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Tjibaou Art & und Cultural Centre in Noumea (Neukaledonien)

Mit dem Tjibaou Art & Cultural Centre im neukaledonischen Noumea ist eine Kulturzentrum entstanden, in welchem nicht nur die Geschichte und das kulturelle Erbe der Kanak bewahrt, sondern insbesondere zeitgenössische ozeanische Kunst aller Disziplinen gefördert und präsentiert werden soll. Das von Renzo Piano entworfene Gebäude verbindet die traditionelle Kanak-Bauweise mit hochtechnologischen Innovationen und einer zeitlosen, mit der süd-pazifischen Fauna und Flora harmonisierenden Ästhetik.

Standort Noumea, Neu-Kaledonien
Bauzeit 1995 - 1998
Architekt Renzo Piano
Besonderheiten Das Bauwerk verbindet die traditionelle Kanak-Architektur mit zeitgenössischer Ästhetik und hoch-modernen Bautechniken
Nutzung Kunst-und Kulturzentrum zur Erhaltung und Förderung der Kanak-Kultur
Adresse/Telefon Tjibaou Art & Cultural Centre
Rue des Accords de Matignon, Tina
BP 378-988 45 Noumea Cedex
Tel. 00687 - 41 45 45
Öffnungszeiten Dienstags bis sonntags von 9:00 bis 17:00 Uhr

Geschichte des Gebäudes

Die Geschichte des Tjibaou Cultural Centres begann eigentlich bereits im Jahr 1975: Auf Tina Peninsula, einer weit in die Lagune hineinreichenden Landzunge Neu-Kaledoniens, organisierte der Kanak-Führer Marie-Claude Tjibaou das legendäre Melanesia 2000 Festival und setzte damit ein Zeichen der Würdigung der Kanak und rückte ihr kulturelles Erbe erstmals in den Blick der Öffentlichkeit.

Im Jahr 1988 gründete sich auf Initiative der beiden führenden Parteien Neu-Kaledoniens, der RPCR und den FLNKS, sowie der französischen Regierung die “Agency for the Development of Kanak Culture“, kurz A.D.C.K., welche sich die Bewahrung der Geschichte und Kultur der Kanaks sowie die Präsentation und Förderung zeitgenössischer Kanak-Kunst zur Aufgabe gemacht hat. Zu diesem Zweck entstand ein Kulturzentrum, in dem auf vielfältige Weise das archäologische, anthropologische und linguistische Erbe der einzelnen Kanak-Stämme erfahrbar wird und das einen Ort des regen kulturellen Austauschs innerhalb der Südpazifik-Region darstellt.

Zur Realisierung des nach Marie-Claude Tjibaou benannten Kulturzentrums stellte der Stadtrat von Noumea der A.D.C.K. jenes 8 ha große Land auf Tina Peninsula in der Nähe des Magenta International Airports zur Verfügung, auf welchem knapp 15 Jahre vorher das Melanesia 2000 Festival stattgefunden hatte.

Im Oktober 1989 wurde der Bau des Tjibaou Art & Cultural Centre’s zum einen der “Großen Projekte der Republik“ erklärt, wodurch das Bauunternehmen von der Landesregierung finanziell abgesichert wurde und auch auf der Planungsebene erste Priorität erfuhr. Bereits im Jahr 1990 war das Projekt durchkonzipiert und das A.D.C.K. schrieb gemeinsam mit dem International Institute of Architects einen Architekturwettbewerb für die Planung und Realisierung des Gebäudekomplexes aus. Am 10. November 1990 traf sich die Jury, unter ihnen der Präsident des A.D.C.K. Marie-Claude Tjibaou und namhafte Architekten wie beispielsweise der Australier Glenn Murcutt oder Aldo van Eyck aus den Niederlanden, erstmals, um aus den insgesamt 170 Einsendungen zunächst 10 Entwürfe, unter anderem von Lucien Lafour aus den Niederlanden, David Week aus Australien und Kauahikaua & Chun aus Hawai, auszuwählen. In einer zweiten Sitzung in Noumea ernannte die Jury den Entwurf des italienischen Architekten Renzo Piano zum Wettbewerbsgewinner.

