße.
Gedenkstätte Berliner Mauer
Bernauer Straße 111/119
13 355 Berlin
Tel.: 0049 - (0)30 - 467 98 66 66
Fax: 0049 - (0)30 - 467 98 66 77
Öffnungszeiten
April - Oktober: Di. - So. 09:30 - 19:00 Uhr
Nov. - März: Di. - So. 09:30 - 18:00 Uhr
Checkpoint Charlie, Mauermuseum
An dieser Stelle befand sich bis zur Grenzöffnung ein US-amerikanischer Checkpoint (= Kontrollpunkt), der mit "Charlie" - nach dem dritten Buchstaben des Alphabets - bezeichnet war. Der Checkpoint Charlie war zwischen 1961 und 1990 einer der bekanntesten Berliner Grenzübergänge zwischen dem West- und Ostteil der Stadt. Er verband den sowjetischen mit dem US-amerikanischen Sektor und war im August 1961 unmittelbar nach dem Mauerbau eingerichtet worden. Hier durften allerdings nur alliierte Militär- und Botschaftsangehörige, Ausländer und später auch Mitarbeiter der "Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland" sowie DDR-Funktionäre passieren. Am 13. August 2000 wurde eine originalgetreue Rekonstruktion der ersten Kontrollbaracke aufgestellt, nachdem die Originalbaracke am 22. Juni 1990 mit der Schließung des Kontrollpunktes entfernt wurde.
Checkpoint Alpha befand sich übrigens am Grenzübergang Helmstedt-Marienborn und Checkpoint Bravo am Grenzübergang Dreilinden-Drewitz.
Heutzutage ist der Bereich um den Checkpoint in der Friedrichstraße ein Touristenmagnet ersten Ranges, wo sich Interessierte zusammen mit "Soldaten" in US-Uniformen fotografieren lassen und Souvenirs erstehen können - von DDR-Militäruniformen oder Teilen davon, Gasmasken, Abzeichen, Ehrenzeichen bis hin zu sowjetischen Militär-Pelzmützen. Wenige 100 Meter vom Kontrollpunkt entfernt wurde am 17. August Peter Fechter niedergeschossen, der, schwer verletzt, erfolglos nach Hilfe rief und vor den Augen zahlreicher Zuschauer, die von Westberlin aus Zeugen des Geschehens wurden, verblutete.
In unmittelbarer Nähe des Kontrollpunktes in der Friedrichstraße befindet sich das am 14. Juni 1963 eröffnete "Mauermuseum – Haus am Checkpoint Charlie". Die Gründung geht auf den Historiker Rainer Hildebrandt zurück. Neben Fotos und den Dokumentationen geglückter Fluchtversuche werden hier auch zahlreiche Fluchtmittel wie Heißluftballons, Fluchtautos, Sessellifte und sogar ein Mini-U-Boot gezeigt. Betreiber dieses stets sehr gut besuchten Museums ist die bereits 1963 gegründete "Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V." Derzeit wird das Museum von Alexandra Hildebrandt geleitet, der 1959 in Kiew geborenen Witwe des am 9. Januar 2004 verstorbenen Gründers.
Mauermuseum – Haus am Checkpoint Charlie
Friedrichstraße 43-45
10 969 Berlin
Tel.: 0049 - (0)30 - 25 37 25 - 0
info@mauermuseum.de
Opfer und Gegner des DDR-Regimes
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Die Zahl der an der Berliner Mauer zu Tode gekommenen Menschen ist umstritten. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Ansichten, wer als Maueropfer anzusehen ist und wer nicht, stark differieren.
Die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße zwischen Prenzlauer Berg und Wedding listet 128 Todesopfer sowie 8 DDR-Grenzsoldaten auf. Die DDR-Grenzer kamen durch flüchtende Kameraden, einen Flüchtling, einen Fluchthelfer sowie durch einen West-Berliner Polizisten ums Leben.
Auch dieser jungen und unschuldigen Opfer sei gedacht.
Es würde diese Darstellung wahrscheinlich nahezu unlesbar machen, wenn wir alle DDR-Opfer oder -Gegner vorstellen würden. Nach dem Motto "Weniger ist oft mehr" haben wir einige Prominente ausgewählt und stellvertretend für viele andere, oft unbekannte oder mittlerweile vergessene Opfer vorgestellt. Aber auch besonders tragische Fälle und insbesondere die ermordeten Kinder finden Sie hier.
Wolf Biermann (geb. 1936)
Manche sagen, dass die Ausbürgerung von Biermann im November 1976 der Anfang vom Ende der DDR war.
Der Liedermacher und Lyriker Biermann wurde am 15. November 1936 in Hamburg als Sohn eines jüdisch-kommunistischen Werftarbeiters geboren. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges besuchte er das Heinrich-Hertz-Gymnasium in Hamburg und trat den kommunistischen Jungen Pionieren bei, wobei er 1950 die Bundesrepublik Deutschland beim 1. Deutschlandtreffen der Jugend in der DDR vertrat. Nach dem Ende der Schule siedelte er 1953 aus Überzeugung in die DDR über. Bis 1955 lebte er in einem Internat in Gadebusch bei Schwerin, um danach dann Politische Ökonomie an der Humboldt-Universität in Berlin zu studieren. Von 1957 bis 1959 war er als Regieassistent am Berliner Ensemble tätig. Bis 1963 studierte er dann Philosophie und Mathematik an der Humboldt-Universität. Hans Eisler, den Biermann im Jahre 1960 kennen lernte, hatte einen starken Einfluss auf ihn, so dass er begann, Gedichte und Lieder zu schreiben. 1961 gründete Biermann in Ost-Berlin das Berliner Arbeiter-Theater. Das Stück "Berliner Brautgang", das vom Mauerbau handelte und von ihm inszeniert worden war, wurde verboten. 1963 musste dann das Theater geschlossen werden.
Im April 1965 trat Biermann mit seinen Liedern in einem Kabarett-Programm von Wolfgang Neuss in Frankfurt am Main auf. Im selben Jahr veröffentlichte er den Lyrikband "Die Drahtharfe" im westdeutschen Verlag Klaus Wagenbach. Daraufhin wurde im Dezember nicht nur ein Auftritts- und Publikationsverbot in der DDR gegen ihn verhängt; vielmehr arbeitete das MfS sogar ein Plan zur "Zersetzung" seiner Person" aus. Resultat dieser Maßnahmen gegen ihn war es, dass Biermann seine Werke praktisch nur noch in der Bundesrepublik veröffentlichen konnte - mit einer folgenden illegalen Verbreitung in der DDR. Eine humoristische Kuriosität war Biermanns Auftritt im September 1976, der erste nach 11 Jahren: Das Konzert in der Prenzlauer Nicolaikirche war aber nur deshalb möglich, weil die Stasi ihn mit dem dort regelmäßig auftretenden Kantor Biermann verwechselt hatte.
Im Jahr 1976 unternahm Biermann auf Einladung der IG Metall eine Konzertreise durch die Bundesrepublik Deutschland; dazu hatten ihm die Behörden der DDR eine Reisegenehmigung erteilt. Sein erstes Konzert am 13. November, das vom Dritten Fernsehprogramm des WDR live übertragen wurde, fand in der Kölner Sporthalle statt. Dieses Konzert, in dem Biermann unverblümt Kritik an der DDR geübt hatte, diente dem Politbüro der SED als Vorwand für seine Ausbürgerung. Als Begründung wurde die "grobe Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten“ genannt. Es ist höchstwahrscheinlich, dass die Maßnahme gegen Biermann bereits vor der Besuchsgenehmigung von der SED geplant worden war.
