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Bremer Rathaus und Roland

Bremer Rathaus © goruma (koppenwallner)

Das Rathaus und der Roland in Bremen ergeben gemeinsam ein symbolträchtiges steinernes Ensemble, mit dem sich die Bürger der Stadt seit rund 600 Jahren identifizieren. Der Ritter Roland, gilt als Wahrzeichen der Stadt und behauptet seit dem frühen 15. Jahrhundert den Bremer Marktplatz, um der Kaisertreue der Stadt und ihrer Unabhängigkeit von der Kirche Ausdruck zu verleihen. Nahezu zeitgleich wurde vis à vis des steinernen Helden das Rathaus, der “Tresor“ der Bürgerfreiheit, errichtet.

Der Roland war seinerzeit eine der ersten freistehenden Monumentalfiguren Deutschlands. Das Rathaus gilt wiederum als eines der schönsten gotischen Bauwerke, welches über die Jahrhunderte vollständig erhalten blieb. Die im frühen 17. Jahrhundert neu gestaltete Fassade im Stil der Weser-Renaissance machte das Bremer Rathaus weltberühmt.
Im Juli 2004 wurden das Bremer Rathaus und die Rolandsstatue in die Liste des UNESCO- Weltkulturerbes der Menschheit aufgenommen.

Standort Bremen
Bauzeit Bremer Roland: 1404
Bremer Rathaus: 1405-1409
Neugestaltung der Rathausfassade: 1608-1612
Rathauserweiterung: 1906-1913
Baumeister Rathausfassade: Lüder von Bentheim
Rathausanbau: Gabriel von Seidl
Bremer Roland: Claws Zeelleyher, Jacob Olde (Steinmetze)
Besonderheiten Die Rathausfassade gilt als die bedeutendste Repräsentation des Weser-Renaissance-Stils des 17. Jahrhunderts.
Der Bremer Roland ist eine der ersten freistehenden Monumentalfiguren Deutschlands und steht als Wahrzeichen der Stadt für Bürgerfreiheit, Kaisertreue und Souveränität.
Nutzung Das Bremer Rathaus dient seit jeher als Sitz des Stadtrates, dem heutigen Senat, der freien Hansestadt Bremen.
Größe Bremer Roland: 5,5 m Höhe
Rathaushallen: 41,5 x 15,8 m
Informationen
Bremer Rathaus
Am Markt 21
28195 Bremen
Telefon: 0049-(0)18 05 - 101 030
Führungen Führungen sind nahezu täglich nach telefonischer Vereinbarung unter obiger Nummer möglich.

Geschichte des Rahthauses und des Rolands

Der Roland in Bremen ©goruma (koppenwallner)

Die erste urkundliche Erwähnung erfuhr die Stadt Bremen im Jahr 782, also zur Zeit der Christianisierung Nordeuropas durch Kaiser Karl den Großen. 787 veranlasste der Kaiser die Gründung des Bistums Bremen, zwei Jahre darauf wurde der erste Bremer Dom errichtet. Die Kirche wurde dem Apostel Petrus geweiht, dessen Schlüssel somit zu einem Wahrzeichen Bremens wurden. Aufgrund der ausgezeichneten Lage an der Weser wurde die Stadt bald zu einem bedeutenden Umschlagplatz für jene Händler, die seinerzeit an den friesischen Küsten und Flüssen tätig waren. Mit der Gründung des Bistums war die sächsische Siedlung Bremen auch für Bauern aus dem Umland attraktiv geworden, so dass sich viele von ihnen hier ansiedelten.

Nachdem der Hamburger Erzbischof im 9. Jahrhundert seinen Sitz nach Bremen verlegt hatte, wurde dem Bremer Erzbischof im Jahr 965 von Kaiser Otto I. das Markt-, Münz- und Zollrecht verliehen. Obgleich die Stadt während eines verheerenden Brands im Jahr 1041 zu großen Teilen zerstört wurde und fast völlig neu aufgebaut werden musste, begann schon zwei Jahre darauf die Phase des großen wirtschaftlichen Aufschwungs der Weserstadt. Unter Erzbischof Adalbert I. gedieh der Handel mit England, Norwegen und Holland, so dass Bremen seinen Wohlstand stetig vermehren konnte. Damit vergrößerte sich auch der bürgerliche Einfluss und das Selbstbewusstsein des Bremer Bürgertums, woraufhin Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Jahr 1186 das erste bürgerliche Gesetz zu Bremen verbriefte. Nach dem Hansebeitritt der Stadt im Jahr 1260 mehrte sich der Wohlstand noch weiter. Die Bremer Ratsherren ernteten für das diplomatische Geschick, mit welchem sie die Flotte und den See- und Fernhandel betrieben, große Anerkennung. 1303 schrieben die Bremer Bürger erstmals das Stadtrecht nieder. Den Schlüssel im Stadtwappen, der einst als Schlüssel zum Tor des Paradieses und vor allem als Insignie der klerikalen Macht anerkannt wurde, verstand man nun als den Schlüssel zum Tor der Welt.

