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Liberia: Geschichte
Im 19. Jahrhundert
1821 gründete die American Colonization Society (Amerikanische Kolonialgesellschaft), die sich der Rückführung befreiter Sklaven widmete, die Stadt Monrovia. Das Territorium gehörte vormals zur Kolonie Sierra Leone und war den Briten abgekauft worden. In der Folgezeit wurden etliche weitere Siedlungen von ehemaligen Sklaven aus den USA gegründet, die zunächst unter amerikanischer Gouverneursverwaltung standen.
Durch den Zusammenschluss dieser Ansiedlungen im Jahr 1847 entstand Liberia, das im selben Jahr seine Unabhängigkeit erklärte. Joseph J. Roberts, der bisherige Gouverneur, wurde erster Präsident des Landes. 1862 anerkannten auch die USA die Souveränität Liberias an, nachdem die europäischen Länder dieses bereits getan hatten. Die politische Macht des Landes blieb auf Kosten der Ureinwohner in den Händen der schwarzen Einwanderer aus den USA, die eine Art Apartheidsystem errichteten.
Die Berliner Konferenz im Jahr 1895 beschloss die Abgabe von Teilen des Landes an Frankreich und bestimmte damit die heutigen Grenzen Liberias.
20. Jahrhundert bis heute
Im Jahr 1904 erhielt die afrikanische Bevölkerung Bürgerrechte und 1907 das Wahlrecht. 1926 wurde ein Teil des Territoriums für die Dauer von 99 Jahren für Gummiplantagen an die US-Firmen Firestone und Goodrich abgetreten. 1944 wurde William Vacanarat Shadrach Tubman (1895-1971) zum Präsidenten gewählt. Etwa 20 Jahre später entdeckte man in Liberia reiche Erz- und Diamantenlager. Der kurz darauf begonnene Abbau wurde von US-Firmen betrieben. Tubman blieb bis zum Jahr 1971 Präsident des Landes. Sein Nachfolger wurde 1971 William R. Tolbert.
Korruption und Misswirtschaft führten in den Jahren 1973/74 und 1979/80 zu Unruhen in der Hauptstadt Monrovia. Im April 1980 übernahm Master Sergeant (Hauptfeldwebel) Samuel Kanyon Doe (1950-1990) in einem Militärputsch die Macht. Präsident Tolbert und die Mitglieder seiner Regierung wurden ermordet, die Verfassung suspendiert und der Ausnahmezustand verhängt. Doe errichtete ein autoritär-repressives Militärregime und kopierte das vorherige ameriko-liberianische Patronagesystem. Bei der Besetzung der Ämter bevorzugte er Mitglieder seiner eigenen Ethnie, der Krahn, sowie die muslimischen Mandigo. Andere Ethnien, vor allem die Gio und Mano im Nimba County, wurden zunehmend brutaler verfolgt. Zu den Wahlen im Oktober 1985 waren die Oppositionsparteien nicht zugelassen und Doe gewann mit 50,9 % der Stimmen. Nach einem Putschversuch im November 1985 verübte die Armee im Nimba County ein Massaker.
Im Januar 1986 wurde Samuel Doe als Präsident und Regierungschef vereidigt. Korruption und Vetternwirtschaft bedingten in der Folgezeit den weiteren wirtschaftlichen Niedergang des Landes.
Im Dezember 1989 setzte in Liberia der Bürgerkrieg ein. Die von Charles Taylor gegründete "National Patriotic Front of Liberia" (NPFL) griff von der Elfenbeinküste her die Regierungstruppen an und brachte in kürzester Zeit den Großteil des Landes unter Kontrolle. Eine Machtübernahme Taylors wurde jedoch durch die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS unter Führung der nigerianischen Streitkräfte verhindert. Doe wurde 1990 ermordet. Seine Anhänger schlossen sich zum "United Liberation Movement of Liberia for Democracy" (ULIMO) zusammen und begannen den Kampf gegen die NPFL. Ein UN-Embargo führte zur Lebensmittelknappheit im Land. Bei einem ersten Friedensabkommen, das auf Bemühen der ECOWAS im August 1995 in Abuja (Nigeria) zustande kam, wurde ein Waffenstillstand zwischen den inzwischen sieben Rebellengruppen vereinbart und eine Regierung unter Mitbeteiligung Taylors gebildet.
