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Riesenwellen
Einleitung
Am 22. Februar des Jahres 2001 wurde das Kreuzfahrtschiff "Bremen" im Südatlantik vor Argentinien von einer wahrscheinlich etwa 30 m hohen Welle getroffen. Der Wellenschlag war so stark, dass wasser in die Kommandobrücke eindrang und große Teile der Brücke erheblich beschädigt wurden. Die Folge war ein Ausfall der Bordelektronik und vor allem ein Ausfall der Antriebsmaschine. Nur durch viel Glück und dem beherzten und hoch qualifizierten Einsatz der Besatzung konnte die Maschine wieder gestartet und das Schiff manövrierfähig gemacht werden.
Wenige Tage später am 2. März 2001 traf im gleichen Seegebiet dasselbe Schicksal die "Caledonian Star". Auch bei diesem Schiff wurde die Brücke schwer beschädigt. Auch dieses Schiff entging nur knapp dem Untergang.
Viele Hunderte von Menschen waren damals nur knapp einer schlimmen Katastrophe entgangen. Nicht zuletzt seit dieser Zeit ist die Problematik von Riesenwellen auf den Ozeanen auch in das Bewusstsein größerer Kreise der Bevölkerung und der Verantwortlichen gedrungen.
Bekannt wurde auch, dass das unter zyprischer Flagge fahrende Kreuzfahrtschiff "Louis Majesty" am 3. März 2010 im Mittelmeer am Cap Begur vor der Costa Brava von drei Riesenwellen - so genannten "Drei Schwestern" (siehe weiter unten) - getroffen wurde. Dabei wurden die Scheiben eines Salons im fünften Oberdeck zertrümmert, sodass größere Mengen Wasser eindrangen und zum Tod von zwei Menschen führten, 14 wurden verletzt.. Das Schiff war auf dem Weg von Barcelona nach Genua. Das Schiff konnte nach der Haverie umkehren und den Hafen von Barcelona sicher erreichen
Neujahrswelle
Bis in die Neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts galten Berichte über derartig hohe Wellen sogar in Fachkreisen als Seemannsgarn und Spinnerei. Das hat sich aber mittlerweile vollständig geändert, nicht zuletzt durch Messungen der Wellenhöhen auf Bohrinseln. So wurde Ende Dezember 1995 auf der norwegischen Bohrinsel Draupner-E in der Nordsee mit Hilfe eines automatisch arbeiten Aufzeichnungssystems eine Wellenhöhe von ca. 26 m gemessen - bis dahin galten solche Wellen als völlig unvorstellbar bzw. als Seemannsgarn. Diese Welle ging unter der Bezeichnung "Neujahrswelle" in die Literatur ein. Man schätzt, dass jährlich etwa 50 Schiffe Opfer von Riesenwellen werden.
Was sind Riesenwellen?
Unter Riesenwellen versteht man Wellen, mit einer relativ kleinen Wellenlänge, deren Höhe über 20 m - möglicherweise sogar bis 40 m reichen. Dabei gilt, dass ihre Wellenhöhe ca. doppelt so hoch sein muss wie die aktuelle Wellenhöhe. Derartige Wellen werden auch als Kaventsmänner bezeichnet. Normalerweise sind Frachtschiffe für Wellenhöhen bis zu etwa 12- 15 m ausgelegt, das aber nur für relativ langwellige Wellen. Selbst eine Welle mit einer Höhe von über 20 m, die eine Wellenlänge von einigen hundert Metern besitzt, bildet in der Regel für Schiffe, auch für kleinere, kein allzu großes Problem. Besonders gefährlich sind derartige Monsterwellen natürlich, wenn sie sehr steil ansteigen, also eine kleine Wellenlänge besitzen, sodass Schiffe - die aus Kostengründen immer länger und breiter werden - nicht auf ihnen aufschwimmen können, sondern gleichsam hindurchfahren.
Wie entstehen Riesenwellen?
Die hier besprochenen Riesenwellen sind von Tsunamis zu unterscheiden. Riesenwellen bzw. Kaventsmänner entstehen durch Wind und Strömungen. Dabei ist nur die Wasseroberfläche betroffen, ihre Wellenlängen liegen im Bereich von Metern (bis hin zu einigen 100 Metern) und sie besitzen im Gegensatz zu Tsunamis bereits auf See eine hohe Wellenhöhe. Auch ist ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit mit 35 km bis zu 40 km pro Stunde erheblich geringer als die von Tsunamis, die Geschwindigkeiten von über 700 km pro Stunde erreichen können.
Derartige Wellen entstehen entweder dadurch, dass hohe Wellen gegen eine Strömung stehen. Diese Strömung kann z.B. durch Ebbe und Flut entstanden sein oder aber in großen Meeresströmungen bestehen, wie z.B. vor dem "Kap der Guten Hoffnung" in Südafrika.
Weiterhin kommen sie durch das Zusammenwirken (Interferenzen) von mehreren hohen einzelnen Wellen zustande. Diese Interferenzen können die Wellenhöhe der einzelnen Wellen sehr leicht mehr als verdoppeln. Fachleute sprechen von "nicht linearen" Überlagerungen. Dabei geben zahlreiche "normal hohe" Wellen ihre Energie an eine in der Mitte befindliche Welle ab, die dann zu einer großen Höhe anwächst, während die umgebenden Wellen sich verkleinern. So ein Ungetüm kann in bestimmten Fällen nur über Minuten hin existieren, bevor es zusammenfällt.