An die Unabhängigkeitsbestrebungen des Bürgertums erinnert bis heute der Bremer Roland; sein Blick auf den Dom weist auf die Befreiung vom einst so übermäßigen Einfluss der Kirche hin. Seit rund 600 Jahren ist der steinerne Ritter als Wahrzeichen der freien Hansestadt bekannt und behauptet gemeinsam mit dem Bremer Rathaus den Marktplatz im Stadtzentrum.

Die Rolandsstatue wurde im Jahr 1404 errichtet und gilt somit als eine der ersten freistehenden und repräsentativsten Monumentalfiguren in Deutschland. Der Roland stellte seinerzeit ein Symbol des freien Marktrechts dar und war daher eine beliebte und häufig umgesetzte Skulpturenvorlage in Mitteleuropa. In Bremen versuchte man jedoch mit dem Sinnbild noch einer weiteren Nuance Ausdruck zu verleihen: Ritter Roland, der einst ein standhafter Gefolgsmann des Kaisers gewesen sein soll und im Kampf gegen die Ungläubigen fiel, blieb seinem Kaiser treu bis in den Tod. Die Bremer Bürger wiesen mit der Rolandsstatue auf die Gründung ihrer Stadt durch den Kaiser und auf die von ihm verliehenen Privilegien hin. Mit dem Roland demonstrierten die Bürger ihre Kaisertreue und dass sie in Bremen keine andere als die kaiserliche Autorität anerkennen würden.

Der Platz unter Rolands Schwert galt daher auch als das Heiligtum öffentlicher Bewegungsfreiheit. Der Legende nach soll die Stadt Bremen so lange frei und selbstständig bleiben wie der Roland steht und über die Stadt wacht. Die Bremer Ratsherren wählten für ihr neues Rathaus einen Platz in der unmittelbaren Nähe des steinernen Helden und knüpften so an dessen aussagekräftiger Symbolkraft an. Skulptur und Rathaus gingen somit eine unverwechselbare und demonstrative Verbindung ein, die als eine architektonische Opposition gegenüber dem Klerus erkennbar ist. Das neue Haus des Stadtrats stand dem unmittelbar angrenzenden Sitz des Erzbischofs in nichts nach und entäußerte so eine weiteres Bekenntnis zum Kaiserreich.

Durch seine herausgehobene Lage sollte das Rathaus jedem die gewachsene Bedeutung der freien Handels- und Hansestadt vor Augen führen. Des Weiteren konnte man vom Ort des neuen Rathauses aus alle weiteren bedeutenden Gebäude der Stadt - den Dom und das Haus der Kaufmannschaft, den so genannten Schütting - sowie den Marktplatz, die Bürgerhäuser und die Hauptstraße, im Blick haben.
Im Mai 1405 legte man den Grundstein für den Rathausbau. Das Gebäude wurde speziell auf die Nutzung durch den Stadtrat hin entworfen; insbesondere ein angemessener Versammlungsort war zu jenem Zeitpunkt unverzichtbar geworden. Die alttestamentarischen Skulpturen über dem Portal bringen zwar noch eine religiöse Bindung zum Ausdruck, doch taufte man im späterem, reformierten Bremen die Figuren während der Neugestaltung der Rathausfassade im frühen 17. Jahrhundert problemlos zu antiken Philosophen um. Der zentrale Figurenschmuck des Rathauses ist unmissverständlich politisch: Als Garanten der städtischen Autonomie dominieren die überlebensgroßen Figuren des Kaisers und seiner Kurfürsten an der Südseite des Bauwerks. Gleichzeitig verdeutlichte die Architektur des Rathauses die vom Bremer Stadtrat praktizierte Politik der Selbstregulierung.
Im Jahr 1409 wurde der gotische Saalgeschossbau vollendet; der “Tresor“ der Bürgerfreiheit gilt bis heute als eines der schönsten Bauwerke der europäischen Spätgotik.
Zwei Jahrhunderte später entschloss sich der Stadtrat zum Umbau der bis dahin eher schlichten Fassade, da diese den Repräsentationszwecken des Rathauses nicht mehr genügte. Den Auftrag zum Umbau der Fassade erhielt der Bremer Steinhauer Lüder von Bentheim, dem es gelang, eine der schönsten Rathausfassaden Europas zu gestalten. 1608 wurden die ersten Arbeiten aufgenommen. Zunächst wurde der Mittelteil der Fassade abgerissen, anschließend wurden die Fenster verbreitert und eckig eingefasst. An die Stelle des alten abgerissenen Fassadenteils wurde ein gläserner, von einem flandrischen Giebel überdachter Erker platziert, der als so genannte Güldenkammer das architektonische Kleinod des Rathausgebäudes darstellt.

