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Goslar: Sagen und Legenden

Goslar, Altstadt, Der sagenhafte Ritter Ramm
Der sagenhafte Ritter Ramm
© goruma (V.Koppenwallner)

Die Sage um den Ritter Ramm
Einer Sage nach soll ein Ritter Ramm aus dem Gefolge von Kaiser Otto I., der Große (912-973) anlässlich eines Jagdausflugs, um einen angeschossenen Hirschen zu verfolgen, sein Pferd an einen Baum gebunden haben, um dem Hirsch weiter zu Fuß nachzustellen.
Das Pferd scharrte, während es dort an einem Baum angebunden war, mit seinen Hufen und legte dabei eine an der Oberfläche liegende und später sehr ergiebige Erzader frei.

Als er dem Kaiser von seinem Fund berichtete, gab ihm dieser die Erlaubnis, dort ein Bergwerk anzulegen. Zu Ehren des Ritters wurde der Berg später „Rammelsberg“ genannt.

Der Silberanteil des Erzes war damals so hoch, dass daraus Silbermünzen geprägt wurden, die nach den Namen des Kaiserpaares „Otto-Adelheit-Pfennige genannt wurden. Viele Jahrzehnte später, und nach dem Tod des Ritters, lag der Bergbau darnieder. Erst als ein Verwandter und Erbe des Ritters dorthin kam, wurde der Bergbau wieder aufgenommen und ein guter Gewinn erwirtschaftet.

Später holte der Verwandte namens Gundel-Karl aus Franken seine Frau Gosa nach, die dort auf dem Weg zu den Gruben ihre Geburtswehen bekam und an einem Quellflüsschen auf dem Berg Zwillinge zur Welt brachte. Der dankbare Ehemann setzte ihr dort einen Gedenkstein, den man heute noch besichtigen kann. Und ihr zu Ehren wurde der Bach, der Goslar durchfließt, „Gose“ genannt.

Goslar, Altstadt
Altstadt © goruma (T.Kruse)

Die Geschichte von dem Riesen
Im Harz gab es früher Riesen. Einer dieser Riesen ging um die Gegend von Goslar spazieren. Bei seinem Spaziergang drückte ihm plötzlich etwas im Schuh: Da ihn dieser Druck stark beim Laufen störte, setzte er sich auf den Petersberg, um seinen Schuh auszuziehen. Dabei fand er einen Kieselstein, den er herausnahm und fort warf. Dieser Stein liegt noch heute dort. Da in den Stein ein Mönch eine kleine „Klause“ eingehauen hatte, um darin zu leben und zu beten, wird der Kiesel, der natürlich ein Felsen war, die „Klus“ genannt. Beim Sitzen auf dem Petersberg hatte der Riese diesen eingedrückt und mit der Spitze seines Säbels auch noch den Klusteich entstehen lassen. Und zu guter Letzt schlitzte der Säbel beim Aufrichten des Riesen auch noch die Kerbe zum Bollrich auf, durch die seitdem das Wasser der Lilienquelle ließen kann.

Die Sage vom heiligen Christophorus

Auch St. Christophorus stammte der Sage nach aus dem Geschlecht der Riesen. Christophorus soll auf seinen Wanderungen auch über das Osterfeld gewandert sein und dabei das Christkind über den Klusteich getragen haben. Zur Erinnerung daran hatte man ihn an einer Wand in dem 1820 leider abgerissen Dom zu Goslar dargestellt. Er hatte damals geweissagt, dass jeder, der ihn vor dem Bild ehren würde, auf jeden Fall diesen Tag überleben würde. Um die Figur des Christophorus ranken sich zahlreiche Sagen und Geschichten, die alle wieder zu geben diesen Rahmen weit überschreiten würde. Bei den Christen gilt er als Schutzpatron u.a. der folgenden Berufsgruppen: des Verkehrsteilnehmer; der Furtengehen, der Bergstraßenbenutzer, der Fuhrleute sowie der Schiffer, Flößer, Fährleute, Brückenbauer, Seeleute, Pilger, Reisenden, Kraftfahrer, Chauffeure, Luftschiffer, Lastenträger, Bergleute, Zimmerleute.

