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Byzantinisch
Allgemeiner Überblick
Im Jahr 324 gründete Kaiser Konstantin der Große (280-337) an der Stelle der alten Stadt Byzantion die nach ihm benannte Stadt Konstantinopel als neue römische Hauptstadt. Die Stadt war politischer, religiöser und wirtschaftlicher Mittelpunkt des Byzantinischen Reichs und wurde neben Rom zur zweiten Hauptstadt des Römischen Reichs erhoben.
Kaiser Theodosius (347-395) erkannte 395, kurz vor seinem Tod, die Schwierigkeit, das riesige Römische Reich zu regieren und teilte das sich von Britannien bis zum Euphrat erstreckende Gebiet unter seinen beiden Söhnen in ein West- und Ostreich auf. Nach dieser Teilung entwickelten sich die beiden Reichshälften relativ schnell deutlich auseinander. Während das Westreich mit der Hauptstadt Rom im 5.Jahrhundert, nach Einfall der Germanen unterging, blieb das Ostreich mit der Hauptstadt Konstantinopel bis ins 15.Jahrhundert bestehen.
Der Versuch Kaiser Justinians (482-565), im 6.Jahrhundert, die beiden Gebiete wieder zu vereinen, blieb erfolglos. Erst von diesem Zeitpunkt an lässt sich tatsächlich von einem Byzantinischen Reich sprechen.
Bis ins 10.Jahrhundert hinein war Byzanz in dauerhafte Kriege mit den Persern im Osten, den Awaren, Slawen und Bulgaren im Norden und den Arabern, die weite Teile des Mittelmeerraums beherrschten, im Süden verwickelt. Zudem kam es im 8. und 9.Jahrhundert zu inneren gesellschaftlichen Konflikten. Im so genannten Bilderstreit entfachte sich die Spannung zwischen Kaiser und Kirche. Als sich Kaiser Leon (um 675-741) gegen die Verehrung von religiösen Bildern und für die Einführung des Kreuzes als Symbol aussprach, entfachte er einen mehr als hundert jährigen Kampf mit großen Teilen der herrschenden Kirche, vorwiegend mit dem Mönchtum.
In der Mitte des 9.Jahrhunderts erlebte Byzanz seine politisch und kulturell glanzvollste Periode. Innenpolitisch wurde Byzanz unter den Kaisern aus dem Geschlecht der Makedonen reformiert. Außenpolitisch erhöhten Siege gegen Araber und Bulgaren sowie die Missionierung der Bulgaren und Russen den Einfluss des Reichs.
Das byzantinische Territorium dehnte sich bis zum beginnende 11.Jahrhundert nördlich bis an die Donau und das Schwarze Meer aus und reichte im Osten bis an den Tigris. Im Süden übernahm Byzanz die Herrschaft über Zypern und Kreta sowie Teile Süditaliens und schloss sogar Serbien, Bulgarien und Griechenland mit ein.
Im ausgehenden 11.Jahrhundert bedrohten Turkvölker die Grenzen des byzantinischen Gebiets. Als Reaktion des Westens kamen die Kreuzzüge auf, die für Byzanz jedoch vermehrte Probleme, wie die Versorgung und den Schutz der Pilger darstellten. Die Gründung von Kreuzfahrerstaaten auf byzantinischem Boden verlagerte zudem die wirtschaftlichen und politischen Interessen im Östlichen Mittelmeerraum.
Am Ende des 12.Jahrhunderts wurde das geschwächte Reich von Normannen, Venezianern, Bulgaren und Seldschuken dominiert. Die Venezianer zerschlugen im Jahre 1204 Byzanz letztendlich, indem sie Konstantinopel eroberten und dort ein Reich mit einem lateinischen Kaiser an dessen Spitze errichteten. Jedoch waren die Venezianer nicht in der Lage, das große Gebiet zu beherrschen. Es folgten noch im selben Jahr drei Nachfolgestaaten, wobei sich der Staat von Nikaia politisch durchsetzte und ab 1261 mit der Rückgewinnung Konstantinopels die Funktion des früheren Byzantinischen Reichs übernahm.