Vor allem ist es jedoch der reichhaltige Fassadenschmuck, der den weltweiten Ruhm des Bremer Rathauses ausmacht. Mit ihren zahlreichen Reliefs und Figuren, unzähligen Körpern und Köpfen, Engeln, Fabeltieren und symbolhaften Szenen stellt die 1612 vollendete Rathausfassade das bedeutsamste Beispiel der Bildhauerkunst der so genannten Weser-Renaissance dar.
Die Reformation hatte in der aufgeklärten Bürgerstadt schnell Anhänger gefunden und bereits ab 1522 wurden hier Predigten im lutherischen Geiste abgehalten. Das Gros der Bürger schloss sich schließlich dem Calvinismus an und der Erzbischof büßte seinen Einfluss fast vollständig ein.
Während des Dreißigjährigen Krieges meldeten sowohl Dänemark als auch Schweden Ansprüche auf das Bistum Bremen an, wodurch ein Nebenkriegsschauplatz um die freie Stadt Bremen entstand. 1645 trat Dänemark seine Ansprüche schließlich an Schweden ab. Der deutsche Kaiser Ferdinand III. regelte jedoch im darauf folgenden Jahr im so genannten Linzer Diplom die Reichsunmittelbarkeit Bremens – eine Freiheit, die sich die Stadt seinerzeit teuer erkaufen musste. Erst nach zwei erfolglosen Feldzügen erkannte Schweden schließlich im Jahr 1666 den Status Bremens als Freie Reichsstadt an. 1783 nahmen Bremer Kaufleute den direkten Transatlantikhandel mit den USA auf. Nach dreijähriger Besatzung durch die französischen Truppen Napoleons wurde Bremen 1815 als souveräner Staat in den Deutschen Bund aufgenommen. Da die fortschreitende Versandung der Weser auch den Zugang zum Seehandel zunehmend gefährdete, kaufte die Stadt im Jahr 1827 vom Königreich Hannover ein Stück Land an der Wesermündung. Der damalige Bremer Bürgermeister Johann Smidt gründete dort den Bremerhaven, der nicht nur Ex- und Importen, sondern auch der Personenbeförderung diente. Bis 1851 hatten sich in Bremerhaven derart viele Menschen angesiedelt, dass der Hafen zur eigenständigen Stadt erhoben wurde, jedoch weiterhin dem bremischen Staat unterstand. 1866 trat Bremen dem Norddeutschen Bund bei und wurde 1871 ein Gründungsmitglied des Deutschen Reiches. Daraufhin erhielt die Stadt schließlich den verfassungsrechtlichen Titel der Freien Hansestadt Bremen.
Mit der Industrialisierung wuchs die Bevölkerung in der Freien Hansestadt stetig an; 1911 zählte man bereits 250.000 Bürger. Das über die Jahrhunderte nie zerstörte Rathaus bot dem Verwaltungsapparat der staatlichen Bürokratie und den stets anwachsenden Anforderungen nicht mehr genügend Raum, so dass man 1903 einen Wettbewerb für einen Erweiterungsbau ausschrieb.
1906 erhielt der Architekt Gabriel von Seidl schließlich den Zuschlag für seinen Entwurf. Der Vertreter des Historismus hatte ein Haus entworfen, welches den Vorgaben und Ansprüchen des Senats gerecht wurde und eine durchaus harmonische Verbindung mit dem Altbau einging. Im Jahr 1913 wurde der Neubau des Bremer Rathauses vollendet und bezogen. Die Funktionen der beiden übereinander liegenden Rathaushallen des Altbaus blieben bis heute bewahrt. Die obere Etage mit ihrem prächtigen Rathaussaal ist den repräsentativen Zwecken vorbehalten, während die untere Halle der Nutzung durch die Bürger dient.