Mit Biermanns Ausbürgerung nahmen alle Hoffnungen auf eine Liberalisierung innerhalb der DDR ein jähes Ende. So veröffentlichten am 17. November 1976 dreizehn bekannte DDR-Schriftsteller einen von Stephan Hermlin und Stefan Heym formulierten offenen Brief an die DDR-Führung, in dem sie diese aufforderten, die Ausbürgerung Biermanns rückgängig zu machen. Es muss nicht extra erwähnt werden, dass dieses Unterfangen erfolglos blieb!
Wolf Biermann lebt heute in Berlin. Am 26. März 2007 erhielt er als 115. die Ehrenbürgerwürde der Stadt, darüber machte ihn die Humboldt-Universität am 7. November 2008 zum Ehrendoktor.
Pfarrer Oskar Brüsewitz (1929-1976)
Oskar Brüsewitz wurde am 30. Mai 1929 als drittes Kind einer Handwerkersfamilie in Willkischken im Memelland im heutigen Litauen geboren. Der evangelische Pfarrer Brüsewitz erregte mit seiner öffentlichen Selbstverbrennung im Jahre 1976 in Zeitz ein enormes Aufsehen und nahm post mortem einen bedeutenden Einfluss auf die Kirche sowie auf die spätere Opposition in der DDR.
Doch wer war Oskar Brüsewitz? Nach Beendigung der Volksschule begann er 1943 eine kaufmännische Lehre, die er aber 1944 kriegsbedingt abbrechen musste. Nach seiner Flucht wurde er in Warschau zur Wehrmacht eingezogen. Gegen Ende des Krieges kam er in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Herbst 1945 in die Sowjetische Besatzungszone entlassen wurde. Von 1945 bis 1947 absolvierte er in der Nähe von Chemnitz, wo er mittlerweile zusammen mit seiner Mutter lebte, eine Lehre als Schuhmacher. Nach der erfolgreichen Beendigung der Lehre zog er in die Nähe von Osnabrück, wo er eine eigene Schuhmacherwerkstatt aufmachte und 1951 die Schuhmachermeisterprüfung ablegte. Im selben Jahr heiratete er und zog nach Hildesheim. Aber bereits nach etwa drei Jahren wurden die Eheleute geschieden. Danach zog Brüsewitz nach Weißenfels in der DDR. Dort wurde er zum Christen und bewarb sich daraufhin an der Predigerschule Wittenberg. Wegen einer schweren Erkrankung musste er diese Ausbildung jedoch abbrechen. Nach seiner Genesung zog er nach Leipzig und eröffnete im nahe gelegenen Markkleeberg eine Schuhmacherwerkstatt. Hier heiratete er zum zweiten Mal. Von 1964 bis 1969 besuchte er erneut eine Predigerschule, diesmal in Erfurt. Er vollendete die Ausbildung erfolgreich und wurde im Jahr 1970 evangelisch-lutherischer Pfarrer im Kreis Zeitz. Hier machte er sich bald einen Namen in der Jugendarbeit und durch Protestaktionen gegen das kommunistische System. Wegen der zunehmenden Konflikte mit den staatlichen Stellen legte die Kirchenleitung Brüsewitz im Jahr 1976 sogar die Übersiedlung in den Westen nahe.
Am 18. August 1976 stellte er vor der Michaeliskirche in Zeitz zwei antikommunistische Plakate auf das Dach seines Autos, übergoss sich mit Benzin und zündete sich an. Der schwer verletzte Oskar Brüsewitz wurde danach in das Bezirkskrankenhaus Halle-Dölau gebracht, wo er am 22. August 1976 seinen Verbrennungen erlag. Am 26. August 1976 wurde er auf dem Friedhof von Rippicha beigesetzt.
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Peter Fechter (1944-1962)
Der Tod des Bauarbeiters Peter Fechter war einer der grausamsten aller sonstigen Mauertoten und fand damals ein weltweites Echo. Er wurde am 17. August 1962 bei einem Fluchtversuch angeschossen und lag schwer verletzt über eine Stunde im DDR-Grenzbereich - wo er verblutete - bevor er von DDR-Grenzsoldaten abtransportiert wurde. Er fand auf dem Friedhof der Auferstehungsgemeinde in Weißensee im heutigen Bezirk Berlin-Pankow seine letzte Ruhe. Die Eltern und Schwestern waren jahrzehntelang danach den Repressalien der DDR-Behörden ausgesetzt. Im Juli 1990 - nach der Wiedervereinigung - stellten die Schwestern Strafanzeige und brachten damit Ermittlungen in Gang, die schließlich zur Verurteilung von zwei Todesschützen zu Freiheitsstrafen von 20 und 21 Monaten führten, die natürlich - wie üblich - zur Bewährung ausgesetzt wurden. In der Zimmerstraße, etwa 50 Meter von der Kreuzung zur Charlottenstraße entfernt in der Nähe vom Checkpoint Charlie, befindet sich eine runde Gedenksäule zur Erinnerung an ihn.
Jürgen Fuchs (1950-1999)
Jürgen Fuchs wurde am 19. Dezember 1950 in Reichenbach im Vogtland im heutigen Bundesland Sachsen geboren. Schon als Schüler fiel er der DDR-Obrigkeit durch kritische Äußerungen unangenehm auf.
Zur Zeit des Prager Frühlings 1968 wurde ihm - wegen seiner Sympathieerklärungen für die dortigen Veränderungen - ein Studium verweigert. Er machte daher seinen Facharbeiter bei der Deutschen Reichsbahn. Aber aufgrund von Eingaben konnte er 1971 ein Studium der Sozialpsychologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena beginnen und sogar 1973 Mitglied der SED werden. Aber er blieb ein kritischer Geist und es war daher kein Wunder, dass er nach einem Auftritt mit Bettina Wegner und Gerulf Pannach aus der SED ausgeschlossen wurde. Die Folgen waren für seinen weiteren beruflichen Lebensweg einschneidend, da er 1975 - kurz vor seinem Diplom in Psychologie - wegen seiner Gedichte und Prosawerke zwangsexmatrikuliert wurde. Im Jahr 1974 hatte er die Psychologiestudentin Lieselotte geheiratet, die 1975 ihre Tochter Lili zur Welt brachte.
Am 17. Juni 1975 zog die Familie in das Gartenhaus von Katja und Robert Havemann nach Grünheide bei Berlin und arbeitete in einer kirchlichen Sozialeinrichtung. Nachdem er mit anderen gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann protestiert hatte, wurde er am 19. November 1976 verhaftet. Nach neun Monaten Haft im Gefängnis des MfS in Berlin-Hohenschönhausen wurde er zur Ausreise nach West-Berlin gezwungen. Hier arbeitete Jürgen Fuchs als freischaffender Schriftsteller und seit 1980 auch als Sozialarbeiter im Projekt Treffpunkt Waldstraße. Weiterhin engagierte er sich in der Friedensbewegung und unterhielt Verbindungen zur Friedens- und Bürgerrechtsbewegung in der DDR, Polen und der Tschechoslowakei. Da er für die DDR zu einer zunehmenden Bedrohung wurde, unternahm das MfS zahlreiche Versuche, ihn zum Schweigen zu bringen. So explodierte im Jahr 1986 in seinem Briefkasten eine Briefbombe, die jedoch nur geringen Schaden anrichtete. Auch wurden die Bremsschläuche seines Autos durchschnitten. Und es gab sogar Pläne, in seiner Wohnung radioaktive Substanzen zu verstecken.