Das Territorium des Byzantinischen Reichs verkleinerte sich jedoch deutlich, es umfasste im 13.Jahrhundert nur noch Griechenland, Teile Serbiens und Bulgariens sowie kleine Gebiete am Schwarzen Meer und geriet immer stärker in Abhängigkeit zum westlichen Handel. Zudem stellten die Turkvölker, vor allem die Osmanen, seit dem 13.Jahrhundert eine wachsende Gefahr dar. Im Jahr 1453 eroberten die Osmanen Konstantinopel und errichteten ein muslimisches Reich anstelle des christlich-byzantinischen.
Bis 1923 blieb Konstantinopel die Hauptstadt des Osmanischen Reichs. Im Jahr 1930 wurde Konstantinopel, das frühere Byzantion, schließlich in Istanbul umbenannt.
Byzantinische Kultur
Das Reich Byzanz, das, wie erwähnt, mehr als tausend Jahre Bestand hatte, lässt sich als eine Verbindung aus staatlich-römischer Tradition, griechisch-hellenistischer sowie christlicher Kultur beschreiben. Als Amtssprache wurde Latein eingeführt, doch dominierte von Anfang an die griechische Sprache als Literatur- und Umgangssprache. Ab dem 7.Jahrhundert war Byzanz schließlich ein fast ausschließlich griechischsprachiger Einheitsstaat. Die byzantinische Kultur war durchdrungen von der christlichen Religion, welche die Thematik von Kunst und Literatur beherrschte. Vor allem durch den Einfluss der Kirche auf die mittleren und unteren Bevölkerungsschichten, war das Byzantinische Reich ein durch christliche Ideale geprägter Staat geworden.
Trotz der ständig bestehenden Situation der Verteidigung in der mehr als tausend jährigen Geschichte, sicherte das Byzantinische Reich nicht nur die christlich-griechische Kultur sondern entwickelte eine eigenständig, die byzantinische Kultur heraus. Ausgangspunkt waren sowohl der Kaiserhof, als auch Kirchen und Klöster, vor allem aber die Stadt Konstantinopel als Reichsmittelpunkt. Jegliche kulturelle Strömungen, die von Gebiet zu Gebiet variieren konnten, bezogen sich auf die Vorbilder aus der byzantinischen Hauptstadt.
Das Byzantinische Reich findet seine Wurzeln in der römischen Antike. Die byzantinische Kultur ist in Ausbildung, Kunst und Literatur als Tradition dieser vorangehenden Epoche zu verstehen. Obwohl sie als mittelalterlich, nicht als antik, verstanden werden kann, ist die byzantinische Epoche nicht mit dem westlichen Mittelalter zu vergleichen. In Byzanz blieben Kunst und Kultur in Abhängigkeit von der christlichen Religion und die Kirche in Abhängigkeit von Kaiser und Staat. Klöster und Mönchstum, die sich seit dem 4.Jahrhundert gegen die byzantinische Kirchenhierarchie entwickelt hatten, besaßen jedoch einen besonderen Status. Mit den Idealen von Armut und Bescheidenheit konnte sich die breite Masse besser identifizieren als mit der staatlichen Amtskirche. Nach dem Fall des Byzantinischen Reichs durch die Osmanen, lebte die byzantinische Kultur in diesen Klöstern unbeachtet aber ungestört weiter, während die Kirchen meist in Moscheen umgewandelt wurden.
Stilprägende Bauten
Der byzantinische Architekturstil wird in der Sakralbaukunst deutlich, da nahezu keine Profanbauten erhalten sind. Im 5. und 6.Jahrhundert erlebte in der gesamten christlichen Welt die drei- oder fünfschiffige Basilika ihre Blütezeit. Auch für die byzantinische Baukunst war die Basilika grundlegend, obwohl die Architektur zudem von orientalischen und islamischen Einflüssen geprägt ist. In diesem Sinn ist der Zentralbau zu nennen, der im Osten besonders beliebt war, jedoch mit Elementen des basilikalen Grundriss verbunden werden konnte. Während der basilikale Grundriss von römischen Profanbauten herrührt, stammt der Zentralbau direkt von antiken Mausoleen ab und setzte sich in der byzantinischen Architektur gegenüber der Basilika durch.