Beschreibung des Rolands

Der Sage nach war der Ritter Roland ein bretonischer Paladin und Neffe Karls des Großen, der im Kampf gegen die Sarazenen in den Pyrenäen fiel. Zahlreiche französische Heldenlieder und das 1173 verfasste, mittelhochdeutsche Rolandlied erzählen von dem kaisertreuen Ritter.

Der Rinesberch-Schene-Chronik zufolge bestand das erste Rolandsstandbild aus Holz und wurde in der Nacht des 29. Mai 1366 von den Knechten des Erzbischofs Albert II. umgestürzt und verbrannt. 1404 erhielt die Stadt einen neuen, diesmal steinernen Roland. 1822 wurde im Rathaus ein Rechnungsbuch der Steinmetze Claws Zeelleyher und Jacob Olde gefunden, aus dem hervorgeht, dass diese den steinernen Roland seinerzeit für 170 Bremer Mark angefertigt hatten. Seiner Entstehung geht ein kleiner, aber kühner Betrug der Bremer Bürger voraus: In gefälschten Kaiserurkunden hatten sie ihr Recht formulierten, den Roland mit dem Kaiserwappen auszustatten.

So erhielt der Schild des steinernen Märtyrers den doppelköpfigen Adler und eine Inschrift, die ihn als Künder der vom Kaiser verliehenen Freiheiten der Stadt auswies. Die freistehende Rolandsstatue ist 5,55 m hoch und steht auf einem Podest von 60 cm Höhe. Mit dem Rücken ist er an eine 10,21 m hohe Stützsäule gelehnt, welche ihrerseits von einem Ziborium gekrönt wird. Der Abstand der Kniespitzen des Bremer Roland beträgt genau eine Elle - etwa 55 cm - und diente dem mittelalterlichen Marktplatzgeschehen somit als ein nützliches und vor allem zuverlässiges Maß. Ein Engel in seiner Gürtelschnalle weist den Ritter zudem als Märtyrer aus. Der Roland wurde aus Kalkstein, der Pfeiler aus Oberkirchener Sandstein gefertigt und war zunächst farbig koloriert. Im 18. Jahrhundert wurde die Figur grau bemalt, später bevorzugte man den natürlichen Stein. Zu Füßen des steinernen Ritters ist die Figur eines Krüppels dargestellt, der einer Sage nach im Jahr 1032 im Laufe eines Tages ein Gelände umkroch, welches die Stadt anschließend von der Gräfin Emma von Lesum als Schenkung erhielt.
Als Napoleon während der Besatzungsjahre die Rolandsstatue in den Louvre bringen wollte, überzeugten ihn die – auch hier sehr gewitzten - Bremer von seinem geringen künstlerischen Rang und so blieb er an seinem Standort.
Zahlreiche Handelsschiffe wurden nach dem Roland benannt, unter anderem auch die 1905 gegründete Roland-Linie, die mit ihren Frachtdampfern den Transatlantikverkehr bediente und viel zum städtischen Wachstum beitrug. Der Bremer Roland wurde mehrfach restauriert und 1939 aus Sicherheitsgründen neu aufgebaut. Im 2. Weltkrieg wurde er mit einem Splitterschutz ummauert. 1983 erhielt er ein Gitter und einen neuen Kopf; der Originalkopf ist heute im Bremer Focke-Museum zu besichtigen. Die letzte Instandsetzung des Bremer Riesen fand im Jahr 1989 statt.
Laut Bremer Tradition werden die Restaurationskosten stets von einem Sponsor übernommen.
Es existieren weltweit mehrere Nachbildungen des Bremer Roland, unter anderem in der evangelisch-lutherischen Zionskirche in New York City. Die Gemeinde erhielt 1890 eine etwa 1,50 m große hölzerne Nachbildung der Statue als Geschenk an ausgewanderte Bremer. In Brasilien benannten deutsche Auswanderer im Jahr 1932 ihre neue Heimatstadt nach dem Bremer Helden; seit 1957 besitzt auch jener Ort, Rolandia, eine originalgetreue Nachbildung der Skulptur.
Bis in einen japanischen Freizeitpark soll es eine weitere Nachbildung geschafft haben – dort soll er neben einer Vielzahl anderer deutscher Figuren von der Bildhauerkunst und Geschichte Mitteleuropas berichten.

