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Nordirland: Geschichte

Vor dem Jahr 1000

Die früheste nachweisliche Besiedlung der Insel begann spätestens um 7000 vor Chr. durch vermutlich vom heutigen Nordengland und Schottland her einwandernde mesolithische Jäger- und Sammlergruppen. Ab dem 4. Jahrtausend v. Chr. bildete sich eine frühsteinzeitliche Ackerbaukultur heraus, innerhalb der megalithische Bauten errichtet wurden. Ab 2500 v. Chr. kam es durch kontinentale Einflüsse zur Einführung von Techniken der Kupfer- und Bronzebearbeitung. Funde aus der späten Bronzezeit (ab etwa 1200) belegen eine zunehmende Kunstfertigkeit bei der Herstellung von Schmuck, Werkzeugen und Waffen. Der Übergang von der Bronzezeit zur Eisenzeit erfolgte um 300 v. Chr. Aber bereits ab 600 v. Chr. erreichte der keltische Stamm der Gälen Irland und richtete rund 150 Kleinkönigreiche ein. Diese Könige führten auch Überfälle auf das von den Römern besetzte England und Wales durch. Im 5. Jahrhundert christianisierte der hl. Patrick die Bewohner der Insel, woraufhin sich zahlreiche Klöster bildeten. Die irische Klosterkultur stellte eine Blütezeit von Kultur und Bildung auf der Insel dar. Im 8. und 9. Jahrhundert kam es zu zahlreichen Einfällen der skandinavischen Wikinger. Diese setzten sich an der Ostküste fest und gründeten die ersten irischen Städte.

 

Vom Jahr 1000 bis zum 17. Jahrhundert

Irland, Belfast, Blick auf den Hafen
Belfast: Blick auf den Hafen © goruma (B.Ochse)

Im Jahr 1014 besiegten die Iren unter der Herrschaft des Hochkönigs Brian Boru endgültig die Wikinger. 1066 übernahmen die Normannen mit Wilhelm dem Eroberer die Macht in England und nahmen weite Landstriche von Irland ein. Mit der Synode von Cashel im Jahr 1101 wurde die Unterordnung der 36 irischen Bistümer und der Klöster unter die römische Kirche eingeleitet. Ab 1155 setzte der englische König Henry II im Ostteil der Insel anglo-normannische Lehnsherren ein, die ihren Einfluss zunehmend ausweiteten. Sie errichteten Städte, Klöster und Kathedralen. Im Jahr 1172 wurde Heinrich II. als Herrscher über Irland anerkannt. Im 12. und frühen 13. Jahrhundert gewannen die England in Irland an Macht. Im Nordwesten der Insel, dem heutigen Nordirland, sowie im Südosten erhielten sich jedoch einige entlegene irische Fürstentümer. Sie verbündeten sich mit den Wikingern und erzielten bereits gegen Ende des 13. Jahrhunderts einige Erfolge im Kampf gegen die Eroberer. Die normannische Herrschaft in Irland wurde im Verlauf des 14. Jahrhunderts stark geschwächt und ging im 15. Jahrhundert ging zu Ende. Das irische Nationalgefühl erstarkte.
1534 dehnte der englische König Heinrich VIII. (1491-1547) seine Macht auf die Insel aus und nahm 1541 den Titel "König von Irland" an. Er zog sämtliche Güter der katholischen Kirche ein und veranlasste eine massive und gezielte Ansiedlung von Engländern auf der Insel. Die Iren wurden politisch und religiös unterdrückt. Diese Unterdrückung nahm unter Elisabeth I. (1533-1603), der Tochter von Heinrich VIII., noch zu. Der in Form eines Guerillakriegs geführte irische Widerstand blieb jahrzehntelang relativ erfolglos. Im Jahr 1598 jedoch wurde, mit finanzieller Unterstützung durch das katholische Spanien, unter Hugh O´Neill ein entscheidender Sieg errungen. Doch schon 1603 mussten sich die Iren den Engländern erneut unterwerfen und das englische Recht wurde auf der Insel eingeführt. Ab 1608 wurden verstärkt schottische und englische Protestanten in Ulster, der letzten gälischen Widerstandsregion, angesiedelt. Hier lag der historische Ursprung des nordirischen Bürgerkriegs. Der englische Lord Oliver Cromwell schlug 1649 einen Aufstand der Iren grausam nieder. 1690 kam es zur Schlacht am River Boyne, in der sich zwei englische Könige gegenüber standen. Auf der Seite der Iren kämpfte James II. gegen Wilhelm von Oranien, der die Schlacht gewann. Die Engländer etablierten sich noch stärker auf der Insel. Ab 1691 schloss das englische Strafgesetz irische Katholiken vom Recht auf Landbesitz aus. Englische Protestanten übernahmen daraufhin weite Teile des Landes und rissen die politische Macht an sich. 1695 kam es zum Erlass einer Reihe von Strafgesetzen gegen die Katholiken, u.a. durften sie keine Waffen mehr tragen und ihre Kinder nicht ausbilden. 1697 wurden der katholische Glaube und seine Ausübung vollends verboten. Viele Iren wanderten daraufhin nach Amerika aus. Verschärfte Handelsgesetzte machten Irland zu einem der ärmsten Staaten Europas.

