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Eriwan: Geschichte

Stadtgründung und Namensherkunft

Eriwan: Reliefdarstellung im Kloster Geghard © goruma (Saad Ali)

Frühe christlich-armenische Chronisten haben Eriwans Ursprünge aus einem alttestamentarischen Zitat der Genesis hergeleitet, dem zufolge Noah nach der erfolgreichen Landung seiner Arche auf dem Berg Ararat (in der heutigen Türkei) und dem Rückgang der Sintflut in die Richtung der heutigen Stadt geschaut und ausgerufen habe „Jerewats!", was so viel bedeutet wie „Sie taucht auf!". Eine andere Theorie zur Stadtentstehung leitet den Namen Eriwan vom armenischen Herrscher Jerwand IV. her, dem letzten Führer der Orontiden Dynastie. Dieser König soll auch die Stadt Jervandashat gegründet haben. Dennoch ist es wahrscheinlicher, dass die Stadtgründung Eriwans auf die urartäische Militärfestung Erebuni zurückgeht, welche im Jahre 782 v. Chr. durch König Argišti I. auf dem Gebiet der heutigen armenischen Hauptstadt gegründet worden war. Als sich dann die urartäische Sprache mit dem Armenischen verband, wurde aus dem Namen Erebuni die heutige Bezeichnung der Stadt Eriwan.

 

Von der ersten Besiedlung bis zur Eroberung durch de Araber im Jahre 658

Eriwan: Blaue Moschee © goruma (Saad Ali)

Obwohl die urartäische Siedlung Erebuni erst für das Jahr 782 v. Chr. nachgewiesen werden konnte, muss man davon ausgehen, dass das Gebiet um das heutige Eriwan bereits etwa seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. besiedelt gewesen ist. Die sicherlich von König Argišti I. gegründete Siedlung wurde aller Wahrscheinlichkeit etabliert, weil er die Grenze seines Reiches im Norden gegen Angriffe aus dem Kaukasus schützen wollte. Die Urartäer haben u.a. Speicherbecken und Bewässerungsanlagen in ihrer Stadt eingerichtet. Im Jahre 585 v. Chr wurde die urartäische Festung Teischebani durch die Stämmer der Meder und Skythen zerstört.

In den Jahrzehnten zwischen dem 6. und dem 4. Jahrhundert. v. Chr. wurde aus Eriwan ein Zentrum der Satrapie Armenien. Solch eine Satrapie des Achämenidenreich zeichnete sich durch einen Satrapen aus, einen altpersischen Beschützer der Herrschaft, der im antiken Reich der Perser mit dem Titel eines Statthalters zu vergleichen ist. Dieser gebot über eine größere Provinz, die man Satrapie nannte.

Im 5. Jahrhundert wurde in Eriwan die erste (christliche) Kirche erbaut. Es handelte sich dabei um die 1931 schwer beschädigte St. Peter und Paul-Kirche. 658 wurde die Stadt im Zuge der islamischen Ausbreitung von den Arabern erobert.

 

Von 658 bis zum Untergang des russischen Zarenreichs im Jahre 1917

Eriwan, das seit der arabischen Eroberung ein strategisch wichtiger Schnittpunkt der indisch-europäischen Karawanenrouten gewesen war, gehörte in der Zeit zwischen dem 9. und dem 11. Jahrhundert zum Reich der Bagratiden und wurde hernach von den Seldschuken eingenommen. Im Jahre 1387 waren es die Truppen des Timur Lenk, die Eriwan überrannten. Die wegen ihrer strategischen und logistischen Bedeutung zu einem harschen Streitpunkt zwischen Osmanen und Persern gewordene Stadt wechselte zwischen 1513 und 1737 insgesamt 14mal ihre Reichszugehörigkeit. Diese Situation kulminierte schließlich 1604, als mehrere tausend Armenier und mithin auch Einwohner Eriwans nach Persien deportiert wurden, was auf Geheiß des Schahs Abbas I. geschah. Ein Ergebnis dieser Tragödie war die aremenische Unterrepräsentation im späteren Khanat Eriwan, in dem 80% Muslime, aber nur noch 20 % Armenier ansässig waren. Indes übten die Armenier wichtige Berufe aus und taten sich im Handel hervor, so dass ihre ökonomische Bedeutung für die Perser nicht zu unterschätzen war. 

In Eriwan, das in den 1670ern vom französischen Reisenden Jean Chardin besucht worden war, unterhielten die Osmanen, Ilchane und Safawiden sogar eine Münzprägestätte. Unter den Safawiden gehörte Eriwan zum Chukhursaad Beglerbegs und wurde 1679 von einem verheerenden Erdbeben in weiten Teilen zerstört. 1747 ging die Stadt an das Khanat Eriwan. Dieses muslimische Fürstentum unter der Oberherrschaft der Perser wurde 1827 unter dem General Graf Iwan Fjodorowitsch Paskewitsch eingenommen und durch den Frieden von Turkmantschai dem russischen Zarenreich einverleibt. Auch weitere Gebiete Persiens gingen durch diesen russich-iranischen Vertrag an den Zaren über.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl Eriwans – durch die Unterstützung der russischen Regierung ermöglicht – auf etwa 29.000 an. Diese neue Stadtbevölkerung wurde größtenteils von armenischen Siedlern gebildet, die aus der Türkei und Persien in ihr Heimatland zurückgekommen waren. Solche armenischen Rückkehrer wurden im Jahre 1829 in einem völlig neu eingerichteten Stadtviertel angesiedelt.