Beschreibung des Rathauses

Bremer Rathaus mit Weihnachtsmarkt ©goruma (koppenwallner)

Das Alte Rathaus verbindet sich mit der Rolandsstatue, dem Schütting, dem Bremer Dom und der Kirche Unser Lieben Frauen zum bedeutendsten Gebäudeensemble der Bremer Innenstadt. Das Rathaus besteht aus zwei übereinander liegenden, rund 650 m2 großen Hallen mit streng gegliederten Fassaden, spitzbogigen Fenstern und einem Wehrgang über den marktseitigen Arkaden. An den Schmalseiten der Ost- und Westfront und an den Portalen konnte das Bauwerk bis heute sein ursprüngliches, mittelalterliches Erscheinungsbild bewahren; selbst im 2. Weltkrieg blieb das Bremer Rathaus völlig unversehrt.

Die Zinnen und Ecktürmchen verliehen dem Rathaus im Mittelalter den Charakter eines Wehrbaus, dessen Schmuck vor allem im Wechselspiel von glasierten und rohen Ziegeln lag. Dominiert werden die Fassaden des Rathauses von 16 lebensgroßen, gotischen Skulpturen, die oberhalb des Bogengangs auf reich verzierten Konsolen thronen. Die einzelnen Skulpturen wurden zwischen die spitz zulaufenden Fenster platziert und mit einem Baldachin überdacht. Mit großer Sicherheit können die Skulpturen den Bremer Steinhauern Meister Johannes und Meister Henning zugeschrieben werden. Ursprünglich waren sie wie auch die Rolandsstatue in leuchtenden Farben bemalt, erst in den späteren Jahrhunderten bevorzugte man den Naturstein.
Auf der Südfassade, der marktseitigen Schauseite, ließen die Stadträte die politische Prominenz ihrer Zeit auftreten: Die Skulpturen stellen von links nach rechts in der Rangfolge der Personen zunächst den damaligen Kaiser und König Ruprecht von der Pfalz sowie seine sieben Kurfürsten dar. So folgt auf den Kaiser, der die kaiserlichen Attribute Reichsapfel, Zepter und Krone mit sich führt, zunächst der Kurfürst von Mainz, ausgezeichnet durch das sechsspeichige Rad im Wappen und seinerzeit bekannt als vornehmster Kurfürst. Er besaß das Recht, die übrigen sechs Kurfürsten bei der Königswahl nach ihrem Votum zu fragen. Auf ihn folgt der Kurfürst von Trier, der sein Wappen mit dem ursprünglich roten Kreuz auf weißem Hintergrund und eine große Kette trägt und in den Händen Schwert und Dolch mit sich führt. Links von ihm befinden sich die Skulpturen des Kurfürsten von Köln, der in seinem Wappen einst ein schwarzes Kreuz trug, und des Kurfürsten von Böhmen, der durch seine Krone und den ihn begleitenden, gekrönten Löwen als König von Böhmen gekennzeichnet wird. Auf ihn folgt der Kurfürst von der Pfalz, der in seiner linken Hand ein Schwert hält und in der Rechten ein Wappen, das den Reichsapfel mit Kreuz zeigt und ihn somit als Inhaber des Erztruchsessamtes, der Haupt- und Hofverwaltung, auszeichnet. Auf ihn folgten der Kurfürst von Sachsen, dessen Mantel von einem auffälligen Dumpfing gehalten wird, und schließlich der Kurfürst von Brandenburg, der im Laufe der Jahrhunderte seinen Kopf verloren hatte. Der Originalkopf wurde durch eine Replik ersetzt. Er trägt ein Zepter in seinem Wappen, welches als Zeichen für den Erzkämmer stand, der für das Finanzwesen verantwortlich war. Die acht Skulpturen auf der Südseite des Rathauses, sind alle Nachbildungen; die Originale befinden sich im Bremer Focke-Museum.
Als man sich im frühen 17. Jahrhundert für eine Neugestaltung der Fassade entschloss, erhielt die Schauseite des Rathauses ein neues Erscheinungsbild im Stil der Weser-Renaissance. 1608 wurde mit der Neugestaltung der Fassade begonnen, bereits 1612 konnten die Arbeiten abgeschlossen werden. Der Steinhauer Lüder von Bentheim entfaltete in den Relieffriesen oberhalb der Arkadenbögen einen atemberaubenden Bilderreigen. Anhand von mythischen und sagenhaften Gestalten sowie zahlreichen Sinnbilder für die menschlichen Tugenden schritten die gestaltenden Bildhauerkünstler die gesamte humanistische Bildung ihrer Zeit ab und verliehen ihr beständigen Ausdruck. Insbesondere die Zwickel, die sich rechts und links über jedem Bogen befinden, wurden in exquisiter Kunstfertigkeit ausgestattet: 22 Frauenfiguren finden über den elf Arkadenbögen Platz. Sitzend oder liegend, bekleidet oder hüllenlos – jede Figur symbolisiert ein bestimmte Geschichte, die alle direkt oder indirekt auf die Tugenden und Ziele des Staates sowie eines jeden Einzelnen hinweisen.