 

Im 18. und 19. Jahrhundert

Im Jahr 1782 erkannte England ein irisches Parlament mit Selbstständigkeit an. Jedoch saßen nur Protestanten im Parlament. Sie erreichten eine handelspolitische und verfassungsrechtliche Verbesserung für Irland. Im Zuge der Französischen Revolution verlangten die "United Irishmen" unter Theobald Wolfe Tone die Einführung der Republik Irland. Tone wurde von den Engländern verhaftet, beging Selbstmord und ging als Märtyrer in die irische Geschichte ein. Das irische Parlament löste sich im Jahr 1800 nach Bestechungen der Engländer selbst auf. 1801 erfolgte mit dem "Act of Union" der Anschluss Irlands an Großbritannien, das nun "Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland" genannt wurde. Die Iren hatten nun statt eigenem Parlament 100 Abgeordnete im Londoner Parlament. Viele Großgrundbesitzer verließen daraufhin die Insel und lösten damit eine ökonomische Krise in Irland aus. Ab 1803 gründeten sich Geheimbünde gegen die verbliebenen Großgrundbesitzer. Die Massenbewegung, die aufgrund der 1823 gegründeten "Catholic Association" aufkam, erreichte die Aufhebung der anti-katholischen Gesetze. Auch Katholiken konnten nun ins Parlament einziehen.
Von 1845 bis 1851 kam es zur großen Hungersnot in Irland, die rund 1,5 Mio. Opfer forderte. Ursache war letztlich der von den Engländern verfügte, nahezu monokulturelle Kartoffelanbau. Im Zuge der darauffolgenden Auswanderungswelle verließen eine weitere Million Iren das Land und wanderten zumeist in die USA aus.

 

Im 20. Jahrhundert

Zwischen 1858 und 1916 bildeten sich zahlreiche Unabhängigkeitsbewegungen gegen die britische Besatzung. Irische Auswanderer gründeten in New York den Vorläufer der IRA (Irische Republikanische Armee), die "Fenion Society". Die Partei Sinn Féin (Bedeutung etwa: wir selbst) gibt es seit 1905. Am 24. April 1916 wurde dann in Dublin die Unabhängigkeit ausgerufen. Der Aufstand ging als "Osteraufstand" in die Geschichte ein und wurde von den Briten grausam niedergeschlagen. 1919 gründeten die irischen Unterhausabgeordneten ein eigenes Parlament, riefen erneut die Unabhängigkeit aus und stellten eine Regierung. Es folgte der irische Unabhängigkeitskrieg zwischen den Briten und der IRA. Am 6. Dezember 1921 wurde Irland ein Freistaat innerhalb Großbritanniens.

Irland, Belfast, Arthur Square
Belfast: Arthur Square © goruma (B.Ochse)