Nach dem Fall der Mauer arbeitete Fuchs eine Zeit lang beim "Beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR". Er verließ dessen Beirat jedoch 1997 unter öffentlicher Anteilnahme aus Protest gegen die Tätigkeit ehemaliger Stasi-Mitarbeiter in dem Amt. Im Jahr 1999 verstarb Fuchs an Leukämie und wurde auf dem Heidefriedhof in Berlin-Tempelhof (Bezirk Tempelhof-Schöneberg) beigesetzt.
Chris Gueffroy
(1968-1989)
Ihm zu Ehren wurde am 13. August 2010 im Bezirk Treptow-Köpenick und in Gegenwart seiner Mutter die frühere Britzer Allee in Chris-Gueffroy-Allee umbenannt. Außerdem wurde im Jahr 2003 an der Stelle am Britzer Kanal, wo Gueffroy von Grenzsoldaten tödlich verletzt wurde, eine Gedenksäule errichtet. Er war das letzte Maueropfer, das durch den Einsatz von Schusswaffen ums Leben kam.
Chris Gueffroy wurde am 21. Juni 1968 in Pasewalk geboren. Im Alter von fünf Jahren kam er mit seiner Mutter nach Berlin. In der Schule wurde sein turnerisches Talent entdeckt und er kam daraufhin auf die Kinder- und Jugendsportschule des FC Dynamo Berlin. Hier machte er sich große Hoffnungen auf eine Sportkarriere. Aber gleichzeitig fühlte er sich in dem reglementierten DDR-Alltag zunehmend eingeengt
Auch seine Träume, Schauspieler oder Pilot zu werden wurden unerreichbar. Stattdessen machte er von 1985 bis 1987 eine Ausbildung zum Kellner. Bereits hier legte er sich mit Vorgesetzten wegen der politischen Situation in der DDR an. Immer stärker wuchs der Wunsch in ihm, diesen Staat zu verlassen, zumal einige aus seinem Freundeskreis dies bereits erreicht hatten. Außerdem sollte Gueffroy bis zum Mai 1989 zum Grundwehrdienst einberufen werden.
Da er von einem befreundeten Grenzsoldaten gehört hatte, dass der Schießbefehl an der Mauer aufgehoben worden sei, sah er eine gute Möglichkeit, die DDR durch Überwinden der Grenzanlagen zu verlassen. Dieses Vorhaben versuchte er, in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1989 - gemeinsam mit seinem Freund Christian Gaudian - in die Tat umzusetzen, indem er durch den Britzer Verbindungskanal von Treptow (Ost-Berlin) nach Neukölln (West-Berlin) flüchtete. Aber sie wurden vor der Überwindung des letzten Metallgitterzauns von Angehörigen der Grenztruppen der DDR entdeckt und unter Beschuss genommen. Gueffroy wurde dabei von zehn Geschossen getroffen, wobei ihn eine Kugel in die Brust traf. Infolge der schweren Verletzungen verstarb er an Ort und Stelle, während sein Freund Gaudian schwer verletzt festgenommen wurde. Nach dem Mord an ihrem Sohn war die Mutter erheblichen Repressalien der DDR-Behörden ausgesetzt.
Chris Gueffroy wurde am 23. Februar 1989 auf dem Friedhof Baumschulenweg in Berlin-Treptow beigesetzt. Die vier an den Schüssen beteiligten Grenzsoldaten wurden vom Chef des Grenzkommandos Mitte später mit dem Leistungsabzeichen der Grenztruppen und mit je 150 Mark als Prämie ausgezeichnet. Christian Gaudian wurde am 24. Mai 1989 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und bereits im September 1989 von der Bundesrepublik freigekauft.
Nach der Wiedervereinigung sprach das Landgericht Berlin zwei der Anklagten im Januar 1992 frei und verurteilte den dritten Beteiligten zu einer Bewährungsstrafe. Der Schütze, der die tödlichen Schüsse abgegeben hatte, wurde nach einer erfolgreichen Revision beim Bundesgerichtshof zu zwei Jahren Haft mit Bewährung verurteilt. In der Revision wurde auch der dritte Angeklagte freigesprochen. Der für den betroffenen Grenzabschnitt zuständige Politoffizier wurde in die Bundespolizei übernommen und später im Rang eines "Leitenden Hauptkommissars" Vorsitzender des Hauptpersonalrats der Bundespolizei.
Jörg Hartmann (1955-1966)
Als er zusammen mit seinem 13 Jahre alten Freund Lothar Schleusener erschossen wurde, war er gerade 10 Jahre alt. Der Junge wurde am 27 Oktober 1955 in Berlin geboren. Da seine Mutter an einer psychischen Erkrankung litt, wuchs er mit zwei Geschwistern bei seiner Großmutter auf, sein Vater, den er wohl nie kennen gelernt hatte, lebte im Westen. Er war ein kleiner und sehr schüchterner Junge. Am 14. März 1966 verschwanden er und sein Feund Lothar Schleusener, möglicherweise wollte er zu seinem Vater in den Westen, nach dessen Adresse er sich wohl vorher erkundigt hatte. Erst im RIAS erfuhren seine Lehrerin und die Großmutter aus dem RIAS, dass an der Grenze zwei Kinder erschossen worden sind. Aber von den Behörden wurde mitgeteilt, dass der Junge am 17. März in Köpenick tot aus einem See geborgen worden sei. Die Großmutter hatte es zeitlebens nicht geglaubt. Der Leichnam des Jungen wurde bereits vor der Benachrichtigung der Angehörigen eingeäschert und auf dem Friedhof Baumschulenweg in Berlin-Treptow anonym bestattet. Seine Großmutter erwirkte später eine Umbettung der Urne, außerdem bekam er einen Grabstein. Auf Initiative seiner früheren Lehrerin, die ein Jahr nach dem Tod des Kindes in den Westen gefüchtet war, wurden ihm und anderen an der Grenze Getöteten zu Ehren 1999 das Denkmal an der Kiefholzstraße errichtet, dessen Abbildung Sie weiter oben finden. Die Inschrift auf dem Denkmal ist bei der Biografie von Lothar Schleuser zu lesen. Nach der Wiedervereinigung konnten die Mauerschützen ausfindig gemacht werden. Einer war da bereits verstorben, während der andere wegen Totschlags in einem minder schweren Fall zu einer Strafe von 20 Monaten zur Bewährung verurteilt wurde.