Die beiden fast völlig unbekleideten Frauenfiguren auf den Zwickeln des ersten Arkadenbogens symbolisieren durch die beigefügten Attribute Zepter, Buch, Sonne und Fackel zunächst als wichtigste Tugend die veritas: Die Nacktheit der Figuren impliziert, dass die Wahrheit nichts zu verbergen hat. Die Sonne stellt dabei einen Ausdruck für die Unveränderbarkeit der Wahrheit dar, während die Fackel die Erhellung des Verstands - das so genannte Licht, ins Dunkel gebracht - symbolisiert. Oberhalb des zweiten Bogens wurde auf die Bremer Sage von der Henne mit dem Küken verwiesen. Der Sage nach ließen sich ein armer Fischer und seine Frau auf der Suche nach einer neuen Bleibe an jenem Ort nieder, an dem sie eine Henne mit ihren Küken entdeckten. Die dargestellte Frau umschlingt eine Henne mit ihren Küken und stellt somit ein Symbol für Fruchtbarkeit und Mutterschaft dar. Die zweite Frauenfigur symbolisiert mit ihren tierischen Begleitern Hund und Hahn wahrscheinlich Treue und Wachsamkeit. In die beiden nahezu unbekleideten Figuren über dem dritten Arkadenbogen werden aufgrund der Attribute Spaten, Sonne und Waaguhr sowie Peitsche, Stundenglas und Sporn die Tugenden Fleiß, Emsigkeit und Sorgfalt interpretiert. Die Frauen im Zwickel des vierten Bogens stellen wahrscheinlich einerseits Großzügigkeit, und andererseits Kraft und den Schutz vor Angriffen dar. Darauf weisen die von der einen Frau verteilten Münzen sowie der Waffenrock der anderen Frau und die Säule hin. Die Figuren oberhalb des fünften Arkadenbogens führen einen Löwen, ein Zepter und den Reichsapfel sowie eine Krähe, einen Köcher und Pfeile mit sich, so dass man hier von einer Darstellung der Hochherzigkeit und der Eintracht ausgeht.
Im Fries des fünften Arkadenbogens ist der Kampf der Tugenden dargestellt, in welchem die Mäßigkeit über die Gier, die Vernunft über die Ungerechtigkeit und die Wahrheit über die Lüge siegen. Die unbekleidete Schöne oberhalb des sechsten Arkadenbogens führt ein Lamm und ein Kreuz mit sich und ist an eine Kette gefesselt, während die ihr gegenüber gestellte Frau einige Blumen umgreift, die Hand auf ihr Herz legt und auf einen Storch weist. Bei diesen beiden geht man von einer Darstellung der Geduld, der Keuschheit und der Uneigennützigkeit aus. Im Fries des sechsten Bogens sind die vier Evangelisten mit ihren Begleitern Engel, Löwe, Stier und Adler dargestellt. Die beiden dem Betrachter mit dem Rücken zugewandten Frauenfigur oberhalb des siebten Bogens führen einen Delphin und eine Schüssel sowie eine Tafel, auf der die Zeit zwischen der Planung des Rathausbaus im Jahr 1601 und dessen Fertigstellung 1611 eingeschrieben ist, mit sich und scheinen die Enthaltsamkeit von Macht, Ehre und sündiger Sinneslust zu symbolisieren.
Die Figuren über dem achten Arkadenbogen deuten aufgrund ihrer Attribute Kelch und Kreuz sowie Anker und Taube auf die Kardinaltugenden Glaube und Hoffnung hin. Oberhalb des neunten Bogens hält die Frauenfigur zwei Kinder im Arm und symbolisiert mit dieser Geste die Liebe während die ihr gegenüber sitzende Figur beide Arme zur Seite streckt und vermutlich früher eine Metallwaage hielt; damit symbolisierte sie wahrscheinlich die Gerechtigkeit. Oberhalb des zehnten Arkadenbogens sind die Tugenden der Mäßigkeit, der Selbsterkenntnis und der Klugheit symbolisiert; darauf weist das Ausschenken des Weins sowie der Spiegel und die Schlange hin. Oberhalb des elften und letzten Bogens stellen die Frauenfiguren, ausgestattet mit einem Palmzweig und einem Waffenrock, die Glückseligkeit und den Sieg im Bestreben um das ewige Leben dar. Jeder der elf Bögen endet mit einem reich verzierten Schlussstein, auf dem Götter und Menschen, Pflanzen und Tiere ineinander verschlungen sind. Die Zwickel werden von Hermen-Büsten unterbrochen.
