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Rentier (Wildren, Karibu)
Einleitung
Rentiere spielen bereits seit der Altsteinzeit eine wichtige Rolle im Leben der Menschen in der Arktis.
Das Fleisch und die Milch wurden als Nahrung, die Felle für Kleidung und Zelte, die Knochen für Werkzeuge und sogar die Sehnen als Garn verwendet.
Als Zugtiere sieht man sie auch heute noch, vor einen Schlitten gespannt, ihre Arbeit verrichten.
Das bekannteste Rentier ist wohl "Rudolph, The Red-Nosed Reindeer“ (Rudolph, das rot-nasige Rentier), das einer Geschichte entstammt, die 1939 von dem US-Amerikaner Robert L. May für eine Kaufhauskette geschrieben und kostenlos verteilt wurde.
Inzwischen wurde sie in zahlreichen Versionen als Weihnachtslied vertont.
Das Rentier ist bis heute die einzige Hirschart, bei der eine Zähmung gelungen ist - und zwar bereits vor über 900 Jahren durch die Samen (alte Bezeichnung: Lappen) und kann daher auch als Haustier gehalten werden.
In Alaska sind die Tiere jedoch noch weitgehend wildlebend. In Amerika werden die Tiere als Karibus bezeichnet.
Aber auch die gezähmten Tiere leben nicht in umzäunten Gehegen, sondern ziehen frei umher, so dass die Menschen der Herde folgen müssen. In Alaska und Kanada legen die Tiere bis zu 5.000 km in einem Jahr zurück.
Besonders in Mittel-und Westeuropa sind Rentiere die Tiere der Samen, die zu Weihnachten den mit Geschenken beladenen Schlitten des Weihnachtsmanns ziehen.
In der Realität ziehen sie tatsächlich Schlitten - aber nicht den des Weihnachtsmanns - sondern die der Samen.
Gliederung, Taxoomie
Traditionell unterscheidet man von der Art Rentier (Rangifer tarandus) zwei Hauptformen mit ihren Unterarten:
Tundrarentiere
- Alaska-Karibu (Rangifer tarandus granti)
- Barrenground-Karibu (Rangifer tarandus groenlandicus)
- Eurasisches Tundraren (Rangifer tarandus tarandus)
- Peary-Karibu Rangifer tarandus pearyi)
- Spitzbergen-Ren (Rangifer tarandus platyrhynchus)
- Tundraren (Rangifer tarandus sibericus)
Waldrentiere
- Europäisches Waldren (Rangifer tarandus fennicus)
- Kanadisches Waldkaribu (Rangifer tarandus caribou)
- Mandschurisches Ren (Rangifer tarandus phylarchus)
- Sibirisches Waldren (Rangifer tarandus valentinae)
Ordnung | Paarhufer (Artiodactyla) |
---|---|
Familie | Hirsche (Cervidae) |
Unterfamilie | Trughirsche (Capreolinae) |
Tribus | Eigentliche Trughirsche |
Gattung | Renhirsche (Rangifer) |
Art | Rentier (Rangifer tarandus) |
Ausländische Bezeichnungen
- Englisch: Reindeer, Caribou
- Französisch: Renne
Vorkommen
Das Rentier kommt in seinen oben dargestellten Unterarten von Nordgrönland bis zum 48. Breitengrad in Nordamerika und Asien vor.
Weltweit schätzt man den Bestand der wild lebenden Tiere auf etwa 4 Millionen und der domestizierten auf etwa 3 Millionen Tiere.
Die Tiere leben im Sommer in der polaren Tundra und im Winter in der Taiga, den nördlichen Nadelwäldern.
Aussehen Merkmale
Die Angehörigen der verschiedenen Unterarten unterscheiden sich besonders in ihrer Größe und ihrem Gewicht - aber auch in ihrer Fellfarbe.
So reicht ihre Kopf-Rumpflänge von 120 bis 220 cm und ihre Schulterhöhe von 90 bis 140 cm.
Die größten Tiere findet man in Kanada, in den Bergwäldern von British Columbia. Die dort lebenden Männchen (Renhirsche) können sogar ein Körpergewicht von 340 kg erreichen, wobei ihr Geweih bis zu 15 kg schwer wird.