Robert Havemann (1910-1982)
Der 1910 in München geborene Robert Havemann wächst in einer Intellektuellenfamilie auf. Er studiert Chemie und erlebt als Doktorand 1933 die Vertreibung seines ersten Mentors Herbert Freundlich aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie. Seit 1932 hat er Kontakte zur Komintern, 1933 schließt er sich der sozialistischen Widerstandsgruppe Neu Beginnen an. Aus ihrer gesellschaftlichen Position ergeben sich für Georg Groscurth, Robert Havemann, Paul Rentsch und Herbert Richter besondere Handlungsspielräume, gegen das NS-Regime zu arbeiten. Sie können Verfolgten nicht nur helfen, in der Illegalität zu überleben, sondern sie sind in der Lage, die ihnen zugänglichen Informationen und Verbindungen zu nutzen, um die Widerstandstätigkeit anderer zu unterstützen, zu koordinieren und zu vernetzen. So werden sie zum Zentrum verschiedener, unabhängig voneinander entstandener Gruppierungen. Der Versuch, auch Kontakte zu den Alliierten herzustellen, scheitert. Im Sommer 1943 verfassen Havemann, Groscurth, Richter und Rentsch mehrere programmatische Texte. Sie geben ihrer Gruppe den Namen „Europäische Union“. Wegen seiner Beteiligung an Hilfsaktionen für Verfolgte und als führender Kopf der Europäischen Union wird Havemann am 5. September 1943 festgenommen und am 16. Dezember 1943 zum Tode verurteilt. Da seine Forschungsarbeiten für die NS-Rüstung unentbehrlich erscheinen, wird die Vollstreckung aufgeschoben. 1945 wird Havemann aus dem Zuchthaus Brandenburg-Görden von der Roten Armee befreit. Nach dem Krieg schließt er sich der SED an, entwickelt sich aber in der Folge des XX. Parteitages der KPdSU 1956 zum Regimekritiker. 1964 aus der SED ausgeschlossen, verliert Havemann 1965 seine Anstellung. Von 1976 bis 1978 steht er unter Hausarrest. Bis zu seinem Tod 1982 ist Robert Havemann einer der bekanntesten Regimekritiker der DDR.
Anmerkung
Diese Biografie wurde uns freundlicherweise von der Gedenkstätte deutscher Widerstand in Berlin zur Verfügung gestellt.
Reinhold Huhn
Der Unteroffizier der Grenztruppen der DDR Reinhold Huhn wurde auf Seiten der DDR indirekt ein Opfer der Berliner Mauer. Im Sommer 1962 gruben Westberliner von der Zimmerstraße 1,2 und 4 einen Tunnel unter der Mauer hindurch. Als eine Familie in den Tunnel absteigen wollte, wurden sie von dem Unteroffizier Reinhold Huhn angehalten. Einer der Flüchtlinge schoss sofort und tötete ihn. Im Westen erzählte der Schütze, dass Huhn von eigenen Kameraden erschossen worden wäre. Erst 19998 gestand er seine Tat. Im Jahr 2000 wurde er vom Bundesgerichtshof in letzter Instanz wegen Mordes zu einer Strafe von 1 Jahr mit Bewährung verurteilt.
Ein mehr als merkwürdiges Urteil, da nach § 211 des Strafgesetzbuches Mord mit einer lebenslangen Haft zu bestrafen ist.
Marienetta Jirkowsky (1962-1980)
Marienetta „Micky“ Jirkowsky, 1962 in Bad Saarow geboren und im brandenburgischen Spreenhagen aufgewachsen, absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Textilfacharbeiterin, bevor sie sich mit dem zur Gewalt neigenden Peter W. verlobte. Zu einer Heirat aber kam es nie, da die Eltern eine solche nicht duldeten. Die die Gesellschafts-Normen der DDR ablehnende Marienetta Jirkowksy versuchte am 22. November 1980, mit Peter W. und einem Freund nördlich des West-Berliner Stadtteils Frohnau die Grenze der DDR zu überwinden. Nachdem sie alle Hindernisse gemeistert hatten, hielt sie nur noch die 3,5 Meter hohe Mauer vom Westen fern. Während die beiden Männer mit einer Leiter die Mauer überwanden und den Westen erreichten, schossen Grenzer der DDR insgesamt 27mal auf Marienetta Jirkowsky. Sie verstarb noch am gleichen Tag. Einer der Todesschützen der jungen Frau wurde 1995 zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verurteilt. An das Schicksal der nur 18 Jahre alt gewordene Marienetta erinnert in der Florastraße in Hohen Neuendorf eine Gedenkstele.
Cengaver Katranci (1964-1972)
Cengaver Katranci ist einer der insgesamt fünf Jungen, die hier am Gröbenufer ertranken. Auf Druck der Bündnisgrünen im Bezirk Kreuzberg-Friedrichhain wurde das Gröbenufer am 27. Februar 2010 durch den Bezirksbürgermeister Franz Schulz feierlich in May-Ayim-Ufer umbenannt. Auf die insgesamt fünf hier ertrunkenen Kinder gibt es allerdings keinerlei Hinweis.
Klaus-Jürgen Kluge (1948-1969)
Für seinen Fluchtversuch nach West-Berlin wählte Klaus-Jürgen Kluge einen Mauerabschnitt zwischen Prenzlauer Berg und Wedding aus. Der Modelltischler war dem MfS schön früh wegen seiner Ablehnung der gesellschaftlichen DDR-Normen aufgefallen. Als er 1969 zum Grundwehrdienst bei der NVA eingezogen werden sollte, entschloss er sich zur Flucht. Nachdem Kluge die Hinterlandsicherungsmauer überklommen hatte, löste er unglücklicherweise am folgenden Signalzaun Alarm aus. Das Feuer wurde eröffnet, und Kluge erlitt töfliche Schussverletzungen, denen er schließlich auch erlag. Erst 1997 wurde der Todesschütze zur Verantwortung gezogen, aber nur zu einer Jugendstrafe von 16 Monaten auf Bewährung verurteilt.
Siegfried Kroboth (1968-1973)
Die Eltern von Siegfried Kroboth waren nach Westberlin geflüchtet. Er fiel am 14. Mai 1973 am Gröbenufer in der Nähe der Oberbaumbrücke in die Spree, die hier in voller Breite bis zum Ufer zur DDR gehörte. Als die alarmierte Westberliner Feuerwehr Taucher zur Suche einsetzen wollten, wurde ihnen das von den DDR-Grenzern verboten. Zwei Grenzboote der DDR, die sich der Unfallstelle näherten griffen nicht ein. Erst DDR-Taucher fanden Stunden später den Leichnam des Jungen. Siegfried Kroboth ist einer der insgesamt fünf Jungen, die hier am Gröbenufer ertranken.
Auf Druck der Bündnisgrünen im Bezirk Kreuzberg-Friedrichhain wurde das Gröbenufer am 27. Februar 2010 durch den Bezirksbürgermeister Franz Schulz feierlich in May-Ayim-Ufer umbenannt. Auf die insgesamt fünf hier ertrunkenen Kinder gibt es allerdings keinerlei Hinweis.
Günter Litfin (1937-1961)
Günter Litfin wurde am 19. Januar 1937 in Berlin geboren und gilt als das erste durch Schüsse getötete Opfer an der neu errichteten Grenze in Berlin. Er starb am 24. August 1961. Litfin war von Beruf her Damen- und Herrenmaßschneider und stammte aus Berlin-Weißensee im heutigen Bezirk Berlin-Pankow. Er hatte vor dem Mauerbau im Westteil der Stadt u.a. Heinz Rühmann eingekleidet und führte nach getaner Arbeit die drei Pikinesen von Grete Weiser spazieren.