Im April 1996 brach der Bürgerkrieg erneut aus, konnte jedoch im August desselben Jahres durch ein weiteres Friedensabkommen in Abuja (Nigeria) wieder beendet werden. Ruth Perry wurde im September die Vorsitzende des Staatsrates und damit als erste Frau in Afrika Staatspräsidentin. Der insgesamt acht Jahre dauernde blutige Bürgerkrieg hatte über 200.000 Todesopfer gefordert und etwa eine Million Flüchtlinge (mehr als ein Drittel der Bevölkerung) zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen. Bei der durch die ECOMOG durchgeführten Entwaffnung und Demobilisierung zeigte sich, dass 18% der NPLF aus Kindersoldaten bestand. Beobachter stellten fest, dass Nigeria in dem Konflikt durch ECOWAS eigene Interessen vertreten hatte. Darüber hinaus wurden einige Europäische Firmen beschuldigt, Waffen im Austausch gegen Tropenholz und Diamanten nach Liberia geliefert zu haben.
Im Juli 1997 fanden Wahlen statt, in denen Charles Taylor mit 75,33% der Stimmen siegte. Die NPP (National Patriotic Party) erlangte eine Mehrheit im Repräsentantenhaus. Taylor regierte in einem autoritär-repressiven Stil. Den Berichten zweier liberianischer Menschenrechtsorganisationen zufolge wurden in vier Landesteilen Liberias Kinder als Sklaven gehalten. Die ECOMOG sowie Großbritannien und die USA beschuldigten 1999 die Regierung, die Rebellen in Sierra Leone zu unterstützen. Auf der afrikanischen Konferenz zum Thema "Kindersoldaten" im April desselben Jahres wurde Liberia der Einsatz von Kindersoldaten in Sierra Leone vorgeworfen. Aber sämtliche Beschuldigungen wurden von der Regierung Liberias zurückgewiesen.
Da die unter Doe dominanten Ethnien in der neuen Regierung weitgehend von der Macht ausgeschlossen wurden, kam es ab 2000 erneut zu Auseinandersetzungen zwischen der Armee und der überwiegend aus Krahn und Mandigo bestehenden Rebellenbewegung LURD (Liberians United for Reconciliation and Democracy). Anfang 2002 formierte sich eine weitere Rebellenbewegung (MODEL, Movement for Democracy) in Liberia. Nach vergeblichen Vermittlungsbemühungen der ECOWAS wurde eine Friedenstruppe, die ECOWAS Mission in Liberia (ECOMIL) nach Monrovia entsendet. Charles Taylor ging ins Exil nach Nigeria. Sein Amt übernahm vorübergehend Moses Zeh Blah. In den daraufhin in Accra stattfindenden Friedensgesprächen wurde Gyude Bryant zum Übergangspräsidenten (Chairman of the National Transitional Government) bestimmt.
Per UN-Resolution wurde im September 2003 die Mission der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOMIL durch die multinationale UNMIL abgelöst. Die Bildung einer Übergangsregierung dauerte bis zum März 2004. Bei den Präsidentschaftswahlen vom 8. November 2005 setzte sich die Weltbankexpertin Ellen Johnson-Sirleaf (geb. 1939) mit 57,9% der Stimmen gegen den Ex-Fußballstar George Weah (geb. 1966) durch, der lange als Favorit galt. Am 16. Januar 2006 wurde sie in ihr Amt eingeführt. Sie ist die erste Frau, die in der Folge einer Wahl Präsidentin eines afrikanischen Staates wurde.
Charles Taylor gilt als einer der übelsten Kriegsverbrecher und Menschenrechtsverletzer Afrikas. Er wurde aus dem Exil in Sierra Leone am 20 Juni 2006 nach Den Haag zum Internationalen Strafgerichtshof ausgeliefert. Der Prozess gegen ihn wurde am 4. Juli 2007 offiziell eröffnet.
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