Gewöhnlich wiegen die Waldrenhirsche zwischen 180 bis 275 kg und die Renkühe zwischen 90 bis 140 kg. Ihr dichtes, mit Unterwolle ausgestattetes Haarkleid, schützt sie vor der eisigen winterlichen Kälte des hohen Nordens.
Dadurch können sie Temperaturen bis etwa -50º C gut überstehen.
Ihre Färbung reicht von dunkelbraun im Sommer bis weißlichgrau im Winter und ist oft noch weiß gescheckt. Der Kopf ist verhältnismäßig klein und geht in einen kurzen, stämmigen Hals über.
Ihre Schwanzlänge beträgt 7 bis 20 cm. Ihre Nasen sind von zahlreichen Äderchen durchzogen, die ersten ihre Umgebung warm halten und zudem dazu dienen, die teilweise extrem kalte eingeatmete Luft in etwa auf Körpertemperatur zu erwärmen.
Eine Besonderheit der Rentiere ist ihr Geweih, so sind Rentier die einzige Hirschart, bei der auch die weiblichen Tiere ein Geweih tragen. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen, denn nicht alle Weibchen des Waldrentiers besitzen eins.
Grafische Darstellung der Verbreitung des Rentiers © goruma
Lebensweise
Rentiere bilden kleine oder große Herden von 10 bis 100 Tieren. Bei ihren großen Wanderungen können es jedoch deutlich mehr sein, so wurden in Alaska Herden mit teilweise weit über 100.000 Tieren beobachtet,
die sich jedoch nach Abschluss der Wanderungen wieder in Kleingruppen auflösen.
Sie durchstreifen die weiten und öden Landstriche des hohen Nordens und halten sich dabei nur selten in Deckung auf.
Ihre Hufe sind breit und gespreizt und auch die Nebenhufe berühren den Boden, so dass sie hervorragend an ein Laufen auf Schnee und weichem Boden angepasst sind. Die Herde bietet in erster Linie Schutz vor Raubtieren, die eine kompakte, gut organisierte Gruppe nicht lange verfolgen. Ein zweiter, ebenso wichtiger Effekt ist der Schutz vor blutsaugenden Insekten, die in der Lage sind, die Tiere beträchtlich zu schwächen und natürlich stark zu belästigen.
Mücken, Bremsen und andere Blutsauger fliegen nämlich vorwiegend die Tiere am Rand an, so dass der Großteil der Herde verschont bleibt.
Die Tiere folgen einem Leittier, das meist ein älteres, erfahrenes Ren ist und sowohl ein Weibchen als auch ein Männchen sein kann. Die Zugrichtung einer Herde ist meist gegen den Wind gerichtet.
So können Feinde dank des ausgezeichneten Geruchssinns früh wahrgenommen werden. Außerdem verhindert diese Strategie, dass ihnen die riesigen Insektenschwärme nachfolgen.
Die Herden unternehmen weite Wanderungen, um ausreichend Nahrung zu finden und den gewaltigen Insektenschwärmen zu entkommen.
So ziehen sie im Frühling nach Norden oder in die Berge, wo die Schneeschmelze und das Pflanzenwachstum später einsetzen.
Zeitgleich ziehen sie damit in kältere und windigere Regionen, wo sich die geflügelten Plagegeister nicht gut halten können.
In der Herde spielt das Sozialverhalten eine große Rolle. Die Rangordnung richtet sich meist nach der Größe des Geweihs. Außerhalb der Brunftzeit gibt es Auseinandersetzungen in der Regel nur wegen begehrter Futterstellen, die das Tier mit dem größeren Geweih gewinnt.
Im Winter, wenn die Hirsche kein Geweih tragen, gewinnen die Kühe, die noch ihr Geweih besitzen, die Auseinandersetzungen um schneefreie Äsungsstellen. Kämpfe zwischen Kühen kommen häufig vor, verlaufen aber meist harmlos.
Nahrung
Als Nahrung dienen den Rentieren Blätter, Kräuter, junge Triebe, Wurzeln, Moose,Pilze, Baum- und Erdflechten. Da Erdflechten eine der Hauptnahrungsquellen darstellen, werden sie auch als "Rentiermoos“ bezeichnet.
Sie besitzen einen hohen Kohlenhydratgehalt und decken den Energiebedarf der Tiere völlig. Allerdings sind sie arm an Eiweiß, Mineralien und Vitaminen. Der Bedarf an Vitaminen und Mineralien wird ab dem Frühjahr über frisches Grün gedeckt.