Der Vater hatte bereits am 26. Juni 1945 mit Genehmigung der "Sowjetischen Militär Administration (SMA)" die CDU gegründet. Da aber die CDU seinerzeit deutlich mehr Stimmen als die Kommunisten erhielt, begannen die DDR-Funktionäre, die Mitglieder der CDU massiv unter Druck zu setzen - bis hin zu zahlreichen Verhaftungen. Der Vater traf im Westteil der Stadt u.a. mit Ernst Lemmer oder Jakob Kaiser zusammen. Viele Ostverbände der CDU wurden als Ostverbände in Westverbände integriert. So gehörte z.B. der der Kreisverband Weißensee zum Kreisverband Kreuzberg. Zur Freude des Vaters traten die Brüder 1957 in die CDU ein. Die Brüder wohnten bei den Eltern in Berlin-Weißensee in der Heinersdorferstr. 32. Der Vater verstarb am 15. Mai 1961.
Um für seine Arbeit, die er bald in Westberlin verrichtete, nicht ständig zwischen den Sektoren hin und her pendeln zu müssen, hatte Günter Liftin im Juni 1961 eine Wohnung in der Suarezstraße in Berlin-Charlottenburg angemietet. Sein Bruder Jürgen half bei der Renovierung, so dass die Wohnung Ende Juli 1961 bezugsfertig war. Als letzten Schritt vor dem endgültigen Umzug brachte er noch seine Nähmaschine - in Teile zerlegt - dorthin. Am 12. August waren die Brüder Günter und Jürgen zu einer Wohnungseinweihung von Freunden in Westberlin und kehrten gegen 01:00 Uhr des nächsten Tages nach Ostberlin zurück. Am frühen Morgen erfuhren sie über den RIAS (Rundfunk im Amerikanischen Sektor), dass die Grenzen "dichtgemacht" worden sind. Es ist heute bekannt, dass dazu ca. 40.000 Mann aus der ganzen DDR zusammengezogen worden waren. Zusätzlich hatten die Sowjets außen einen Sicherheitsring um ganz Berlin gezogen. Die beiden Brüder versuchten daraufhin, an die Grenze zu gelangen, was aber nicht mehr möglich war. In den folgenden Tagen verschwand Günter Litfin tagsüber, um erst abends wieder nach Hause zurückzukehren. Es kann nur vermutet werden, dass er die Grenzumgebung nach Fluchtmöglichkeiten abgesucht hatte.
Am 24. August, gegen 16:00 Uhr, versuchte er dann, von der Charitè aus nach Westberlin zu fliehen. Nachdem er eine naheliegende Brücke passiert hatte, wurde er nach ca. 40 m von Angehörigen der Transportpolizei aufgefordert, stehen zu bleiben. Er folgte diesem Warnruf aber nicht, sondern sprang in den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, der den Ost- vom Westteil der Stadt trennte. Nach ca. 30 m wurde er durch Sperrfeuer aus Maschinenpistolen (MP) dazu gebracht, im Wasser die Hände zu heben. Der Postenführer rief noch "Nicht schießen, der ergibt sich", als der andere seine MP von Dauerfeuer auf Einzelfeuer umschaltete und Litfin durch einen gezielten Genickschuss tödlich verletzt.
Die Mutter und sein Bruder erfuhren von seinem Tod erst am Abend des 26. August 1961 durch die Berliner Abendschau, als diese unter dem damaligen Moderator, Harald Karras, Bilder zeigte, wie der Leichnam von Günter Litfin aus dem Wasser gezogen wurde. Die damalige Ostpresse - allen voran das Neue Deutschland - diffamierten ihn später als Homosexuellen, Prostituierten und sogar als Verbrecher. Er wurde am 31. August in Anwesenheit von Stasi-Mitarbeitern und ca. 1.000 Trauergästen auf dem St.-Hedwigs-Friedhof in Weißensee im heutigen Bezirk Berlin-Pankow beigesetzt. Vor der Beisetzung hatte Günters Bruder Jürgen im Keller der Begräbniskirche noch den verplombten Sarg gewaltsam geöffnet, um einen letzten Blick auf seinen toten Bruder zu werfen, was ihm in der Gerichtsmedizin der Charitè vorher verwehrt worden war.
Nach der Wiedervereinigung wurden gegen zwei der Todesschützen Ermittlungen aufgenommen und die beiden 1997 vor dem Landgericht Berlin angeklagt. Laut Urteil waren sie des gemeinschaftlich begangenen Totschlags in einem minderschweren Fall schuldig und wurden zu einem Jahr und sechs Monaten sowie zu einem Jahr Haft mit Bewährung verurteilt.
Jürgen Litfin (geb. 1940)
Jürgen Litfin ist der Bruder des am 24. August 1961 bei einem Fluchtversuch an der Grenze erschossenen Günter Litfin. Seit 2003 betreibt er - nach dreijährigen Restaurierungsarbeiten - den früheren Wachtturm in der Kieler Straße - einer Nebenstraße der Scharnhorststraße am Spandauer Schifffahrtskanal als Gedenkstätte für die Opfer an der Berliner Mauer. Geradezu grotesk mutet es an, dass in dem Haus auf der Fischerinsel, in dem Litfin heutzutage wohnt, auch ein führender Stasi-General lebt, dem er hin und wieder im Fahrstuhl begegnet. Bis zum Tod des Bruders hatten sie bei den Eltern in Weißensee in der Heinersdorferstr. 32 gelebt.
© goruma (Dr.Ramm)
Jürgen Litfin wurde nach dem Tod seines Bruders festgenommen und viele Stunden lang unter unmenschlichen Bedingungen verhört. Da er von den Fluchtplänen seines Bruders aber nichts gewusst hatte, musste man ihn wieder freilassen. Er war in Ostberlin als Schlosser, Schweißer und auch als Former in einer Gießerei tätig. Später ging er auf die Handelsakademie und brachte es zum Verkaufsleiter. Und es gelang ihm sogar, sich mit einem Verkaufsladen für Werkzeuge und Siedlerbedarf selbstständig zu machen, der es auf einen Umsatz von über 1 Mio. Mark brachte. Aber die Stasi hatte ihn nicht vergessen. Im September fand er eine Annonce in der Zeitung, dass eine Wohnung aufgelöst werden sollte. Da seine 19-jährige Tochter gerne unabhängig werden wollte, fuhren er und seine Frau dorthin und kauften eine Menge Möbel und Einrichtungsgegenstände aus dem Nachlass der verstorbenen Tante des "Verkäufers". Wie Litfin später erfuhr, war der Verkäufer aber selber der Wohnungsinhaber und hatte die Einrichtungsgegenstände vor seiner beabsichtigten Flucht verkauft. Am 16. Dezember 1980 wurden Jürgen Litfin und seine Frau verhaftet und später wegen versuchter Fluchthilfe zu 10 Monaten verurteilt. Litfin durchlief danach verschiedene Strafanstalten, u.a. auch die Leipziger Haftklinik, wo er mit Elektroschocks und Psychopharmaka "behandelt" wurde. Er wurde danach von der Bundesrepublik freigekauft und kam dann über Gießen nach Westberlin. Jürgen Litfin hatte am 5. August 1961 geheiratet und am 13. Dezember wurde dann seine Tochter geboren. Seine Frau verstarb 1994 und mittlerweile ist er Großvater von drei Enkelkindern.