In weiteren kleineren Friesen wurden unter anderem die Sternzeichen dargestellt.
Unter den Fenstern der Güldenkammer, im fünften bis siebten Arkadenbogen, wurden die Wappen der vier Bürgermeister dargestellt, die während des Rathausumbaus regierten. Auf dem ersten Wappen ist Hinrich Zobels zu sehen. Darauf folgen in zeitlicher Chronologie die Bürgermeister Dirich Hoyer, Johan Brandt und Arendt Gröning. Über den Bürgermeisterwappen wurden wiederum die vier Jahreszeiten, vier der beeindruckendsten Figurensymbole der Fassade, ausgestaltet.
Die insgesamt acht Statuen an der Ost- und Westfront stellten ursprünglich die bedeutendsten, alttestamentarischen Propheten dar, wurden jedoch im Zuge der Neugestaltung unter Bentheim mit Hilfe von Spruchbändern zu antiken Philosophen und Schriftstellern umfunktioniert. An der Ostfassade befinden sich von links nach rechts Skulpturen des Apostel Petrus, der zwei große Schlüssel in seiner rechten Hand trägt und in seiner Linken ein geschlossenes Buch hält, und des Propheten Jona. Ihm folgen Hiob, der sich mit der Linken in den Bart greift, und schließlich Moses, der einen Hund trägt, während seine Rechte auf seiner Brust ruht. Auf der Westseite sind die Skulpturen der Philosophen Plato, ursprünglich der Prophet Hesekil, und Aristoteles, der einstige Prophet Jeremia, dargestellt. Auf diese folgen Demosthenes, der ursprüngliche Prophet Jesaja, und Cicero, der einstige Prophet Daniel.
Lüder von Bentheim behielt bei der Neugestaltung der Fassaden den langgestreckten Halbbau des Rathauses in seiner ursprünglichen Form bei. Nach dem Abriss des Fassaden-Mittelteils und der Neugestaltung der Fenster zog er den zweistöckigen gläsernen Erker, die so genannte Güldenkammer, in die Fassade ein. Das kleine Zimmer war bereits 1595 als Raum im Raum in die Obere Rathaushalle eingebaut worden und wurde von Bentheim schließlich erweitert und verglast. Die Güldenkammer befindet sich etwas vorspringend auf der Längsseite der Halle, welche sowohl als Versammlungsort als auch als städtische Festhalle diente. Von ihren fast 15 m breiten Deckenbalken blicken Gemälde der deutsche Kaiser und Ratsherren auf den Versammlungssaal herunter. Durch den gläsernen Erker wurde die Grenze zwischen Innen und Außen durchlässig gemacht. 1905 wurde die Güldenkammer von dem Maler Heinrich Vogler bis ins kleinste Detail im Jugendstil ausgestaltet. In dem gläsernen Erker werden nur ausgewählte Senatsgäste zu Tisch gebeten – das Betreten des “Allerheiligsten“ des Rathauses gilt in Bremen als höchste Ehre.
Die Untere Rathaushalle ist heute noch in seiner Grundform erhalten. Mit ihrem Steinfußboden, den Holzbalken und den getünchten Wänden ist sie eher schlicht und schmucklos gehalten. Der Raum ist in drei Längsschiffe klar gegliedert. 10 Stützpfeiler tragen die Decke und verleihen der Halle ihr gotisches Erscheinungsbild. Früher wurde in der Unteren Rathaushalle vor allem der Gewürz- und Tuchmarkt abgehalten.
An der Westseite des Rathauses befindet sich die Bronzeplastik der wohl bekanntesten “Band“ der Stadt: die Bremer Stadtmusikanten, in Form verewigt von Gerhard Marcks. Im Bremer Ratskeller lagern wiederum die liquiden Schätze Bremens: In dieser größten Sammlung deutscher Weine können einige edle Tropfen auf das Jahr 1653 datiert werden.
Zwischen 1906 und 1913 wurde unter der Leitung des Architekten Gabriel von Seidl der Rathausanbau errichtet. Es gelang Seidl, den dreimal so großen Neubau dem Altbau behutsam unterzuordnen und dem mittelalterlichen Hallenbau seine optische Dominanz zu belassen. Seidl verzichtete auf eine üppige Ausstattung, in seinem dezenten Fassadenschmuck wurden nur vereinzelte Elemente sparsam hervorgehoben. Diese stehen wiederum ganz in hanseatischer Tradition; beim genauen Hinsehen meint man, umgedrehte Schiffsrümpfe oder andere maritime Elemente zu erkennen. An der Nordfassade errichtete Seidl eine zweigeschossige, hervorspringende Fenstergruppe und krönte diese mit einem schwungvollen Giebel.