Im Herbst fressen sie bevorzugt eiweißreiche Pilzkost. Die Fettschicht, von der sie den Winter über zehren können, legen sie hauptsächlich durch den Verzehr der Flechten an. Flechten sind äußerst widerstandsfähig, und das ganze Jahr über verfügbar.
Mit ihren vergrößerten Vorderhufen können Rentiere diese selbst im 40 cm hohen Schnee noch ausgraben. Die weite geografische Verbreitung der Flechten begünstigte auch die weite Ausbreitung der Rentiere.
Fortpflanzung, Jungtiere
Die Tiere werden in einem Alter von rund zweieinhalb Jahren geschlechtsreif.
Zwischen September und Oktober beginnt die Brunft. Dann scharren die Renhirsche Brunftgruben aus, in die sie ihren Harn ablassen. Dies fördert die Paarungsbereitschaft der Renkühe, denen sie in dieser Zeit hinterher jagen.
Die Männchen nehmen während der Brunft keine Nahrung auf und verlieren daher einen nicht unbeträchtlichen Teil ihres Gewichts.
Je nach Lebensraum halten sich die Hirsche einen "Harem" von Kühen oder begleiten auch nur eine einzelne Kuh.
Konflikte zwischen Männchen beschränken sich normalerweise auf Imponierverhalten, doch zwischen Haremsbesitzern entwickeln sich nicht selten ernsthafte Kämpfe mit teilweise tödlichem Ausgang. Nach der Brunft werfen die Hirsche ihr Geweih ab, so dass sie im Winter geweihlos sind, während die Kühe ihren Kopfschmuck noch bis zum Frühjahr behalten.
Die Geburt der Kälber erfolgt von April bis Mai, etwa einen Monat vor Beginn der Schneeschmelze, so dass für die säugende Mutter und das heranwachsende Kalb dann viel Nahrung zur Verfügung steht.
Die Kühe sondern sich einige Stunden vor der Geburt für ein bis zwei Tage von der Herde ab. Bereits eine Stunde nach seiner Geburt ist das einzelne Junge in der Lage seiner Mutter zu folgen.
Dabei orientiert es sich am Spiegel, einem weißen Fleck am Hinterteil. Während die Mutter ihr Kalb am Geruch erkennt, erkennt das Kalb seine Mutter an der Stimme.
Das Kalb wird bis zum Alter von etwa sechs Monaten gesäugt, obwohl es bereits ab einem Alter von einem Monat in der Lage ist, Pflanzenkost aufzunehmen.
Mit rund 30% Trockenmasse haben Rentiere die reichhaltigste Milch aller Huftiere, so dass das Kalb schnell heranwächst.
Ab einem Alter von über zwei Jahren sind die Jungen dann ausgewachsen.
Feinde, Gefährdungen
Die natürlichen Hauptfeinde der Rentiere sind Wölfe, die hauptsächlich kranke und geschwächte Tiere reißen.
Luchse, Vielfraße und Bären sind zudem in der Lage, auch ausgewachsene Rentiere zu überwältigen.
Polarfüchse, Rotfüchse, Seeadler und Krähen können allerdings nur jungen Tieren gefährlich werden.
Daneben werden die Tiere Opfer im Straßenverkehr oder auch auf den Schienen von Zügen.
Besonderheiten
Das Rentier ist die einzige Hirschart, bei der beide Geschlechter ein Geweih tragen, bei allen anderen Hirscharten besitzen nur die männlichen Tiere diesen markanten Kopfschmuck. Allerdings gibt es beim Rentier eine Ausnahme, denn nicht alle Weibchen der Waldformen besitzen eins. Im Winter lassen sich Hirsche und Kühe sehr leicht auseinander halten, denn die männlichen Tiere haben ihr Geweih bereits im Dezember abgeworfen, während die Kühe ihres noch bis zum Frühjahr, bis zur Geburt ihrer Jungtiere, behalten.
Bei den Hirschen (Männchen) fängt das Geweih im April wieder an zu wachsen, während bei den Kühen das Geweihwachstum erst etwas später einsetzt.
Ab September scheuern die Tiere beider Geschlechter an Sträuchern und Bäumen den Bast, eine pelzige und gut durchblutete Haut, von ihrem Geweih.
Rentiere haben, relativ zu ihrer Körpergröße, auch das größte Geweih unter allen Hirscharten.
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