Der Eintritt zur Gedenkstätte (Turm) ist frei- da aber keinerlei staatliche Mittel fließen - sind Spenden hoch willkommen.
Kielerstraße
10115 Berlin
Vom 1. Nov. bis 1. März geschlossen
Mo.-Do.: 12:00 bis 17:00 Uhr
So.: 14:00 bis 17:00 Uhr
© goruma (B.Ramm)
Cetin Mert (1970-1975)
Cetin Mert lebte mit seinen türkischen Eltern und seinen beiden Brüdern in Berlin-Kreuzberg. Der kleine türkische Junge fiel ausgerechnet an seinem fünften Geburtstag - dem 11. Mai 1975 - beim Ballspielen am Gröbenufer in unmittelbarer Nähe zur Oberbaumbrücke in die Spree und ertrank. Damals gehörte der gesamte Fluss bis zum Ufer in Berlin-Kreuzberg zur DDR. Insgesamt fielen hier fünf Kinder ins Wasser und ertranken.
Nur wenige Minuten später trafen die West-Berliner Polizei und die Feuerwehr an der Unglücksstelle ein. Da sich aus Angst vor Schüssen niemand ins Wasser traute, wurde versucht, mit Stangen vom Ufer aus dem Jungen zu helfen - vergeblich. Sein Leichnam wurde erst Stunden später von Tauchern der Grenztruppen geborgen - etwa 5 Meter vom Grenzufer entfernt. In den nächsten Tagen kam es am Gröbenufer zu heftigen Protesten gegen das DDR-Grenzregime, wobei Rufe wie „Mörder" oder "Kindermörder" erschallten! Auch zahlreiche Mitglieder der türkischen Gemeinde demonstrierten gegen die DDR-Grenzer und verteilen Flugblätter mit "Nieder mit der Schandmauer – Nieder mit dem Mörderkommunismus“. Der kleine Junge wurde später seinen Eltern übergeben und in deren türkischer Heimatstadt Düzce beigesetzt. Auf Druck der Bündnisgrünen im Bezirk Kreuzberg-Friedrichhain wurde das Gröbenufer am 27. Februar 2010 durch den Bezirksbürgermeister Franz Schulz feierlich in May-Ayim-Ufer umbenannt. Auf die fünf hier ertrunkenen Kinder gibt es allerdings keinerlei Hinweis.
Giuseppe Savoca (1968-1974)
Der Junge war das Kind von aus Italien nach Westberlin zugewanderten Italienern. Er wurde am 22. April 1968 in Westberlin geboren. Das Kind fiel - wahrscheinlich beim Versuch ein in die Spree gefallenes Spielzeug zu retten - am 15. Juni 1974 in das zur DDR gehörende Gewässer und ertrank. Er war eines der insgesamt fünf Kinder, die hier am Gröbenufer in der Nähe der Oberbaumbaumbrücke in der Spree ertranken. Als ein Streifenboot der DDR-Grenztruppen direkt an der Unfallstelle vorbeifuhr, wurde die Besatzung um Hilfe angerufen, das Boot fuhr aber nach einem kurzen Halt ohne Hilfeleistung davon. Später wurde diese unterlassene Hilfeleistung damit begründet, dass sich keine Blasen auf der Wasseroberfläche gezeigt hätten. Erst etwa eine Stunde nach dem Unfall wurde die Leiche des Kindes geborgen und nach Ost-Berlin in die Gerichtsmedizin der Charité gebracht. Dort konnten die Eltern am Abend des 15. Juni 1974 ihr Kind identifizieren. Am 17. Juni wurden die sterblichen Überreste von Giuseppe Savoca zur Bestattung freigegeben und am 19. Juni 1974 nach West-Berlin überführt. Von der DDR-Regierung erhielten die Eltern daraufhin eine Rechnung in Höhe von 54,50 DM.
Dorit Schmiel (1941-1962)
Dorit Schmiel war gerade einmal 20 Jahre alt, als sie bei einem Fluchtversuch von Grenztruppen der DDR erschossen wurde. Die 1941 in Berlin geborene und vaterlos aufgewachsene Schneiderin entschloss sich, in der Nacht vom 08. zum 09. Februar 1962 gemeinsam mit vier Freunden die DDR zu verlassen. Dem Entschluss ging eine große Unzufriedenheit mit den politischen Zuständen und der Teilung Berlins voran. Die Grenze zu West-Berlins Bezirk Reinickendorf war lediglich mit Stacheldraht gesichert, den die fünf durchschnitten. Allerdings wurden sie am äußersten Zaun von DDR-Grenzsoldaten gesichtet. Diese eröffneten das Feuer und trafen Dorit Schmiel sowie einen ihrer Begleiter. Die junge Frau erlag im Krankenhaus ihren Verletzungen. Ihr Begleiter überlebte. Die anderen drei Flüchtlinge wurden gestellt und erhielten Haftstrafen. In einem Mauerschützenprozess im Jahre 1994 wurden die drei Mauerschützen zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt.
Lothar Schleusener (1953-1966)
Lothar Schleusener wurde 1953 in Ost-Berlin geboren und wuchs zusammen mit seiner älteren Schwester im Stadtbezirk Friedrichshain bei seinen Eltern auf. Sein Vater war als Elektriker beschäftigt, während die Mutter als Schneiderin arbeitete. Im Jahr 1965 ließen sich die Eltern scheiden, lebten aber aber dennoch zum Todeszeitpunkt ihres Sohnes in der selben Wohnung zusammen. Da Verwandte im Westen lebten, bekam die Familie nach der Grenzschließung von Ihnen zu Weihnachten Geschenkpakete. Lothar beschloss im Jahr 1966 mit seinem Freund Jörg Hartmann in den Westen zu flüchten, was er seiner Schwester kurz vor seinem plötzlichen Verschwinden auch anvertraut hatte. Sie hatte das aber, ihren Worten zufolge, nicht ernst genommen. Lothar wurde am 14. März 1966 von Grenzsoldaten zusammen mit seinem 10 Jahre alten Freund Hartmann bei der Flucht erschossen. Zur Erinnerung an die 15 Menschen, die insgesamt in Berlin-Treptow an der Berliner Mauer ums Leben kamen, wurde im Jahr 1999 ein von den Bildhauern Rüdiger Roehl und Jan Skuin gestaltetes Mahnmal errichtet. Das am Anfang des Textes abgebildete Denkmal befindet sich an der Kiefholzstraße 333 an der Stelle, wo Lothar Schleusener und Jörg Hartmann erschossen wurden. Das Mahnmal trägt folgende Inschrift:
In Treptow starben fünfzehn Menschen an der Berliner Mauer. |
Den Verwandten wurde nach dem Tod des Jungen von den Behörden mitgeteilt, dass er in Leipzig infolge eines Stromschlags ums Leben gekommen sei. Die Mutter hatte das nie geglaubt, aber aus Angst auch nie Nachforschungen angestellt. Der Junge wurde im engsten Familienkreis auf dem Friedhof in der Friedensstraße in Berlin-Friedrichshain im heutigen Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain beigesetzt. Nach der Wiedervereinigung konnten die Mauerschützen ausfindig gemacht werden. Einer war da bereits verstorben, während der andere wegen Totschlags in einem minder schweren Fall zu einer Strafe von 20 Monaten zur Bewährung verurteilt wurde.
