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Wölfe

Einleitung

Wölfe im Rudel © goruma (A. Beckstein)

Der Wolf, in Sagen und Märchen als Isegrim bezeichnet, spielt darin meist eine unerfreuliche Rolle, und wer ein solch "böses" Tier zur Strecke bringt, wird in der Regel dafür  gelobt. In einem Märchen frisst er Rotkäppchens Großmutter und in einem anderen die Sieben Geißlein und wird am Ende jeweils mit dem Tod bestraft.
In allen Regionen, in denen Wölfe leben bzw. lebten, gibt es Erzählungen über Angriffe von Wolfsrudeln auf Reisende oder Kindesraub durch einzelne Tiere.
Traurige Berühmtheit erlangte die "Bestie von Gévaudan", ein angeblich riesiger Wolf, der in Südfrankreich Mitte des 18. Jahrhunderts über hundert Menschen getötet haben soll.
An Schauergeschichten herrscht also kein Mangel, doch entbehren die meisten Geschichten jeglicher Wahrheit. Allerdings dringen in Einzelfällen die sonst so menschenscheuen Wölfe, vom Hunger getrieben, im Schutze der Dunkelheit in Gehöfte und kleine Dörfer ein, so dass es theoretisch zu Zwischenfällen kommen könnte. Aber in der Regel gehen die Wölfe dem Menschen aus dem Wege und sind eher scheue Tiere. Der Wolf ist zudem der Stammvater aller heute lebenden Hunderassen, aus ihm hat der Mensch seinen besten Freund den Hund gezüchtet, der sich mit dem Wolf verpaaren lässt und lebensfähige Junge hervorbringt. Mit seiner Domestizierung vor etwa 15.000 Jahren begann der Übergang vom Jäger und Sammler zum sesshaften Bauern. Ohne ihn würde es unsere heutige Zivilisation vielleicht in dieser Form nicht geben.

Dies hatte zur Folge, dass die Wölfe gnadenlos gejagt wurden. In Deutschland gab es - auch ein deshalb - bis vor wenigen Jahren keine freilebenden Wölfe mehr, so wurde 1904 der letzte freilebende Wolf in Deutschland geschossen
Aber mittlerweile hat sich die Einstellung zu diesen schönen, sehr sozialen und scheuen Rudeltieren zum Positiven gewandelt. Es ist zu hoffen, dass dieses Tier auch in Deutschland bald wieder in größerer Stückzahl heimisch wird. Erste erfolgsversprechende Anfänge sind bereits gemacht.
Anfang 2018 lebten in Deutschland etwa 600 Tiere. Seit die Tiere in Deutschland wieder heimisch geworden sind, hat es keinen Angriff auf einen Menschen gegeben.

Systematische Einteilung

Ordnung Raubtiere (Carnivora)
Überfamilie Hundeartige (Canoidea)
Familie Hunde (Canidae)
Tribus Echte Hunde (Canini)
Gattung Wolfs- und Schakalartige (Canis)
Art Wolf (Canis lupus)

Ausländische Bezeichnungen

  • Englisch: Gray wolf
  • Französisch: Loup

Aussehen Merkmale

Wolf (Canis lupus) © goruma (T.Asthalter)

Der Wolf ist das größte Mitglied der Familie der Hunde. Die nordamerikanische Unterart wird bis zu 160 cm lang, erreicht eine Schulterhöhe von etwa 90 cm und kann bis zu  60 kg schwer werden.
Die europäischen Tiere sind mit einer Schulterhöhe zwischen 70 bis 90 cm etwas kleiner und auch leichter. Das lange, dichte Fell ist in Grautönen gefärbt, im Nordwesten Amerikas gibt es schwarze und in der Arktis ganz weiße Tiere.
Die Männchen sind im Allgemeinen größer als die Weibchen. Die lange Schnauze mit der hervorstehenden Nase ist für den ausgezeichneten Geruchssinn verantwortlich:
Wölfe riechen etwa hundertmal besser als Menschen und können ihre Beute über 2 km mit dem Wind wahrnehmen.
Die dreieckigen und gut beweglichen Ohren verleihen ihm ein ebenso vorzügliches Gehör. In freier Wildbahn werden Wölfe selten älter als 10 Jahre alt, in menschlicher Obhut können sie bis zu etwa 15 Jahre alt werden.