Nach intensiven Studien des Geländes wurde der Originalentwurf im Laufe des Jahres 1991 überarbeitet und simplifiziert. Im November 1991 wurde Renzo Piano als ausführender Architekt mit seinem Büro “Building Workshop“ vom französischen Ministerium für Übersee-Territorien und dem Ministerium der Großen Projekte der Republik unter Vertrag genommen. Gleichzeitig wurde das Budget für den Bau auf 320 MFF festgesetzt. 1994 waren schließlich die Pläne für die Ausstellungsflächen fertiggestellt und die Zusammenarbeit mit den Konstruktionsfirmen begann.
Während die ersten Araucaria-Pinien bereits 1993 gepflanzt wurden, begannen am 4. März 1995 die Bauarbeiten mit der Aushebung des Fundaments. Parallel zu den Arbeiten am Gebäude entstand der Kanak-Pfad, eine Art Erlebnisweg durch die ozeanische Fauna und die Geschichte der Kanak. Am 4. Mai 1998 wurde das Tjibaou Art & Cultural Centre feierlich vom französischen Premierminister Lionel Jospin eröffnet und am 16. Juni 1998 öffnete das Kulturzentrum der breiten Öffentlichkeit seine Türen. Seither ist die Kultur und Kunst der Kanak über die traditionelle Handwerkskunst hinausgewachsen, denn gerade zeitgenössische Strömungen finden in dem Kulturzentrum besondere Förderung und einen Raum des internationalen Austauschs mit umfangreichen Präsentationsmöglichkeiten.

Beschreibung des Gebäudes

Wie in all seinen bisherigen Projekten zeichnete sich Renzo Pianos Entwurf des Tjibaou Art & Cultural Centre’s aus durch eine harmonische Verbindung seiner persönlichen, ästhetischen Visionen und den Werten der speziellen Gemeinschaft, für die er ein Bauwerk entwirft. So legte er auch bei dem Entwurf des Kulturzentrums in Neu-Kaledonien viel Wert auf die Berücksichtigung und Integration von Licht, Luft, Transparenz und natürlichen Formen.

Andererseits verbindet Piano die traditionellen Formen der Kanak-Architektur mit hochmodernen ästhetischen Mitteln und technischen Innovationen. Pianos Gebäudekomplex besteht aus einer Serie stilisierter “Großer Häuser“, die von den traditionellen Kanak-Häusern inspiriert wurden: Ihre unterschiedlichen Höhen, Formen und Oberflächen assoziieren einen Eindruck des Unfertigen, des im Prozess Begriffenen und stellt so eine Analogie zur Kanak-Kultur, die sich ebenfalls in einem Prozess des Erinnerns und des Aufbaus befindet, dar. Die Häuser sind aus einer für den Betrachter sichtbaren und formschönen Stahlkonstruktion und afrikanischem, stabilem Iroko-Holz gefertigt, ein Holz welches im Laufe der Zeit eine Art Silber-Patina annimmt. Darüber hinaus wurde der Gebäudekomplex mit einem hochmodernen Klima-Kontrollsystem ausgestattet. Neben der exquisiten Multimedia-Ausstattung des Kulturzentrums wurde besonders viel Wert auf die Sicherung des Gebäudes im Falle der häufigen Erdbeben und Taifune gelegt. So schuf Piano eine einzigartige Verbindung aus futuristischer Technologie und traditionellen Materialien und einer für die Kanak-Kultur typischen Formsprache.
Die zehn “Großen Häuser“ bilden die insgesamt drei “Dörfer“, die durch eine zentrale Halle, die sich wie eine Dorfstrasse zwischen den Häusern entlang zieht, verbunden werden. Die gebogenen Fassaden der einzelnen Gebäude reflektieren die Formen der Fauna des Landes und erscheinen durch ihre alternierenden Größen wie silbrig schimmernde Pflanzen mit unterschiedlich knospenden Trieben - ein Effekt, der durch die unmittelbare Nähe der Araucaria Pinien noch verstärkt wird. Die einzelnen Häuser, von denen einige niedrig und intim erscheinen, während andere hoch hinaufragen und die Pinien nachzuahmen scheinen, strahlen durch die offenen Stahlkonstruktionen eine luftige Leichtigkeit und Transparenz aus. Der Weg, den man durch den Komplex zurücklegt, wird begleitet von einem spannenden Licht- und Schattenspiel, welches durch die unterschiedlichen Höhen der Gebäude vielfältig gebrochen wird.

Nutzung, Größe

Die Nutzungsfläche des Tjibaou Art & Cultural Centre beträgt insgesamt 8.188 m2 in einem 8 ha großen Landschaftspark. Das Kulturzentrum besteht aus 3 “Dörfern“ mit insgesamt 10 Häusern. Für jedes Haus wurden 300 m3 Iroko-Holz und 500 Tonnen Stahl verarbeitet. Die zehn Häuser variieren zwischen drei Größen: Das kleinste von ihnen besitzt eine Höhe von 22 m, die mittleren wiederum besitzen eine Höhe von 28 m und das höchste der Häuser ragt 33 m in die Höhe.
Das erste der drei Dörfer ist der Identität der Kanak-Stämme sowie der permanenten Kunstsammlung gewidmet. Neben Skulpturen und Handwerksarbeiten wird hier die größte permanente Ausstellung neu-kaledonischer Kunst mit über 800 Exponaten ausgestellt.