Nachdem Eriwan zum Sitz des neu ins Leben gerufenen Oblast Armeniens (später Gouvernement Eriwan) auserkoren worden war, stieg die wirtschaftliche wie politische Bedeutung enorm an, was massive Bautätigkeiten nach sich zog: Alte Gebäude verschwanden und wurden durch neue Bauwerke ersetzt. 1837 wurde die Stadt sogar von Zar Nikolaus I. besucht, der sie sogar zu einem Ujesd erhob, also zu einer Verwaltungseinheit seines Reiches. Fortan blühte Eriwan immer weiter auf: 1854 entstanden die beiden Frauenhochschulen St. Hripsime and St. Gayane, 1874 mit der Zacharia Gevorkian die erste Druckerei und 1879 erhielt Eriwan das erste Theater. Mit dem beginnenden 20. Jahrhundert wurde in der Stadt nicht nur die erste öffentliche Bücherei eröffnet, sondern auch und vor allem jene Bahnlinie, welche Eriwan mit Alexandropol, Tiflis und Dschulfa verbinden sollte. Berühmtester Gouverneur der Stadt war im frühen 20. Jahrhundert Louis Joseph Jérôme Napoléon, ein Großneffe von Napoléon I.

Nachdem das Zarenreich im Jahre 1917 mit der Oktoberrevolution untergegangen war, erklärten die kaukasischen Völker ihre Unabhängigkeit und riefen die Transkaukasische Demokratisch-Föderative Republik ins Leben, die indes kaum einen Monat überlebte. Was kam, war die Demokratische Republik Armenien, deren Hauptstadt natürlich Eriwan wurde.

 

Eriwan unter den Kommunisten

Eriwan: Genozid-Denkmal © goruma (Saad Ali)

Im Zusammenhang mit dem blutigen russischen Bürgerkrieg der Bolschewiken gegen die Menschewiken wurde Eriwan 1920 von der Roten Armee besetzt und bald darauf zur Hauptstadt der Armenischen SSR auserkoren. Fortan wurde unter der Leitung des Architekten Alexander Tamanian das gesamte Aussehen Eriwans verändert, was einer architektonischen Vergewaltigung der historischen Stadt gleichkam. Zahlreiche geschichtliche Bauwerke, Kirchen, Moscheen, Bazaare, Bäder, Karawansereien und sogar die persische Festung wurden rücksichtslos dem Erdboden gleichgemacht. Was die Stadtdistrikte betraf, so wurden diese teilweise nach den alten armenischen Heimatorten des Reiches der Osmanen benannt.

Im Jahre 1965 kam es am 50. Jahrestag des Armenischen Völkermordes in Eriwan zu antisowjetischen Protesten. Diese intendierten eigentlich nur die Anerkennung des Völkermordes durch die UdSSR. Eriwan, das 1968 seinen 2.750jährigen Jahrestag feiern konnte, kam auch in der armenisch-national-demokratischen Befeiungsbewegung unter der russischen Regierung Michail Gorbatschows eine wichtige Position zu, wobei es noch bis zum Jahre 1991 dauern sollte, bis Eriwan zur Hauptstadt eines unabhängigen Armeniens bestimmt werden konnte.

 

Von 1991 bis zur Gegenwart

Dem Fall der Sowjetunion folgte also die Gründung der unabhängigen Republik Armenien, die auch in der Hauptstadt mit vielen Problemen zu kämpfen hatte: Die schlechte Versorgung der Stadt (und des Landes) mit Gas und Elektrizität war nur eines davon.

Seit dem Beginn des 3. Jahrtausends erlebt Eriwn eine Bauaktivität nach der nächsten, wobei die neuen vielstöckigen Bauwerke offiziell Teil eines groß angelegten Urabnisierungsplans sind. Nachteile sind aber die teilweise um das 10fache gestiegenen Wohnungspreise.

Und noch immer ist Eriwan Ort politischer Demonstrationen, die meistens nach umstrittenen Wahlergebnissen einsetzen. Die letzten Ausschreitungen gab es im Jahre 2008 nach den Präsidentschaftswahlen. Diese gewaltsamen Demonstrationen wurden zwischen der Polizei und Demonstranten ausgetragen, welche von Ex-Präsidenten Lewon Ter-Petrossian angeführt worden sind. Trauriges Resultat der Krawalle waren zehn Todesopfer und ein zwanzig Tage andauernder Ausnahmezustand im Lande, der vom amtierenden Präsidenten Robert Kocharian ausgerufen wurde.




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