Vorkommen

Die verschiedenen Unterarten des Wolfes besiedeln weite Teile Europas, Asiens und Nordamerikas. Selbst die Arktis (Polarwolf) und die arabische Halbinsel (Arabischer Wolf) hat er sich erobert. In ganz Europa leben noch etwa 20.000 Wölfe, die Hälfte davon in Russland.
 Weitere Bestände gibt es in Portugal, Spanien (ca. 2.000 Tiere), Italien (700 Tiere) und Finnland. Über Osteuropa, speziell Polen (ca. 700 Tiere) und Rumänien (ca. 4.000 Tiere), haben sie auch Deutschland wieder besiedelt.
Die ersten  Rudel haben sich in der Oberlausitz in Sachsen  fest eingerichtet und ziehen dort erfolgreich ihre Jungen groß. Eine größere Anzahl lebt mittlerweile auch in Brandenburg in der Prignitz, dem Fläming und dem Spreewald. Aber auch in Bayern und Niedersachsen gibt es wieder Wölfe.
Insgesamt leben derzeit (2018) ca. 800 Wölfe in Deutschland.
Die Tiere leben in Rudeln, das in der Regel aus einem Elternpaar und deren Nachkommen mehrerer Generationen sowie "Onkeln und Tanten" besteht. Daher werden die Begriffe Rudel und Familie synonym verwendet. Einzeln lebende Tiere sind relativ selten.

Lebensraum, Verhalten

Die 44 Unterarten bewohnen nahezu alle Lebensräume. Man findet Wölfe von der Polargegend bis hin zur Wüste, in Wald und Steppe ebenso wie im Hochgebirge. Im Folgenden soll das Verhalten der großen nordamerikanischen und europäischen Wölfe näher beschrieben werden:
Wölfe sind sehr soziale Tiere und leben in festen Verbänden, die gemeinsam ihr Revier verteidigen. Ein solches Rudel umfasst durchschnittlich 5 bis 8 Mitglieder.
Entgegen einer überholten Vorstellung wird ein Rudel nicht vom Leitwolf geführt, sondern gemeinsam von einem Leitpaar. Bei wichtigen "Entscheidungen" entscheidet die Leitwölfin.
Die Reviergröße beträgt in Nordsibirien oder im Norden von Kanada eine Fläche von ca. 1.000 km², während es in Europa zwischen 150 bis 350 km² sein können.
Interessant ist dabei, dass das Revier aus einem Innenrevier und einem Außenrevier besteht. Dabei halten sich die Tiere etwa Zweidrittel ihrer Zeit auf - es ist sozusagen das Wohnzimmer der Tiere.
Wölfe sind außerordentlich reviertreu und das sogar über mehrere Generationen. Ihre Reviertreue geht so weit, dass sie auch nach längerer Abwesenheit immer wieder in ihr angestammtes Revier zurückkehren.
Es ist eine Mär, dass Wölfe nur heulen können. Sie verfügen über ein vielfältiges Spektrum an Kommunikationsmöglichkeiten. zum einen um ihr Revier zu kennzeichnen oder um verloren gegangene Familienmitglieder zu rufen und natürlich auch um potenzielle Paarungspartner zu finden. In einer Studie in den USA konnten rund 20 verschiedene Heultöne unterschieden werden.
Dabei kommen alle möglichen Arten von Heultönen, aber auch Bellen zum Einsatz. Sofern ein Tier verletzt oder krank und daher unfähig zur Jagd ist, wird das betreffende Tier von den anderen mitversorgt.

Fortpflanzung

Wildlebende Wölfe werden meist im Alter von zwei Jahren geschlechtsreif - manchmal aber auch erst mit vier oder fünf Jahren.
Sie paaren sich beispielsweise in Mitteleuropa zwischen Anfang Februar und Anfang März, wobei die Tiere, vergleichbar Hündinnen, etwa eine Woche lang empfängnisbereit sind.
Nach einer Tragezeit von etwa 9 Wochen kommen in der Regel 4 bis 7 Junge zur Welt, sehr selten auch bis zu 11.
Vor der Geburt graben nicht nur die Weibchen sondern auch das Männchen und andere Mitglieder des Rudels eine Erdhöhle. Aber es werden auch Höhlen von  anderen Säugern wie Füchsen übernommen und entsprechend vergrößert. 
Als Wurfbauten dienen aber  auch hohle Baumstämme, Felshöhlen oder in den Boden gescharrte Gruben, die sich alle  in der Nähe von Wasser und in deutlichem Abstand von den Reviergrenzen befinden.
Es können mehrere Weibchen (Fähen) in einem Rudel Junge bekommen - sofern ausreichend Platz und Nahrung da ist - die sie alle gemeinsam großziehen.
Etwa einen Monat vor der Geburt verlassen manche  Weibchen die Umgebung der Geburtshöhle kaum noch und werden dann geradezu liebevoll von den Mitgliederern ihres Rudels versorgt.
 Die neugeborenen Tiere sind anfangs blind und taub und habeneinGewicht zwischen 300 bis 500 g. Ihr Fell ist sehr fein und dunklel. Nach  11 bis 15 Tagen öffnen sie dann ihre Augen und können aufen, knurren sowie Nahrung kauen. Auch die ersten Zähne sind erkennbar.
Bereits nach ca. 20. Tag beginnen die Jungen erstmals die Höhle zu verlassen und mit  Geschwistern und anderen Familienmitgliedern zu spielen. Obwohl sie jetzt  auch feste Nahrung zu sich nehmen können, werden  noch bis zum Alter von sechs bis acht Wochen gesäugt.
Ihre Nahrung erhalten sie von den anderen Rudelmitgliedern, die von den Welpen am Maul beschnuppert und deren Schnauze mit der eigenen Schnauze umklammert wird, daraufhin fressen sie dieausgewürgte Nahrung auswürgen.
Dabei ist immer wieder bewundernswert, mit welcher Hingabe sich alle älteren Rudelmitglieder um den Nachwuchs kümmern.