Andreas Senk (1960-1966)
Andreas Senk war das einzige Kind seiner alleinerziehenden Mutter und lebte mit ihr in West-Berlin. Andreas ertrank am Vormittag des 13. September 1966, nachdem er von einem anderen Kind - von anderen unbemerkt - am Gröbenufer in die Spree geschubst worden war. Hier in der Nähe der Oberbaumbrücke gehörte der gesamte Fluss bis zum Ufer zur DDR. Die West-Berliner Feuerwehr kam erst etwa zwei Stunden später zur Unfallstelle und konnten nach längerem Suchen mit Hilfe von langen Stangen den toten Jungen bergen. Andreas Senk ist einer von insgesamt fünf Kindern die hier in der Spree ertranken.
Ida Siekmann (1902-1961)
Ida Siekmann war wohl das erste Todesopfer der Berliner Mauer. Sie wurde am 23. August 1902 in Gorken geboren, einem Dorf im westpreußischen Landkreis Marienwerder im heutigen Polen. Wann sie nach Berlin gekommen war, ist nicht bekannt. Kurioserweise gehörte ihr Haus zwar zu Ostberlin, der Hauseingang aber war nur über den zu West-Berlin gehörenden Bürgersteig zu erreichen. Vor dem Mauerbau spielte das keine große Rolle, da sie und andere ohne Probleme ihre "westlichen" Freunde und ihre nicht weit entfernt lebende Schwester besuchen konnte. Das änderte sich aber ab dem 13. August schlagartig. So wurden u.a. die Eingänge zugemauert und damit ein Kontakt in den Westteil zunehmend unmöglich gemacht. Aus Verzweiflung über diese unzumutbare Situation warf sie am 22. August 1961 zunächst einige ihrer Sachen aus dem Fenster ihrer im 3. Stock gelegenen Wohnung in der Bernauer Straße 48 und sprang dann selbst hinterher. Dabei verletzte sie sich tödlich. Ida Siekmann wurde unter großer öffentlicher Anteilnahme am 29. August auf dem Städtischen Friedhof an der Weddinger Seestraße beigesetzt.
Heinz Sololowski (1917-1965)
Heinz Sololowski wurde am 25. November 1965 morgens gegen 05:00 Uhr an der Grenze zwischen Berlin-Mitte und Berlin-Tiergarten - zwischen dem Reichstagsgebäude und dem Brandenburger Tor - niedergeschossen und darauf von Grenzsoldaten abtransportiert. Auf dem Transport in das Städtische Krankenhaus Berlin-Mitte verstarb er an seinen schweren Schussverletzungen.
Er wurde am 17. Dezember 1917 in ärmlichen Verhältnissen in Frankfurt/Oder geboren. Nach Absolvieren der Volksschule machte er eine Schneiderlehre. Nachdem ihm 1936 eine Stelle als Journalist angeboten wurde, nahm er diese an und verzichtete daraufhin auf die Erlangung der Hochschulreife (Abitur). Im Jahr 1938 wurde er zum Militärdienst eingezogen und nahm nach Ausbruch des Krieges an verschiedenen Fronten als Soldat teil. Sein letzter Einsatz war an der Ostfront als Kriegsberichterstatter. Dort gerät er 1943 Jahren in Kriegsgefangenschaft. Nachdem er während der Gefangenschaft einen antifaschistischen Lehrgang absolvieren musste, engagierte er sich gegen das Dritte Reich und für den Kommunismus.
Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft lebte er ab 1946 im Sowjet-Sektor von Berlin, wo er in den folgenden Jahren als freier Journalist tätig war. In dieser Zeit -1947 - heiratete er und lebte mit seiner Frau und der Tochter bis zur Scheidung 1951 gemeinsam im Prenzlauer Berg. Trotz der Tatsache, dass er kein Parteimitglied war, war er während dieser Zeit für die Medien der Sowjets und der DDR tätig. Aus bis heute unbekannten Gründen kam es aber im Jahr 1953 zum Zerwürfnis mit der Staatsmacht und er wurde infolgedessen am 12. Februar 1953 verhaftet und am 27. April 1953 von einem sowjetischen Militärgericht wegen Spionage zu 20 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Die Höhe der Strafe wurde jedoch durch ein Kassationsgerichts auf 10 Jahre erniedrigt. Kurz darauf wurde er zur Verbüßung der Strafe in die Sowjetunion deportiert, aber nach drei Jahren im Jahr 1956 im Zuge der Repatriierung deutscher Kriegs- und Zivilgefangener in die DDR entlassen, wo er in Bautzen, Brandenburg und Waldheim seine Reststrafe absitzen musste In der Haft erkrankte er Anfang 1960 an Tuberkulose und wurde dennoch erst an 13. Februar 1963 - also nach insgesamt 10 Jahren, und davon sieben Jahren in der DDR - entlassen. Entgegen seinen Wünschen und Erwartungen kam er aber nicht in den Westen frei sondern wieder nach Ostberlin. Hier arbeitet er als Fahrstuhlführer und wurde sogar im Mai 1965 wegen Arbeitsverweigerung fristlos entlassen. Da er nun überhaupt keine Perspektive mehr für sich in der DDR sah, begann er seine Flucht zu planen, die dann, wie oben erwähnt, am 25. November 1965 an der Grenze tödlich endete.
Hildegard Trabant (1927-1964)
Die1927 als Hildegard Pohl in Berlin zur Welt gekommene Wohnungsverwalterin versuchte, am 18. August 1964 über die Berliner Mauer zu fliehen und wurde dabei von zwei DDR-Grenzern erschossen. Für ihren Fluchtversuch hatte sie eine Stelle zwischen den beiden stillgelegten Bahnhöfen Schönhauser Allee und Gesundbrunnen ausgewählt. Die nach innen hin linientreue junge Frau wurde bei ihrer Flucht von den beiden Posten entdeckt und angesprochen. Darauf rannte sie zurück auf DDR-Gebiet, wurde aber dennoch in den Rücken geschossen und verstarb eine Stunde später in einem Krankenhaus der Volkspolizei. Die MfS-Beamten sorgten erfolgreich dafür, dass über den „Vorfall“ möglichst wenig nach außen drang. Erst nach der politischen Wende wurde 1997 der zum Tatzeitpunkt jugendliche Todesschütze vor der Jugendstrafkammer Berlin angeklagt. Nach seinem Geständnis verurteilte man ihn zu einer Haftstrafe von 21 Monaten – auf Bewährung.