Ein besonderes Merkmal byzantinischer Kirchen mit basilikalem Grundriss ist die Kuppel. Diese wurde teils aus Holz, und zwar wegen des leichten Gewichts, teils aber auch aus Ziegelsteinen gebaut. Die Kuppel stellte bei Zentralbauten kein allzu großes tektonisches Problem dar, da die Anzahl der Säulen, die rechteckig im Bau angeordnet wurden, nach Bedarf erhöht werden konnte. Der Kuppelbau wurde zur Hauptaufgabe byzantinischer Architektur. Als Beispiele der Basilika mit kreuzförmigem Kuppelbau lassen sich hier die Hagia Sophia in Saloniki und die Klemenskirche in Ankara nennen. Die Apostelkirche in Konstantinopel und die Johanneskirche in Ephesos, beide mit einer Folge von Kuppeln gestaltet, dienten als Vorbild für den Markusdom in Venedig.
Als stilprägendster Bau Byzanz ist jedoch die Hagia Sophia in Konstantinopel (heute Istanbul) anzuführen. Die Krönungskirche der oströmischen Kaiser wurde unter Kaiser Justinius 532-537 erbaut. Es ist kein antikes Vorbild bekannt, doch gingen die Architekten vom Grundriss der Kuppelbasilika aus, der die Hagia Sophia entspricht. Es handelt sich um eine dreischiffige Basilika, die beinahe quadratisch gestaltet ist, der Bau ist 77 m lang und 71 m breit, und große Nähe zum Zentralbaugrundriss aufweist. Auf vier gewaltigen Pfeilern ruht eine große Hauptkuppel, die den zentralen, quadratischen Innenraum überwölbt. Die außergewöhnliche Wirkung des Innenraums wird durch die enorme Höhe des Baus, die Breite und die aufeinandergetürmten Halb- und Zentralkuppeln hervorgerufen. Der Außenbau der Hagia Sophia wird von massigen Strebepfeilern sowie Halb- und Zentralkuppeln bestimmt. Nur die eleganten Minarette aus türkischer Zeit verleihen dem schwerfälligen Komplex einen gewissen Schwung. Nach dem Einfall der Osmanen in Byzanz wurde die Hagia Sophia zur Moschee umgewandelt. Seit 1934 ist sie als Museum zu besichtigen.
Malerei
Die byzantinische Malerei zeigt sich vorwiegend in der Ikone. Diese, meist auf Holz gemalten, transportablen Kultbilder, weisen Christus-, Marien-, Heiligen- oder Bibeldarstellungen auf. Sie wurden entweder für die private, häusliche Andacht in kleinem Format oder in großen Formaten für den öffentlichen Gottesdienst geschaffen. Entstanden ist die Ikone aus den antiken Bildnissen von Kaisern oder Verstorbenen, die auf Holz, selten auch auf Glas gemalt wurde. Im 6.Jahrhundert verlor der, bis dahin in Griechenland stark ausgeprägte, Reliquienkult seine Bedeutung zugunsten der Ikonenverehrung, die in allen Gesellschaftsschichten ausgeprägt war. Die Ikone sollte etwas vom göttlichen Wesen und der Heiligkeit sowie eine übernatürliche Kraft besitzen, die Wunder vollbringen konnte. Diese Verehrung ging so weit, dass in speziellen Fällen angenommen wurde, die Ikone sei nicht von menschlicher Hand geschaffen.
Der Bildhintergrund der byzantinischen Ikone ist meist mit Gold ausgelegt. Die dargestellten Heiligen fallen durch ihre Feingliedrigkeit von Gesicht und Händen auf, besonders Nase und Finger sind oft sehr lang und dünn gestaltet. Die Heiligenscheine sind kreisrund, die Köpfe der Dargestellten genau in den Mittelpunkt des goldenen Scheins gesetzt. Seit dem 13.Jahrhundert beschlug man die Holztafeln häufig mit Gold, so dass ausschließlich Gesicht und Hände sichtbar blieben.
Es lassen sich verschiedene Typen der Ikone erkennen. Insbesondere die Mariendarstellung variiert stark. Der in Byzanz weit verbreitetste Typus war die Hodegetria, die Mutter mit dem Christuskind auf dem linken Arm, die den Gläubigen den Weg weist. Ein anderer Typus ist die stehende Mutter Gottes mit dem Kind vor der Brust, das sie kaum hält, sondern nur leicht berührt. Als das Kaisertum im 8.Jahrhundert Bedenken gegenüber der Bilderverehrung äußerte, kam es zum so genannten Bilderstreit (726-843), der mehr als hundert Jahre andauerte. Die Ikonoklasten auf der einen Seite sprachen sich nicht nur gegen die Verehrung, sondern gegen die christlichen Bilder im allgemeinen aus, während die Befürworter für die Verehrung des Bildes und die Ikone kämpften. Das Ergebnis des Streits war schließlich die Legitimierung der Ikonen und der Darstellung Christis, Marias und der Heiligen.