Nutzung, Größe

Das Bremer Rathaus dient auch heute noch als Sitz des Präsidenten des Senats und Bürgermeisters der Freien Hansestadt Bremen. Das Rathaus befindet sich Am Markt 21 in 28195 Bremen. Die Bremer Touristik-Zentrale bietet fast täglich mehrere Führungen durch das Rathaus an. Zu den Führungen ist eine Anmeldung erforderlich. Reservierungen können bei der Touristik Zentrale telefonisch unter 0049-(0)18 05-101 030 vorgenommen werden.
Bei einem Besuch im Rathaus kann selbstverständlich auch dem Bremer Roland ein Besuch abgestattet werden – und zwar ganz ohne Voranmeldung.

Besonderheiten

Im Jahr 2004 wurden das Bremer Rathaus und der Roland zum UNESCO- Weltkulturerbe erklärt.
Die Authentizität des Rathausgebäudes, welches über sechs Jahrhunderte in seinem ursprünglichen Zustand erhalten blieb, sowie der künstlerische Wert der im 17. Jahrhundert neu gestalteten Fassade, die als beispielhafte Repräsentation des Weser-Renaissance-Stils gilt, waren die Hauptkriterien für die Aufnahme des Bremer Rathauses in die Liste der UNESCO.
Mit dem Rathaus und der Rolandsstatue würdigt die UNESCO zudem ein außergewöhnliches architektonisches Ensemble, welches symbolisch für die historisch bedeutsame Entwicklung der bürgerlichen Autonomie und der städtischen Souveränität steht.

Die Baumeister

Lüder von Bentheim war Steinhauer und wurde 1595 zum “erbarn Rades Stenhower“ zu Bremen ernannt. Er errichtete nicht nur die Stadtwaage und das Kornhaus, sondern war auch maßgeblich für die Fassadengestaltung des Alten Rathauses zwischen 1608 und 1612 verantwortlich.

Der Architekt Gabriel von Seidl galt als einer der wichtigen Vertreter des Historismus entwarf wiederum den Neubau des Bremer Rathauses. Seidl wurde am 9. Dezember 1848 in München geboren. Er arbeitete zunächst als Maschinentechniker und studierte an der Münchner Akademie Architektur. 1878 eröffnete er ein Atelier für Innenausstattung und wurde 1900 in den Adelsstand erhoben. Er wurde unter anderem Ehrenkonservator des Bayrischen Nationalmuseums und Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste. In den Städten München, Speyer und Tölz wurde er aufgrund seiner architektonischen Leistungen zum Ehrenbürger ernannt.

Zu seinen wichtigsten Bauwerken zählen unter anderem das zwischen 1894 und 1899 in München errichtete Bayerische Nationalmuseum, das zwischen 1893 und 1900 errichtete Künstlerhaus am Münchner Lenbachplatz und das um 1900 entstandene Schloss Lerbach sowie das 1907 vollendete Historische Museum der Pfalz in Speyer und das 1914 fertiggestellte Kurhaus in Bad Tölz. Gabriel von Seidl verstarb am 27. April 1913 in Bad Tölz.




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