Damit muss die bisherige lineare Theorie der Wellenenstehung ergänzt werden. Da die bisherigen Berechnungen von Wellenhöhen von höchsten 12-15 m - mit langen Wellenlängen - ausgingen, waren die Schiffe auch nur für derartige Wellen ausgelegt. Die neueren Erkenntnisse werden den Bau von Hochseeschiffen erheblich verändern müssen und damit auch verteuern.
Schrödinger Gleichung
Neueste Forschungen machen es möglich, die Entstehung derartiger Riesenwellen mit Hilfe der "Schrödinger-Gleichung" theoretisch zu beschreiben. Diese Gleichung wurde im Jahr 1926 von dem österreichischen Physiker Erwin Schrödinger zur Beschreibung nicht relativistischer Phänomene der Quantenphysik aufgestellt.
Weiße Wand
Unter einer weißen Wand versteht man eine Riesenwelle mit einer Breite bis zu einigen Kilometern, deren Wellenkamm ständig bricht und daher den Eindruck einer weißen Wand erzeugt.
Drei Schwestern
Der Begriff "Drei Schwestern" stammt von Seefahrern, die damit drei aufeinander folgende hohe Wellen bezeichnen. Da ein Schiff bereits in der ersten Welle aber spätestens in der zweiten weit in das Wasser eintaucht, kann die dritte Welle - einen ungünstigen Abstand zur ersten und zweiten Welle vorausgesetzt - das Schiff völlig überspülen und damit zum Sinken bringen.
Wie häufig sind Riesenwellen?
Etwa bis zum Jahr 1995 galt die Existenz von extrem hohen Wellen als sehr unwahrscheinlich und wurde nur in Hurrikans und vergleichbaren Wetterverhältnissen vermutet. Aber bei Radarmessungen, z.B. von einer Ölplattform in der Nordsee, wurden innerhalb von 12 Jahren über 450 Riesenwellen festgestellt. So wurde in der Nordsee eine Welle mit einer Höhe von 26 m gemessen. Heute gilt es übrigens als sicher, dass das deutsche Frachtschiff "München" im Jahr 1978 durch eine Monsterwelle mit "Mann und Maus" versenkt wurde. Messungen des europäischen Umweltsatelliten "Envisat" ergaben innerhalb von 10 Wochen mehrere Wellen mit Höhen von mehr als 25 m. Es sieht so aus, dass derartige Riesenwellen ständig auf den Weltmeeren unterwegs sind und beim Zusammentreffen mit Schiffen zu verheerenden Schäden führen.
Man schätzt, dass jedes Jahr rund 150 Schiffe im Meer versinken, davon - wie erwähnt - ca. 50 auf Grund derartiger Riesenwellen. Eine unglaublich hohe Zahl!
Riesenwellen und Surfer
Der Freizeitsurfer wird seinen Sport auf Wellen mit Höhen zwischen 1 m und etwa 3 m betreiben. Also auf Wellen, wie sie an zahlreichen Küsten häufig vorkommen. Aber Extrem-Surfer suchen das besondere Abenteuer, indem sie Gebiete mit hohen Wellen oder sogar Riesenwellen aufsuchen, um sie abzureiten. Es muss für diese Menschen ein unvorstellbar aufregendes Erlebnis sein, Wellen mit Höhen von 15 m oder darüber abzureiten. Ein Paradies für diese Extrem-Surfer ist der Surfspot "Jaws" (= Kiefer), ein Strand im Norden der Hawaii-Insel Maui. Hier gibt es Wellenungetüme mit Höhen von über 20 m und selten von fast 30 m. Darin zu surfen ist ohne Zweifel lebensgefährlich aber sicherlich auch der ultimative Kick! Diese Art des Surfens erfordert jedoch andere Techniken als das Surfen auf relativ niedrigen Wellen, da man in diese Wellen nicht hineinpaddeln kann, wie es sonst üblich ist. Stattdessen lassen sich die Surfer mit Hilfe von Jet- Skis in die Welle hineinziehen oder - etwa seit 2003 - von Hubschraubern in der Welle absetzen - diese Technik wird als "Tow-in surfing" bezeichnet. Ein weiterer Ort mit dem Auftreten von Riesenwellen ist beispielsweise Todos Santos im Bundesstaat Baja California Sur in Mexiko. Die dortigen Strände liegen nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt am Pazifik.
Für Strandurlauber können Riesenwellen, die ohne Vorwarnung auf die Strände zurollen können, lebensgefährlich werden. Daher sollte man sofort die "Flucht ergreifen", wenn am Horizont auffallende Konturen zu sehen sind. So stürzte beispielsweise eine plötzlich auftauchende Riesenwelle an der Südküste von Java auf sieben junge Schwimmer, die dadurch alle zu Tode kamen.
Wie können sich Schiffe schützen?
Ein Schutz vor derartigen - meist innerhalb der normal hohen Wellen - völlig unverhofft auftretenden Wellen ist kaum möglich. Aber derzeit laufen Programme, einerseits ein Schiffsradar zu installieren, das derartige Wellen rechtzeitig entdecken soll. Andererseits versucht man mit Hilfe von Satelliten derartige Wellen zu entdecken und die Schiffe dann über deren Ort und Bewegungsrichtung zu informieren.
Als Gast auf einem Schiff kann man letztendlich nur auf die Qualifikation der Besatzung und die Seetüchtigkeit des Schiffes hoffen.
Ein Segelboot könnte unter glücklichen Umständen wie ein Korken auf der Welle aufschwimmen.
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