Desweiteren befindet sich im ersten Dorf ein Auditorium mit einer Platzkapazität für 400 Personen, eine Halle für temporäre Ausstellungen, mit dem Museumsshop und der Gastronomie. Im zweiten Dorf befindet sich unter anderem die Multimedia-Bibliothek sowie zwei Häuser für temporäre Ausstellungen explizit zeitgenössischer Kanak-Kunst. Im dritten Dorf befinden sich ein Konferenz- und Lesungssaal, eine Ausstellung der Architektur-Projekte des Tjibaou Art & Cultural Center’s sowie der Bereich der Administration. Desweiteren befindet sich dort ein Haus, welches ganz dem Kanak-Führer und Namensgeber des Kulturzentrums, Marie-Claude Tjibaou, gewidmet ist. Außerhalb des Kulturzentrums befindet sich das Belvedere, in dem Unterbringungsmöglichkeiten für ausstellende Künstler, Dozenten und Studenten zur Verfügung stehen.
Das Tjibaou Art & Cultural Centre ist dienstags bis sonntags von 9:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt für Erwachsene 500 XPF, für Kinder, Studenten, Arbeitslose und Senioren ist der Eintritt frei.
Man erreicht das Tjibaou Art & Cultural Centre aus Noumea-City entweder in einer 35-minütigen Fahrt mit der “little train“, in der eine Audio-Führung erste Einblicke die Geschichte der Kanak und der Region vermittelt oder mit dem Stadtbus in ca. 30 Minuten. Mit dem Taxi legt man den Weg in ca. 10 Minuten zurück. Viele Urlaubsanbieter haben Touren im Angebot, bei denen auch der Besuch des Kulturzentrums ein wesentlicher Teil des Programms ist.

Besonderheiten

Neben der von Renzo Piano entworfenen Architektur des Kulturzentrums ist vor allem die Einbettung des Gebäudekomplexes in seine umliegende Natur von größter Wichtigkeit für das Verständnis der Kanak-Kultur. So wurden nicht nur die markanten Araucaria Pinien auf dem Gelände gepflanzt, sondern immenser Wert auf die Gestaltung und Pflege der typisch ozeanischen Fauna gelegt. Eine einzigartige Pflanzenvielfalt wurde aufgrund ihrer Bedeutung für die Kanak angepflanzt, so dass sich neben der Entdeckungsreise durch die Geschichte und Ästhetik jener Region eine weitere, spirituellere Form der Erkundung bietet. Auf dem Kanak-Pfad folgen die Besucher einem Initiationspfad der Kanak, der in 5 Stadien aufzuschlüsseln ist: Die Herkunft der Kreatur, die Erde als Versorger, das Land der Ahnen, die Gemeinschaft der Geister und die Wiedergeburt.
Teilweise finden auf dem Kanak-Pfad Tänze oder Performances statt, die von dem großen Spirituellen Vater Téâ Kanaké und den Mythen und Riten der Kanak erzählen.

Der Architekt

Renzo Piano wurde am 14. September 1937 in Genua, Italien geboren. Im Jahr 1964 schloss er sein Architekturstudium in Mailand ab und nahm darauf seine Tätigkeit als Architekt im Büro seines Vaters auf. Zwischen 1965 und 1970 arbeitete er unter anderem mit Louis I. Kahn in Philadelphia und mit Z.S. Makowsky in London zusammen.

Von 1971 bis 1977 arbeitete er in Bürogemeinschaft mit Richard Rogers in seinem eigenen Büro in Genua und London. 1971 gewannen die beiden Architekten den Wettbewerb für das Centre Pompidou. In den 1980er Jahren realisierte Piano unter anderem das Museum für die Menil Collection in Houston, Texas, den Umbau der Fiat Lingotto Fabrik in Mailand und das San Nicola Fußballstadion in Bari. 1988 begann er mit dem Bau des Kansai International Airport in Osaka, zwischen 1992 und 1997 erarbeitete er den Masterplan für den Potsdamer Platz in Berlin. Zwischen 1994 und 1997 realisierte er das Museum für die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel und parallel dazu erbaute er zwischen 1995 und 1998 das Tjibaou Art & Cultural Centre in Noumea, Neu-Kaledonien.

Im Jahr1998 erhielt er den Pritzker Architecture Prize, den so genannten “Nobelpreis“ für Architektur. Seit dem Jahr 2000 realisierte er unter anderem das New York Times Building in New York City, den London Bridge Tower in London, das Whitney Museum of American Art in New York City und den Masterplan für den Porto di Genova in Genua.




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