Die Geschichte von der diebischen Elster

Kaiserin Agnes (1025-1077) verfügte in der Pfalz in Goslar über eine Kemenate, in der sie ihren Kostbarkeiten, wie Kleider, Schmuck aus Gold und Silber sowie Edelsteine und Perlen aufbewahrte. Agnes war die 2. Ehefrau von Kaiser Heinrich III. (1017-1056), dessen 1. Ehefrau an der Malaria verstorben war. Nach dem Tod von Heinrich und der Zeit der Unmündigkeit ihres Sohnes, des späteren Kaisers Heinrich IV. (1050-1106), war sie von 1056 bis 1062 Regentin des Heiligen Römischen Reiches. Da sie um ihren wertvollen Besitz sehr in Sorge war, blieb die Kemenate für jeden versperrt: nur ihr vertrauter Kammerdiener hatte außer ihr einen Schlüssel für den Raum. Als sie den Schmuck anlässlich eines Empfangs ihres kaiserlichen Ehemanns anlegen wollte, bemerkte sie, dass ein sehr wertvolles Schmuckstück verschwunden war. Da aber außer ihr nur der Kammerdiener über einen Schlüssel zu dem Raum verfügte, fiel natürlich der Verdacht sofort auf ihn. Und obwohl der Bedienstete seine Unschuld beschwor, wurde er zum Tode verurteilt und daraufhin enthauptet. Vor seinem Tod hatte er noch verkündet, dass die Sonne irgendwann seine Unschuld an den Tag bringen würde. Nach vielen Jahren, während eines kalten aber sonnigen Tages, sah die Kaiserin, deren Gemahl mittlerweile gestorben war, aus dem Fenster ihres Wohnraumes in einem Baum etwas sehr auffällig glitzern. Um zu erkunden, was die Ursache dafür sei, wurde ein Diener mit einer Leiter in den Baum geschickt. Dort fand er im Nest einer Elster das verschwundene Schmuckstück. Die Sonne hatte tatsächlich die Wahrheit an den Tag gebracht. Aus tiefer Reue für ihr tödliches Misstrauen gegenüber dem treuen Diener stiftete die sehr fromme Kaiserin einen Teil ihres Besitzes, um ein Kloster auf einem östlich von Goslar gelegenen Berg zu Ehren des Apostels Petrus zu gründen. Seitdem heißt der Berg „Petersberg“.

Der lange Tanz

Die folgende Sage kann durchaus auch auf die Situation in vielen (deutschen) Städten projeziert werden: Um den Bergbau im Rammelsberg mit erfahrenen Bergleuten zu unterstützen, wurden Menschen aus Franken geholt, die im Gosetal, bei dem nach diesen Zuwanderern genannten Frankenberg, sesshaft wurden. Sie erneuerten die Entwässerung der Stollen, aber mit der Folge, dass das durch das Bergwerk verschmutzte Wasser in die Gose floss und damit durch die Siedlung der Sachsen, die unterhalb des Frankenberges lebten. Es gab daher sehr schnell Streit zwischen den Sachsen, die erbost darüber waren, dass bei ihnen das schmutzige Wasser hindurch floss, während die Zugezogenen über sauberes Wasser verfügten. Der Streit eskalierte so stark, dass die Stadtverwaltung eingreifen musste und sogar eine Art Grenzen zwischen den beiden verfeindeten Volksgruppen festlegen musste. Diese Grenze wurde durch eine Kette markiert. Daher heißt die Straße, durch die die Kette verlief, heute noch die Kettenstraße. Die Feindschaft war so groß, dass sie auch noch andauerte, als das Wasserproblem längst gelöst war. Natürlich war jeder privater Kontakt zwischen den verfeindeten Volksgruppen verpönt und fast unmöglich.

Aber wie so oft ging die Liebe ihre eigenen Wege: Ein Fränkischer Bergmann verliebte sich in ein sächsisches Mädchen. Den beiden gelang es auch, sich häufiger heimlich zu treffen. Da die beiden aber heiraten wollten musste etwas geschehen und die beiden fassten einen Plan. Mit Hilfe von Freunden und Freundinnen verabredeten sich die jungen Angehörigen der beiden Gruppen zu einem gemeinsamen Tanz. Singend und tanzend bewegten sich die beiden Gruppen einerseits vom Frankenberg andererseits vom Goslaer Marktplatz aufeinander zu. Bei der Ägidienkapelle trafen sie aufeinander und bildeten eine „bunte Reihe“ aus abwechselnd einer Fränkin und einem Sachsen und einer Sächsin und einem Franken. Im Verlauf des Tanzes reihten sich später auch viele der Erwachsenen ein. Auf diese Weise kam es zu einer Versöhnung der so lange verfeindeten Volksgruppen. Dieser „lange Tanz“ wurde in Goslar viele Jahre lang zur Erinnerung an diese Versöhnung begangen. Diese schöne Tradition endete erst nach Unruhen im Zuge der Reformation und wurde im Jahr 1588 sogar von den Herrschenden ganz verboten.


Kommentare
Gernhart Reinholzen  (Dienstag, 13.06.2017)
Ich finde den Artikel sehr ausführlich und umfangreich geschrieben. Es stehen sehr viele Sagen zur Auswahl und ich konnte meinen Enkelkindern die ein oder andere Geschichte über meine Heimatstadt erzählen. LG Gernhart Reinholzen


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