Neben der Ikonenmalerei stellt auch die Buchmalerei einen eigenen Bereich der byzantinischen Malerei dar. Die klassische Illustration galt, wie auch den wenig erhaltenen Wandmalereien, biblischen Szenen und Darstellungen von Christus, Maria und den Heiligen.
Byzantinische Fresken sind heute leider selten zu finden. Sie sind vor allem in den Beständen des Katharinenklosters auf dem Sinai zu betrachten.
Mosaike
Das Mosaik als Wandschmuck fand seine größte Pracht im Sakralbau. Der byzantinische Stil des Mosaik wird als Erzählstil bezeichnet. Dargestellt sind Szenen aus Altem und Neuem Testament. In erster Linie galt die bildhafte Erzählung Analphabeten, die durch die Anschauung lernen sollten. Besonders reiche Mosaike befinden sich in den Kuppeln der byzantinischen Kirchen. Als herausragend sind die prachtvollen Mosaiken des Chora-Klosters im heutigen Istanbul zu nennen, das nach dem Einfall der Osmanen 1453 in eine Moschee umgewandelt wurde. Die erzählenden Mosaiken entstanden um das Jahr 1320. Das größte Bild zeigt die Geburt Marias, die drei kleineren Bilder weisen die Verkündung an die Hirten, König Herodes, der den Befehl zum Kindermord gibt und Kaiser Theodoros, den Auftraggeber der Mosaiken, auf. Die vier Bilder sind in leuchtendem Gold gehalten und bestechen durch ihre feine Gestaltung und Ästhetik. Auch die Mosaiken in der Chorwölbung des Klosters Hosios Lukas in Mittelgriechenland zählen zu den bedeutendsten Denkmälern byzantinischer Kunst. Dargestellt ist das Ausgießen des Heiligen Geistes in die Apostel.
Zum ältesten Bildschmuck in Kirchen gehört die Darstellung des herrschenden Christus in der Apsis. In der Kirche des Klosters Theotokos Pammakaristos in Istanbul lässt sich ein Mosaik dieses Themas bewundern. Auch in der Hagia Sophia findet man ein Mosaik mit der Darstellung des segnenden Christus, das um 1300 gestaltet wurde.
Kleinkunstgewerbe
Vor allem die Elfenbeinschnitzereien des 10. und 11. Jahrhunderts zählen zu den herausragenden byzantinischen Arbeiten des Kleinkunstgewerbes. Wegen des kleinen Formats und der Kostbarkeit werden sie vorwiegend der privaten, häuslichen Andacht gedient haben. Dargestellt sind, ähnlich wie bei der Ikone, Christus-, Maria- und Heiligendarstellungen, aber auch biblische Szenen. Auch Goldschmiedearbeiten, Emailanfertigungen, Schmuckstücke und Kirchengerät zählen zu den byzantinischen Arbeiten des Kleinkunstgewerbes.
Literatur
Die Literatur, basierend auf der griechischen Sprache, wurde in Byzanz gepflegt und gefördert. Selbst die Kaiser betätigten sich literarisch und unterstützten Gelehrte und hohe Beamte, denen die Pflege und Tradition der Literatur zukam. Heidnische Texte, die an die Antike anschlossen wurden in gleicher Weise, wie die christliche Literatur, verehrt. Auch Historiendichtung und Geschichtsschreibung, die durch ihren Märchencharakter auffällt, fanden Anklang.
In der kirchlichen Literatur dominierten Hymnen, Gebete, Spruchweisheiten, Liturgische Texte und Erzählungen, die auch der breiten Masse der Gläubigen zugänglich waren und in den Gottesdienst eingebunden wurden. Mit der Expansion der byzantinischen Gebiete fand auch die christlich, byzantinische Literatur weite Verbreitung. Man trifft heute dort auf sie, wo sich die orthodoxe Kirche befindet.
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