Nahrung

Wölfe jagen gemeinschaftlich und können so Beutetiere überwältigen, die erheblich größer sind als sie selbst. Dabei nehmen  die verschiedenen Angehörigen des Rudels jeweils eine andere Rolle ein.
Ihre wichtigste Beute sind Wapiti,  Elche, Rehe, Hirsche, Wildschweine oder Hasen - sie begnügen sich aber auch mit kleineren Tieren, wie Mäuse, Vögel, Fische, Heuschrecken oder sogar Beeren. 
Bei großen Beutetieren handelt es sich jedoch oft um kranke, alte oder ganz junge Mitglieder einer Herde. Können sie ihre Beute nicht ganz auffressen können, so wird der Rest versteckt und später wieder aufgesucht.
Sie erbeuten aber - zum großen Ärger von Bauern und Hirten - auch Schafe.
Ein Wolf kann in einer Mahlzeit bis zu 9 kg Fleisch aufnehmen, in Notzeiten aber auch zwei Wochen ohne Nahrung auskommen

Feinde

Wolf bei der Jagd © goruma (A. Beckstein)

Der Wolf hat nur einen Feind, den Menschen. Er wurde seines Pelzes wegen gejagt, als Nahrungskonkurrent vertrieben oder einfach aus Angst oder aus Aberglauben verfolgt und in entlegene Rückzugsgebiete verdrängt.
Von Hirten oder Bauern wird er als Beutetier ihrer Schafe gejagt und getötet. In Deutschland stehen die Tiere jedoch streng unter Schutz und evtl. gerissene Nutztiere werden vom Staat ersetzt.

Besonderheiten

Körpersprache und Mimik spielen im Zusammenleben der Wölfe eine besondere Rolle. Selten kommt es im Rudel zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Die Stellung der Ohren, Zähnefletschen, Körperstellung und Schwanzhaltung sind wichtige Mittel zur Kommunikation.
Das berühmte Heulen und auch Bellen dient der  der Aktivitätsphasen und fördert den Zusammenhalt der Gruppe. Gleichzeitig signalisiert es benachbarten Rudeln, dass das Gebiet besetzt ist und verhindert somit Revierstreitigkeiten. Auch verloren gegangene Familienmitglieder werden damit gerufen und natürlich dient es auch dazu, potenzielle Paarungspartner zu finden.

Schutz der Wölfe

Goruma hat sich diversen Organisationen angeschlossen, deren Ziel der Schutz der hiesigen Wölfe ist.
So hatten wir eine Aktion von change.org unterstützt, die über 100.000 Unterschriften gegen den von der Landesregierung genehmigten Abschuss des angeblich zutraulichen Wolfs mit dem Namen Pumpak gesammelt hatte.
Das Tier stammte ursprünglich aus Polen und wurde auf einem Truppenübungsplatz von deutschen Soldaten gefüttert und war daher recht zutraulich geworden.

Buchempfehlung

Das folgende Buch ist mehr als nur eine reine biologische Beschreibung der Wölfe.
Das zwar auch und mit einer Reihe neuer Erkenntnisse.
Aber nach vielen Jahren der Beobachtung frei lebender Wölfe, besonders im Yellowstone-Nationalpark in den USA, durch die Autorin ist eine regelrechte Liebeserklärung für diese wunderbaren sozialen Tiere entstanden, das wir jedem Wolfsliebhaber - und nicht nicht nur diesen - wärmstens empfehlen können.

Die Weisheit der Wölfe
Elli H. Radinger
Ludwig Verlag München
Verlagsgruppe Random House GmbH
Neumarkter Str. 28
81673 München
Erscheinungsdatum Oktober 2017
 

 




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