Bereits damals stimmten sechs der neun Grafschaften von Ulster (Antrim, Armagh, Derry, Down, Fermanagh und Tyrone), in denen ein relativ großer Teil der Bevölkerung protestantisch war, d.h. ursprünglich aus England bzw. Schottland stammte, für den Verbleib im Britischen Königreich. Deshalb wurde Nordirland vom Rest der Insel abgespalten.
1949, als Irland sich zur Republik erklärte und aus dem Commonwealth austrat, beschloss das Londoner Unterhaus im Ireland Act, dass Nordirland Teil von Großbritannien bleiben sollte. Die katholische Bevölkerung wurde zunehmend diskriminiert und ab 1966 setzten verstärkte Protestaktionen gegen die sozialen und wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten ein. Nachdem unionistische Milizen mit Waffengewalt in die vorerst friedlichen Demonstrationen eingriffen, bewaffneten sich auch die radikalen nationalistischen Kräfte, vor allem mit Hilfe der ca. 40 Millionen irischstämmigen Auswanderer in den USA. Der Konflikt eskalierte erstmals 1969, als katholische Einwohner von Derry aufgrund einer Provokation durch Protestanten ihren Stadtteil verbarrikadierten. Es ergab sich eine Straßenschlacht, die durch Polizei und paramilitärische Einheiten nicht beendet werden konnte, so dass nach zwei Tagen die britische Armee eingriff. In der Folge erhielt die IRA neuen Zulauf. Ihre Bombenanschläge richteten sich zunächst auf eine reine Schädigung der Wirtschaft, und da vor jedem Anschlag eine Warnung erfolgte, kamen keine Menschen zu Schaden. Nachdem jedoch bei den Gegenanschlägen auch (gezielt) Zivilisten getötet wurden, änderte sich dies. Es folgten bürgerkriegsähnliche Unruhen, britische Truppen zogen in Nordirland ein und zehntausende Menschen (vorwiegend Katholiken) die bis dahin in Vierteln der jeweils anderen Konfession gewohnt hatten, mussten umsiedeln.
Im Jahr 1971 beschloss die britische Regierung das Internierungsgesetz, demzufolge Gefangene bis zu einem Jahr ohne Anklage, Anwalt oder Gerichtsverfahren festgehalten werden durften. Ab 1972 wurde Nordirland direkt unter die Londoner Regierungsgewalt gestellt. Seitdem verübte die IRA auch Anschläge auf Ziele in Großbritannien und auf britische Einrichtungen auf dem europäischen Kontinent. Am 30.1.1972 kam es in Derry zum "Blutsonntag" (Bloody Sunday), als britische Fallschirmjäger bei einer Demonstration 14 unbewaffnete Bürgerrechtler erschossen. Es folgten 30 Jahre lang Bombenanschläge und andere Anschläge, Vergeltungsmaßnahmen, Demonstrationen, Straßenschlachten und Hinrichtungen. 1980 verstarben Bobby Sands und neun seiner Mitstreiter an den Folgen eines Hungerstreiks, der geführt wurde, um eine Anerkennung als politische Gefangene zu erwirken (die britische Regierung ließ solche Häftlinge stets als Kriminelle einstufen). Während seines Streiks wurde Sands von der Bevölkerung ins britische Parlament gewählt. Nach seinem Tod erzielte die Sinn Féin dann einen überwältigenden Wahlerfolg und ihr Vorsitzender Gerry Adams zog 1983 ins Parlament ein. 1994 erfolgte aufgrund von Verhandlungen eine Waffenstillstandserklärung der IRA, der sich im Jahr darauf auch die protestantischen Milizen anschlossen. 1998 schlossen die Regierungen Großbritanniens und Nordirlands gemeinsam mit den nordirischen Konfliktparteien das so genannte Karfreitagsabkommen, dessen Hauptinhalte in der Schaffung eines nordirischen Regionalparlaments, der Entwaffnung der paramilitärischen Gruppen und dem Verzicht der Republik Irland auf das nordirische Territorium bestanden und das im selben Jahr in getrennten Referenden durch die Bürger Irlands und Nordirlands bestätigt wurde. Die britische Regierung schaffte zugleich das Internierungsgesetz wieder ab und beendete im Jahr darauf ihre Direktherrschaft über Nordirland. Die Terroranschläge vom September 2001 nahm sie jedoch zum Anlass, um das Internierungsgesetz erneut einzuführen. Im Oktober 2002 übernahm London auch wieder die direkte Regierungsgewalt, da es Unionisten und Sinn Féin nicht gelang, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Die Parlamentswahlen im November 2003 gewann die protestantische DUP mit Paisley an der Spitze, gleichzeitig wurde ein Erstarken der radikalen Kräfte beider Seiten deutlich. Die nächste Parlamentswahl, der dann ein erneuter Versuch der Bildung einer eigenständigen Regierung folgen soll, war für den 7. März 2007 geplant. Streitpunkt war u.a. die bisherige Nicht-Anerkennung der nordirischen Polizei durch die Sinn Féin, da sich diese überwiegend aus Protestanten zusammensetzt. aber am 31. Juli 2007 zog sich die britische Armee aus Nordirland zurück. Die Polizei von Nordirland übernahm von diesem Zeitpunkt an die Verantwortung für die innere Sicherheit des Landes.
Die Wahl ergab folgendes Ergebnis:

  • Democratic Unionist Party (DUP, pro britisch und protestantisch): 30,1%
  • Sinn Fein (katholisch): 26,2%
  • Social Democratic and Labour Party (SDLP, katholisch): 15,2%
  • Ulster Unionist Party (UUP, katholisch): 14,9%






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