Elke Weckeiser (1945-1968) und Dieter Weckeiser (1943-1968)
Dieter Weckeiser wurde am 15. Februar 1943 in Rhodebach/Ostpreußen geboren. Sein Vater fiel 1943 an der Ostfront, woraufhin seine Mutter 1944 mit dem einjährigen Jungen erst ins westpreußische Elbing und im Januar 1945 weiter nach Westen zog. Im Jahr 1949 kamen sie in die Bundesrepublik, wo sie zunächst in Flüchtlingsheimen und Obdachlosenasylen leben mussten. Erst nach der erneuten Eheschließung der Mutter 1954 wurden sie im westfälischen Warendorf sesshaft. Nach dem Schulabschluss machte Dieter Weckeiser eine Ausbildung zum Möbelpolsterer. In dieser Zeit lernte er die aus der DDR stammende Renate G. kennen, mit der er im Juli 1962 - sie war mittlerweile mit schwanger - nach West-Berlin ging. Da sie hier nicht zurecht kamen, siedelten beide zu den Eltern von Renate G. über. Dort heirateten sie. Aber bereits 1966 wurde die Ehe geschieden. In dieser Zeit lernt er Elke Möbis kennen, die als Küchenhilfe in einer Kantine in Fürstenwalde arbeitet. Und bereits Ende November 1966 heirateten sie. Ein Jahr später trifft er sich häufiger mit seiner Mutter in Ost-Berlin, wohin die Mutter relativ leicht von West-Berlin aus gelangen konnte. Bei diesen Besuchen reifte in ihm der Wunsch, zusammen mit seiner Frau die DDR zu verlassen. Am Abend des 18. Februar 1968 versuchten sie, über die Grenze nach West-Berlin zu gelangen - ausgerechnet an dem am besten gesicherten Teil der Mauer an der Spree, schräg gegenüber vom Reichstagsgebäude. Ein geradezu irrwitziges Unterfangen. Als sie etwa um 23.00 Uhr versuchten, unter dem ersten Stacheldrahtzaun hindurch zu kriechen, wurden die beiden von den Posten auf einem Wachturm entdeckt und ohne Anruf sofort beschossen. Von den Schüssen wurde Elke Weckeiser in die Brust und den Oberschenkel getroffen, während Dieter Weckeiser einen Schädeldurchschuss erlitt. Obwohl die beiden in das nahe gelegene Volkspolizei-Krankenhaus gebracht wurden, verstarb Elke Weckeiser kurz darauf an ihren schweren Verletzungen. Dieter Weckeiser starb am darauf folgenden Tag.
Wie immer nach derartigen Vorkommnissen wurden die beteiligten Grenzsoldaten belobigt und mit der „Medaille für vorbildlichen Grenzdienst“ ausgezeichnet. Nach der Wiedervereinigung wurde der Todesschütze 1997 wegen "Totschlags in einem minderschweren Fall“ zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Sein Vorgesetzter wurde freigesprochen. Damit führte das Landgericht Berlin die Serie seiner skandalösen Urteile fort.
Die Urne mit der Asche von Elke Weckeiser wurd am 7. Mai 1968 im Grab ihrer Mutter auf dem Friedhof in Fürstenwalde beigesetzt - nachdem ihre Halbschwester der Stasi zugesichert hatte, auf eine feierliche Bestattung und eine Anzeige in der Presse zu verzichten. Die Urne mit der Asche von Dieter Weckeisers wurde auf Drängen der Stasi nicht den Angehörigen übergeben und auf dem Friedhof Baumschulenweg in Berlin-Treptow vergraben.
Christel Wehage (1946-1970) und Eckhard Wehage (1948-1970)
Das junge Ehepaar wurde indirekt ein Opfer des DDR-Systems, da sich die beiden nach einer missglückten Flugzeugentführung am 10. März 1970 noch in der Maschine gemeinsam erschossen hatten.
Eckhard Wehage wurde am 8. Juli 1948 in Berßel geboren. Bereits im Alter von 15 Jahren versuchte er gemeinsam mit einem Freund per Boot über die Ostsee zu flüchten. Und am 21. August desselben Jahres versuchte er es erneut, diesmal über die Tschechoslowakei, auch diesmal wurde er erwischt und am 18. Oktober 1963 zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Außerdem wurde er unter staatliche Aufsicht gestellt. Daraufhin schien sich Wehage mit der DDR arrangiert zu haben, zumal er 1967 als Berufssoldat in die DDR-Volksmarine eintritt und es bis zum Oberbootsmann (= Oberfeldwebel) bringt. Während seiner Militärzeit lernte er die am 15. Dezember 1946 in Wolmirstedt geborene Christel Zinke kennen, die als Psychotherapeutin im Kreiskrankenhaus von Wolmirstedt tätig war. Wenig später heirateten die beiden und versuchten vergeblich eine gemeinsame Wohnung zu bekommen. Als das nicht klappte und die Reglementierungen für sie immer schlimmer wurden, fassten beide im Frühjahr 1970 den Entschluss, mit Hilfe eines Flugzeuges in die Bundesrepublik zu fliehen. Dafür entwendete Wehage aus der Waffenkammer seiner Einheit zwei Pistolen. Die beiden buchten zwei Plätze für den Linienflug von Ost-Berlin nach Leipzig. Am Morgen des 10. März 1970 besteigen sie mit weiteren 15 Passagieren in Berlin-Schönefeld die Maschine der DDR-Fluglinie Interflug. Bereits kurz nach dem Start der Maschine forderte Eckhard Wehage mit vorgehaltener Pistole die Stewardess auf, den Piloten darüber zu informieren, dass dies eine Flugzeugentführung sei und er in Hannover landen solle. Doch der Pilot reagierte nicht und da das Cockpit durch zwei Türen gesichert war, gelang es ihm nicht, dorthin vorzudringen. Aber man versprach ihm - wegen Treibstoffsmangels - in Berlin-Tempelhof zu landen. Kurz vor der Landung bemerkten sie, dass sie wieder in Schönefeld landen. Daraufhin erschossen sie sich. Ihre Leichen wurden nach einer gerichtsmedizinischen Untersuchung in Berlin eingeäschert und später auf einem Friedhof in Magdeburg beigesetzt. Der Pilot, der Co-Pilot, der Mechaniker und die Stewardess erhielten am 26. März 1970 von Minister Erich Mielke persönlich die "Verdienstmedaille der NVA in Gold". Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen vom Oktober 1996 gegen Unbekannt, die nach der Wiedervereinigung eingeleitet worden waren, wurden im Juni 1997 eingestellt.
Wolfgang Welsch (geb. 1944)
Wolfgang Welsch gehört zu den bekanntesten und energischsten Gegnern des DDR-Regimes. Der spätere Publizist, der in seinem Buch „Ich war Staatsfeind Nummer 1“ seine Erlebnisse aufarbeitete, tat sich insbesondere als Fluchthelfer für DDR-Flüchtlinge hervor. Vorher aber war er wegen Fluchtversuchs am 22. Mai 1964 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach seiner vorzeitigen Entlassung blieb er aber in der DDR, wo er einen kritischen Film drehte und deswegen wieder ins Gefängnis kam. 1971 wurde er auf Initiative von Willy Brand freigekauft. Im Westen wurde er dann Fluchthelfer und half ca. 200 Menschen zur Freiheit.
Im Westen wurden mehrere Mordanschläge von Agenten des MfS auf ihn verübt - so ein Sprengstoffanschlag und während eines Englandurlaubs ein Attentat mit einem Gewehr auf sein Auto.
Der letzte fast erfolgreiche Anschlag wurde von einem "Freund" während eines Israelurlaubs auf ihn unternommen. Ihm und seiner Frau und der kleinen Tochter wurde Thalliumnitrat in seine geliebten Bouletten gemischt. Während seine Frau und die Tochter sich übergaben und das Attentat deswegen ganz gut überlebten, kam er todkrank nach Deutschland. Hier stellte man erst spät die Ursache für seine schwere Erkrankung fest. Welsch überlebte. Der als Giftattentäter überführte "Freund" Peter Haack wurde 1994 wegen dreifachen Mordversuchs zu einer sechseinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt. Haacks Führungsoffizier erhängte sich 1993 in der Untersuchungshaft.
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